Region (dpa/svs) – Wir dürfen kiffen, ganz legal! Ab Ostermontag können Erwachsene Joints in der Öffentlichkeit rauchen. Die Teil-Legalisierung von Cannabis ist bis zuletzt höchst umstritten gewesen – auch in Baden-Württemberg. Das Gras-Gesetz gibt die Spielregeln vor. Die sorgen bei manchen Politikern weiterhin für Unbehagen.
Erlaubt wird der Besitz von bis zu 25 Gramm getrockneten Pflanzenmaterials zum Eigenkonsum, die man auch im öffentlichen Raum mit sich führen darf. In der privaten Wohnung kann man bis zu 50 Gramm aufbewahren. Angebaut werden dürfen dort auch gleichzeitig drei Pflanzen. Was darüber hinausgeht, muss sofort vernichtet werden. Geerntet werden darf nur zum Eigenkonsum, nicht zur Weitergabe an andere. Samen, Pflanzen und geerntetes Cannabis müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden – etwa mit abschließbaren Schränken und Räumen.
Für Minderjährige bleiben Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis komplett verboten, wie das Gesundheitsministerium in Berlin betonte. Weitergaben an Kinder und Jugendliche sind strafbar. Der Konsum «in unmittelbarer Gegenwart» von unter 18-Jährigen ist verboten, ebenso in Fußgängerzonen von 7.00 bis 20.00 Uhr. Untersagt wird Kiffen auf Spielplätzen, in Schulen, Sportstätten, Kinder- und Jugendeinrichtungen und jeweils in Sichtweite davon – also in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich. Zunächst waren 200 Meter angedacht.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte, er halte die Abstände für viel zu gering. «Selbstverständlich ist klar, dass diese zu geringen Abstände eingehalten werden müssen und dass das durch die Polizei auch überprüft wird. Das werden wir auch intensiv machen.» Der Jugendschutz, der Schutz von Kindern vor Drogen sei im Land eine prioritäre Aufgabe der Polizei und deswegen werde es intensive Kontrollen geben.
Für Raucherkneipen und die Außengastronomie gilt: Da, wo das Rauchen erlaubt ist, ist auch Cannabis-Konsum grundsätzlich gestattet, wie nun der Dehoga mitteilte. Jeder Gastronom dürfe aufgrund seines Hausrechts den Gästen dies aber untersagen. Das gelte auch in der Außengastronomie und in Raucherkneipen.
Einfach Cannabis nach niederländischem Vorbild mal um die Ecke einkaufen geht nicht. Anders als ursprünglich geplant, wird es keine Geschäfte geben, die die Droge verkaufen. Die geplanten Clubs sind neben dem privaten Anbau die einzige legale Bezugsquelle.
Zum 1. Juli erlaubt werden auch «Anbauvereinigungen». Also so etwas wie Clubs für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder Cannabis anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben – am Tag höchstens 25 Gramm je Mitglied und im Monat höchstens 50 Gramm. Für 18- bis 21-Jährige sollen monatlich 30 Gramm mit höchstens zehn Prozent Tetrahydrocannabinol (THC) zulässig sein, das ist der Stoff mit der Rauschwirkung.
Nach Angaben des Dachverbands Deutscher Cannabis Social Clubs (CSCD) gibt es in Baden-Württemberg aktuell 15 Clubs. Die meisten davon befinden sich in Gründung, wie Steffen Geyer, der Vorsitzende des Dachverbands in Berlin mitteilte. Bei allen Clubs gebe es einen Aufnahmestopp. Man sammele zunächst die Interessenten. «Es ist uns lieber, wenn es fünf Clubs mit 100 Mitgliedern gibt als einen mit 500 Mitgliedern.» Wichtig sei, kleiner zu beginnen. Es bestehe die Gefahr des Scheiterns. Man sei als Szene noch jung und lerne dazu.
Bei den Grünen stand man zwar grundsätzlich hinter den Zielen der teilweisen Legalisierung von Cannabis. Sozialminister Manne Lucha (Grüne) hatte im Vorfeld aber für eine spätere Einführung plädiert, weil er Probleme bei der Umsetzung befürchtete. Der Koalitionspartner CDU hingegen lehnte die Legalisierung rundherum ab. Innenminister und Vize-Regierungschef Strobl sprach von einem «handwerklich verkorksten» Gesetz und einem «Bürokratiemonstrum», das negative Auswirkungen auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, die Verkehrssicherheit sowie den Kinder- und Jugendschutz habe. Heftige Kritik kam gleichfalls von Justizministerin Marion Gentges (CDU). Als Folge einer Amnestie müssten die Staatsanwaltschaften bestimmte verhängte Haft- und Geldstrafen wegen Cannabis-Delikten, die nun nicht mehr strafbar sind, in insgesamt 25 000 Altfällen händisch überprüfen, ob die Vollstreckung von Strafen gestoppt werden muss.
Franzosen, die scharenweise in den Südwesten fahren, um Joints zu rauchen, befürchtet Innenminister Strobl. «Unsere Polizei muss mehr Einsatz zeigen, um die negativen Folgen der Entscheidung der Ampel vor Ort abzumildern», sagte der CDU-Politiker. Man werde keine Ausdehnung des Schwarzmarkts tatenlos tolerieren. Sein Innenministerium forderte, dass es deutlich weniger «Cannabis-Vereinigungen» in Grenzregionen geben dürfe, um einem «Cannabis-Tourismus» entgegenzutreten. Der Oberbürgermeister von Kehl, das direkt an der deutsch-französischen Grenze liegt, reagierte dagegen deutlich entspannter. «Wir in Kehl sehen die Teillegalisierung von Cannabis gelassen: Es wird keine lizenzierten Geschäfte geben; der Verkauf und die Weitergabe von Cannabis bleiben verboten, damit sind unsere Hauptsorgen vom Tisch», sagte Wolfram Britz. Einen «Cannabis-Tourismus» aus Frankreich erwartet der parteilose Kommunalpolitiker nicht.