Stuttgart (dpa/tk) – Bei den Kommunalwahlen bewegen die Menschen vor allem Themen vor Ort. Es gibt aber auch eine Reihe an Dingen, die alle Städte, Gemeinden und Landkreise derzeit umtreiben. Ein Überblick.
Die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium, das Sprachförderpaket für Kindergarten- und Grundschulkinder und mehr Ganztagesschulen – all das trifft auch die Städte und Gemeinden im Land, sind sie doch in den meisten Fällen Träger von Schulen und Kindertageseinrichtungen. Dafür brauche es ausreichend Ressourcen, fordert der Präsident des Gemeindetages, Steffen Jäger. «Angesichts des bestehenden Mangels an pädagogischen Fachkräften und Geld geht eben nicht alles gleichzeitig.» Bevor neue Dinge versprochen würden, müssen aber erst einige Fragen beantwortet werden, so Jäger: Woher sollen die Lehrkräfte für Ganztagsgrundschulen kommen? Und mit welchem Geld sollten zusätzliche Klassenzimmer für eine Rückkehr zu G9 gebaut werden?
Ein Thema bleibe auch die Digitalisierung der Schulen, sagte Ralf Broß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags. Die Ausstattung der Lehrkräfte mit Geräten sei Aufgabe des Landes. «Wir erwarten im Doppelhaushalt ein klares Zeichen, dass Kontinuität gewährleistet ist», so Broß.
Viele Aufgaben aber nicht genug Geld dafür? Der Gemeindetagspräsident Steffen Jäger rechnet in diesem Jahr mit mehr defizitären Kommunen. «2024 werden sechzig bis siebzig Prozent der Kommunen im Land keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können», sagte er der «Stuttgarter Zeitung». Ende 2023 waren es demnach 48 Prozent der Städte und Gemeinden. Das sei ein Alarmsignal. Städte und Gemeinden müssten ihre Pflichtaufgaben erfüllen, auch wenn das Geld dafür fehle. «Dann werden Kredite aufgenommen. Das führt zur Unwucht.»
Auch die Finanzlage der Landkreise sei extrem angespannt, sagte der Präsident des Landkreistags, Joachim Walter (CDU). «Die Landkreise werden unter diesen Bedingungen selbst ihre Pflichtaufgaben absehbar nur noch eingeschränkt erfüllen können, wenn nicht kurzfristig gegengesteuert wird.»
Eine der «herausforderndsten und unabsehbarsten Aufgaben» ist aus Sicht des Gemeindetages die Unterbringung, Versorgung und Integration von Geflüchteten. Viele Städte und Gemeinden hätten die Grenze des Leistbaren erreicht. Häufig müssten die Verwaltungen Entscheidungen gegen den Widerstand der Bürgerschaft treffen. Aus Sicht des Städtetags ist das Thema derzeit vor allem in Städten relevant, in denen das Land Standorte für Landeserstaufnahmeeinrichtungen plant. Die Situation sei zwar angespannt, es werde aber derzeit keine Unterbringung von Geflüchteten in Hallen und Zelten geprüft, so Broß.
Was viele mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Aufruhr versetzte, wird ebenfalls in den Kommunen vor Ort umgesetzt: die Wärmewende, also die Umstellung auf klimaneutrale Heizungen. Das kann etwa mit einer Wärmepumpe gelingen oder auch mit dem Anschluss an ein Fern- oder Nahwärmenetz. Damit die Menschen möglichst bald Klarheit bekommen, wo ein solches Netz entstehen kann, müssen die Kommunen eine sogenannte Wärmeplanung erstellen. In Baden-Württemberg mussten alle großen Kreisstädte und die Stadtkreise laut Klimaschutzgesetz bis Ende 2023 einen kommunalen Wärmeplan vorlegen. Alle Kommunen mit mehr als 10 000 Einwohnern müssen die Wärmepläne laut Heizungsgesetz auf Bundesebene bis spätestens 2028 ausarbeiten. Aus Sicht der Gemeinden sollte dabei auf unnötigen Aufwand verzichtet werden. Wärmenetze seien nicht überall sinnvoll, sagte Steffen Jäger vom Gemeindetag.
Wie häufig fährt ein Bus und wo wird eine neue Straßenbahn-Linie gebaut? Auch darüber entscheiden die Städte und Landkreise. Das Land will den Ausbau stark forcieren und hat eigentlich im Koalitionsvertrag vereinbart, dass bis 2026 alle Bürgerinnen und Bürger eine Mobilitätsgarantie bekommen sollen. Dann sollte in Hauptverkehrszeiten auf dem Land mindestens alle 30 Minuten ein Bus fahren, in Ballungszentren mindestens alle 15 Minuten. Anfang des Jahres musste Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) aber einräumen, dass das Ziel erst bis 2030 realisiert werden könne. Der Grund: Personalmangel.
Auch hier geht es vor allem ums Geld: Die Landkreise schlagen seit Monaten Alarm wegen der finanziellen Lage der Kliniken im Land. In vielen Gegenden tragen sie die örtlichen Krankenhäuser und damit auch am Ende die Defizite. «Wenn allein die Landkreise in diesem Jahr ihren Kliniken 790 Millionen Euro an Unterstützungsleistungen zukommen lassen müssen, dann liegt es auf der Hand, dass dies auf eine komplette Überforderung der kommunalen Ebene hinausläuft», sagte der Präsident des Landkreistags Joachim Walter (CDU) erst jüngst. Es brauche dringend ein 300 Millionen Euro schweres Nothilfeprogramm des Landes. «Andernfalls sehen wir eine deutliche Gefahr für die Patientenversorgung», sagte Walter, der auch Landrat im Kreis Tübingen ist. Zudem kämpfen die Kliniken mit einem immer größer werdenden Personalmangel. Im Herbst meldete die baden-württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG), fast neun von zehn Krankenhäusern hätten große Probleme Pflegekräfte zu finden. Knapp drei Viertel aller Häuser können auch Stellen im ärztlichen Bereich nur schwer besetzen.