Karlsruhe (lk) – Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup rechnet Mitte Februar mit einer deutlichen Entspannung der Pandemie-Situation. Er fordert die Bundes- und Landesregierung zu Exitstrategien aus den Corona-Beschränkungen aus. Die Regierungen müssten weg von Einschränkungen des öffentlichen Lebens und die Menschen auf den Zeitpunkt der Eigenverantwortlichkeit vorbereiten.
Die Infektionszahlen in der Region steigen weiter an, der Südwesten hat inzwischen eine Inzidenz von knapp über 1.000. Auch im Stadt- und Landkreis Karlsruhe zeigt die Kurve der Neuinfektionen steil nach oben und hat an einzelnen Tagen schon einen vierstelligen Wert erreicht. „Wir haben viele betroffene Kindertagesstätten und Schulen“, erläutert Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup in einer Pressekonferenz am Donnerstag. „Zunehmend kommen wieder Einzelfälle in Pflegeheimen hinzu.“ Über 40 Heime hätten Fälle gemeldet, jedoch seien nur drei schwere Verläufe bekannt. Die neue Virusvariante Omikron habe die Oberhand in Karlsruhe übernommen. Sie sei deutlich infektiöser, führe aber nicht unbedingt zu mehr Erkrankungen. Viele Infizierte seien zudem asymptomatisch.
Mithilfe der Berechnungen des Abwasser-Monitorings lasse sich schließen, dass der Höhepunkt der Omikron-Welle rund um Karlsruhe bereits überschritten sei und die Gesamtinzident wieder langsam in eine Abwärtskurve gehe, so der Rathauschef. „Mich stimmen diese Aussichten eher optimistisch. In ein, zwei Wochen werden wir dann sehen, ob es auch wirklich so ist.“ Momentan sei eine Abnahme der Belastung auf den Intensivstationen im Städtischen Klinikum Karlsruhe spürbar. Das Klinikum bereite jetzt auch das Herabsetzen der Pandemiestufe auf den Normalstationen vor. „Wir stehen wegen Erkrankung und Quarantäne in den kritischen Infrastrukturen jedoch vor Personalproblemen. Das betrifft Krankenhäuser, Müllabfuhr und andere Einrichtungen“, so Mentrup.
Außerdem gilt ab heute eine neue Corona-Verordnung in Baden-Württemberg mit einigen Lockerungen. Doch Karlsruhes Oberbürgermeister kann nicht nachvollziehen, dass Messen weiterhin verboten sind. „Dass einzelne Institutionen wie der Messebetrieb ausgenommen sind, kann ich nicht nachvollziehen und halte ich für eine ganz problematische Sache.“ Er fordere das Land angesichts der aktuellen Situation auf, für Mitte bis Ende Februar eine Exitstrategie für die Einschränkungen zu überlegen. „Ich hab auch Angst, dass die Gerichte sonst viele Bereiche der Corona-Verordnung in den nächsten Wochen wieder weg schießen werden.“ Die Bevölkerung müsse auf den Zeitpunkt vorbereitet werden, wenn Beschränkungen nicht mehr sinnvoll seien und die Menschen wieder in die Eigenverantwortung müssten.
Die FFP2-Maskenpflicht in Bussen und Bahnen komme für Mentrup etwa drei bis vier Wochen zu spät. „Aber es macht dann Sinn, wenn man deutlich mehr an öffentlichem Leben zulässt und mehr Teilnehmer an Veranstaltungen erlaubt.“ Künftig seien nicht mehr die Einschränkungen sondern die FFP2-Masken zum Schutz vor Erkrankungen das Maß aller Dinge. Zur Regel, dass wieder bis zu 6.000 Fans ins Fußballstadion dürfen, sagt Mentrup: „Eigentlich sollte es ja eine bundeseinheitliche Regel geben. Dass Bayern wieder Sonderwege geht, zeigt ein jämmerliches Bild der Bund-Länder-Ebene. Das bringt in der Gesellschaft ein großes Glaubwürdigkeitsproblem hervor. Dass Baden-Württemberg dann zwischen Baum und Borke eingeklemmt ist, das kann ich total nachvollziehen. Da finde ich den Weg der Landesregierung in dieser schwierigen Situation einen strategisch nachvollziehbaren Kompromiss.“
Inzwischen sieht Mentrup die Corona-Situation in einer Übergangsphase von einer Pandemie zu einer Endemie. „Wir sind am Übergang zu einer zusätzlichen Infektionserkrankung, gegen die man sich persönlich und gesellschaftlich ganz gut schützen kann. Daher sollte man sich die Frage stellen, ob bei den steigenden Inzidenzen noch mit allen Konsequenzen reagiert werden muss. Denn diese haben wiederum Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben, die Bildungsteilnahme und viele andere Dinge. Das ist letztendlich vielleicht nicht mehr zu vertreten.“ Ab Februar müssten neue Hygienekonzepte für Großveranstaltungen her. „Oder man macht gar keine großen Einschränkungen mehr, denn wir haben genug Schutzausrüstung, Testmaterial und Impfkapazitäten.“