Pforzheim/Karlsruhe (dpa/msch) Die Rede eines 11-Jährigen Mädchens aus Pforzheim auf einer Querdenkerdemo schlägt bundesweit Wellen. Die Schülerin hatte sich mit Anne Frank verglichen, weil sie ihren diesjährigen Geburtstag nur heimlich feiern konnte. Die Staatsanwaltschaft hat ermittelt, ob ein Straftatbestand vorliegt. Die Prüfung des Falls habe aber keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten ergeben. Unerwartet hat sich auch ein Prominenter in die Diskussion um die Äußerungen des Mädchens eingemischt.
Vergangenes Wochenende hat auch in Karlsruhe eine sogenannte „Querdenker-Demonstrationen“ stattgefunden. Dabei hat eine Rede, die ein 11-Jähriges Mädchens auf der Bühne vorgelesen hat, bundesweit für Aufsehen gesorgt. Die Schülerin hatte erklärt, dass ihre diesjährige Geburtstagsfeier ganz anders abgelaufen sei, als in den vorherigen Jahren: „Wir mussten die ganze Zeit leise sein, weil wir sonst vielleicht von unseren Nachbarn verpetzt worden wären.“ Anschließend hat sie einen Vergleich, zu Anne Frank gezogen. „Ich fühlte mich wie bei Anne Frank im Hinterhaus, wo sie mucksmäuschenstill sein mussten, um nicht erwischt zu werden.“
Die Polizei hat den Sachverhalt am Dienstagmorgen der Staatsanwaltschaft weitergegeben. Dort wurde ermittelt, ob ein Straftatbestand vorliegt. Die Prüfung des Falls habe keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten ergeben, sagte ein Sprecher der Karlsruher Behörde am Dienstag. Abgesehen davon, dass das Kind selbst strafunmündig sei, werde auch nicht gegen die Eltern ermittelt, sagte der Sprecher. Anne Frank war ein Mädchen, dass sich von 1942 bis 1944 mit ihrer Familie in Amsterdam vor den deutschen Nationalsozialisten versteckt hat. Ihr Schicksal wurde durch ihr weltberühmtes Tagebuch einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Es wurde nach ihrem Tod durch ihren Vater veröffentlicht, der als einziger nahe Familienangehöriger den Holocaust und den Krieg überlebt hat. Im Frühjahr 1945 starb Anne Frank im Alter von nur 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen Belsen.
Der Vergleich hat bundesweit Wellen geschlagen. Zuletzt hat sich auf der Comedian Oliver Pocher auf Instagram zu Wort gemeldet und sich empört gezeigt. „Ich mache noch nicht mal dir den Vorwurf, liebe Elfjährige, sondern deinen Eltern. Das ist so ziemlich das Dümmste, was ich seit Langem gehört habe“, findet der Comedian klare Worte zur Rede der jungen Pforzheimerin. „Niemand wird dich in ein KZ stecken. (…) Dass du einen Anne Frank-Vergleich ranziehst, ist so ziemlich das unangenehmste und lächerlichste, was deine Eltern dir je geschrieben haben.“, sagt Pocher und äußert damit eine Vermutung, wer als Urheber hinter der Rede des Mädchens stecken könnte. Abschließend rät der Comedian dem Mädchen, lieber wieder in die Schule gehen.
Auch der Baden-Württembergische Innenminister Thomas Strobl hat sich zu Wort gemeldet: „Bei den Querdenker-Demonstrationen stellen wir immer klarer fest, dass Reichsbürger, Selbstverwalter, Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretiker die Demonstranten unterwandern und instrumentalisieren. Die Masche scheint zu sein: rechtsextremistisches und verschwörungsideologisches Gedankengut wird mit der Kritik an den staatlichen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie vermischt. Dabei gehen die Querdenker äußerst skrupellos und gewieft vor. Das konnten wir ganz aktuell am Wochenende in Karlsruhe beobachten: Die Skrupellosigkeit zeigte sich etwa darin, dass ein 11-jähriges Kind instrumentalisiert, ja missbraucht wurde, um krudeste Verschwörungstheorien zu verbreiten und die Gefahren des Corona-Virus zu leugnen. Dass Kinder benutzt werden, um sich mit den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu vergleichen, das ist nur erbärmlich und perfide!“ Strobl in seiner nächsten Sitzung im Landtag am 25. November 2020, einen Bericht über die Querdenken-Bewegung und Corona-Leugner geben.