Karlsruhe (lk) – Jeden Sonntag trifft Martin Wacker prominente Persönlichkeiten aus der Region. Diesmal war die Leiterin des Karlsruher Kulturamt Susanne Asche zu Gast. Gerade startet das europäische Kulturfestival in Karlsruhe allerdings nur online. Seit 2008 leitet Asche das Kulturamt in Karlsruhe und entwickelte dort das erste Kulturkonzept der Stadt Karlsruhe. Wie sich die Kulturlandschaft in der Stadt seither entwickelt hat, was bei den europäischen Kulturtagen auf uns wartet und wie die Corona-Pandemie die Künstler einschränkt und kaputt macht – über das alles hat Susanne Asche mit Martin Wacker gesprochen.
An diesem Sonntag starten die Europäischen Kulturtage in Karlsruhe. Eigentlich hätte das Festival schon im vergangenen Jahr stattfinden sollen. Doch wegen Corona musste alles verschoben werden. Die Pandemie macht aber auch in diesem Jahr wieder einen Strich durch die Rechnung – daher kann das europäische Kulturfestival ausschließlich online abgehalten werden. „Wir haben trotzdem ein großartiges Programm. Festredner ist Leoluca Orlando, der Bürgermeister von Palermo. Er ist ein leidenschaftlicher Europäer und Vertreter der Menschenrechte“ sagt Festivalleiterin Susanne Asche. Los geht es ab 18 Uhr auf der Homepage der Europäischen Kulturtage Karlsruhe. Seit 1983 gibt es dieses Festival. Damals habe man Europa in den Mittelpunkt gerückt, um hinter den Eisernen Vorhang zu blicken, so Asche. Nach dem Mauerfall 1989 habe sich das Festival gewandelt. Inzwischen gebe es die EU mit einer gemeinsamen Währung und offenen Grenzen – und einer gemeinsamen Kultur.
„Europa – ein Versprechen“ lautet das Motto der Europäischen Kulturtage 2021. Für Susanne Asche gerade in Zeiten von Corona ein ganz wichtiges Signal: „Mit Corona sind auf einmal wieder alle Grenzen dicht und wir sind zurück bei den Nationalstaaten. Darum wollten wir das Festival erst recht durchführen.“ Denn Kultur sei der Kitt der Gesellschaft. Insgesamt haben sich 30 Partner und Institutionen aus allen Sparten der Karlsruher Kulturszene beteiligt. „Ziel ist es die Kulturszene zu vernetzen. Und da ist Karlsruhe eine super Stadt. Hier herrscht ein unglaublicher Geist der Kooperation.“ Diese 30 Partner hätten auch alle an einem Strang gezogen, als Asche vor genau einem Jahr die Verschiebung des Festivals vorschlug: „Wir kamen ja vom Endspurt der Vorbereitungen in die Vollbremsung rein. Aber alle haben verstanden, dass es sonst gar nicht stattfinden könnte. Wir waren uns ja so sicher, dass Corona innerhalb von einem Jahr vorbei sein würde.“
Durch die Verschiebung des Festivals um ein Jahr sind neue Aspekte mit in das Programm eingeflossen. „Es geht jetzt auch darum, dass wir als Kultur ein Statement abgeben“, sagt Asche. „In dieser Zeit der Verzagtheit ein Statement für Europa und für Kunst und Kultur setzen.“ Allerdings werden es die letzten Kulturtage für Susanne Asche sein. Denn ihre Amtszeit als Chefin endet. „Ich liebe meinen Beruf, die Kultur in Karlsruhe und dieses Festival. Darum ist der Abschied wehmütig. Aber ich bin ein glücklicher Mensch. Ich bin eben nicht froh, dass es jetzt rum ist“, lacht Asche. Sie ist sich sicher, mit dem Festival viel zu gesellschaftspolitischen Diskussionen beigetragen zu haben. 2014 habe es das Thema „Frieden und Krieg“ gegeben, 2016 mit Blick auf die Migrationsströme „Wanderung – Glück, Leid, Fremdheit“ und 2018 wegen der Badischen Revolution das Thema „Umbrüche und Aufbrüche – Gleiche Rechte für alle“. Laut Asche bringe die Kunst Momente in die Diskussion ein, die kein Politiker oder Wissenschaftler bringen könnte: Irritation, Lachen, Wut, Anregung. „Ich würde mich freuen, wenn das so weitergehen würde.“
Neben der Festivalleitung der Europäischen Kulturtage hat Susanne Asche auch die Leitung des Kulturamts in Karlsruhe inne. Am Anfang ihrer Laufbahn habe sie über zwei Jahre hinweg erstmal ein Kulturkonzept erarbeitet. Denn Kultur hat in Karlsruhe Tradition und Bedeutung. Entstanden ist dann die Kulturerklärung. „Wir wollten die Kernaussagen unserer Kulturpolitik darin festhalten. Ganz oben steht das Recht auf Kultur. Als Grundrecht soll es in Karlsruhe gelten.“ Daran gekoppelt sei, dass Karlsruhe eine internationale Stadt sei, eine Stadt der Grund- und Menschenrechte, das kulturelle Erbe gepflegt werde und friedensgestaltend gewirkt werde. 2014 wurde diese Kulturerklärung unter anderem vom Gemeinderat gebilligt. Doch auch hier hat Corona einiges an Arbeit zunichte gemacht. „Durch den Lockdown ist vieles kaputt gegangen. Wir haben nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die uns zusteht. Wir sind am Anfang unter Freizeit gefallen. Dabei wurde nicht gesehen, dass Kulturschaffende einen wesentlichen Teil zum gesellschaftlichen Zusammenhalt, für die weltoffene Diskussion, zu Begegnungen und zur Freude beitragen.“