Karlsruhe (dpa/pm/lk) – Die Karnevalisten in Ludwigshafen und Mannheim haben den für Februar geplanten Umzug schon abgesagt. Andere wollen sich nicht so schnell von der Pandemie unterkriegen lassen. Am heutigen Donnerstag beginnt die närrische Saison – auch in Karlsruhe wird wieder das Rathaus gestürmt. Außerdem haben sich die Karlsruher Narren ein ganz besonderes Motiv für den diesjährigen Orden einfallen lassen.
Von der Corona-Pandemie, der in Baden-Württemberg ausgerufenen Warnstufe und steigenden Zahlen lassen sich viele Narren hierzulande bislang nicht abschrecken. „Wir planen! Abgesagt ist leicht“, sagte der Präsident der Karlsruher Fastnacht, Michael Maier. „Wenn wir jetzt schon resignieren, brauchen wir gar keine Fastnacht mehr machen.“ Zum Auftakt in die fünfte Jahreszeit am Donnerstag ist um 11.11 Uhr ein Treffen im kleinen Kreis am Narrenbrunnen auf dem Kronenplatz geplant, darin werden 111 rote Clownsnasen schwimmen, die man sich herausfischen darf. Ab 16.33 Uhr soll es dann auf dem Karlsruher Marktplatz Openair-Programm und einen kleinen Rathaussturm mit Schlüsselübergabe geben.
„Wir starten definitiv am Narrenbrunnen und holen dort die Fastnacht coronakonform heraus. Außerdem wird der ein oder andere neue Präsident mit dem närrischen Wasser aus dem Brunnen getauft.“ Wegen verschärfter Corona-Regeln werde das Gelände nach Absprache mit dem Ordnungsamt umzäunt, Sicherheitsleute kontrollierten die 3G-Nachweise. „Man kann ja alles machen, wenn man sich an die Regeln hält“, sagte Maier. „Und wer als Passant daran vorbeimarschiert: Das ist Lebensrisiko.“ Nur eines störe: „Es sieht ziemlich blöd aus, wenn man mit Maske lacht.“ Coronakonform werden auch in Durlach um 11.11 Uhr die Narren das Rathaus stürmen und versuchen, den großen Schlüssel von Ortsvorsteherin Alexandra Ries an sich zu reißen.
Dass in Baden-Württemberg seit einigen Tagen die sogenannte Warnstufe gilt und bei steigenden Patientenzahlen auf den Intensivstationen auch die Alarmstufe mit noch höheren Vorgaben immer näher rückt, stoppt die Narren noch lange nicht. Die meisten hätten mit 2G geplant, sagte Jürgen Lesmeister, Präsident der Vereinigung badisch-pfälzischer Karnevalvereine. Die badisch-pfälzische Region wird in der fünften Jahreszeit zum regelrechten Schmelztiegel: Hier mischen sich alemannische und rheinische Fasnachtstraditionen. Auch der Karlsruher Narrenpräsident Maier sieht die Saalfastnacht nur mit 2G durchführbar: „Nur dann ist sichergestellt, dass nichts entsteht, was man nicht haben möchte. Es wird aber wohl die ein oder andere Veranstaltung weniger in Karlsruhe geben.“
Durch Baden-Württemberg verläuft während der närrischen Saison eine unsichtbare Grenze: Im Norden wird Karneval gefeiert und zur Musik der Mottowagen geschunkelt, im Süden wird die schwäbisch-alemannische Fastnacht ganz traditionell mit Häs (Kostüm), Larve (Maske) sowie Narrensprung begangen und bewahrt. Diese beginnt aber erst am 6. Januar, Dreikönig. Daher wird das Publikum im Südwesten – anders als in den Hochburgen wie Köln, Düsseldorf und Mainz – am Donnerstag wohl nicht allzu viel vom Start der fünften Jahreszeit mitbekommen. Manche Zünfte planten interne Veranstaltungen oder einen bunten Abend, sagte Volker Gegg von der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte. Mehr sei nicht zu erwarten. Die Vorbereitungen für den offiziellen Saisonstart im neuen Jahr liefen trotz Corona weiter.
Doch auch weiter im Norden werde der 11. November eher genutzt, um „intern die Glocken schwingen zu lassen“, sagte die Präsidentin des Ortenauer Narrenbunds, Silvia Boschert. So beratschlagten etwa Zunftmeister, wie Veranstaltungen rund um Rosenmontag umgesetzt werden können. „Nichts mit Remmidemmi.“ Eine Entscheidung diesbezüglich getroffen hat schon der Große Rat der Ludwigshafener Karneval-Vereine: Ende Februar werde es keinen gemeinsamen Fastnachtsumzug in den Schwesterstädten Ludwigshafen und Mannheim geben. Bei bis zu 250.000 Besuchern seien Abstände nicht einzuhalten und 3G-Regeln nicht überprüfbar.
Sollten alle Stricke reißen, haben auch die Karlsruher einen Plan B: Schon als in diesem Jahr die Fastnacht quasi ausfiel, setzten sie auf eine Online-Alternative. „Das war pandemiebedingt eine Möglichkeit, Brauchtum am Leben zu halten“, sagte Maier. Überzeugt klingt anders. Nichtsdestotrotz hätten die Narren auch dieses Mal Videos vorbereitet, die sie am 11. November im Internet in sozialen Netzwerken und auf Youtube veröffentlichen wollen. „Damit können wir eine ganz andere Zielgruppe erreichen, haben wir gelernt“, sagte Maier und meinte damit nicht nur Jüngere. „Das ist vielleicht etwas Positives an der Pandemie: dass wir diese Medien entdeckt haben.“
Außerdem hat der Festausschuss Karlsruher Fastnacht bereits den diesjährigen Orden vorgestellt. Als Motiv ziert eine U-Strab den Orden, da diesem Projekt beim Bau auch oft die Narrenkappe aufgesetzt wurde. Dargestellt ist eine Straßenbahn, die aus der Öffnung eines Tunnels fährt, auf dem eine Narrenkappe sitzt. „Es ist der sechste Orden in der ganzen Serie. Und diesmal setzen die Narren der Bahn die Kappe auf“, so Maier. „Bei der AVG-Geschäftsführung sind wir auf Begeisterung und offene Ohren gestoßen.“ Es sei eine große Ehre, bestätigte auch KVV-Geschäftsführer Alexander Pischon. „Wir freuen uns sehr darüber. Es ist ja auch ein tolles Jahr, in dem wir endlich nach der langen Bauzeit eröffnen können“, ergänzt Pischon.