Karlsruhe (mt) – Großes Aufatmen in der Region: Die Inzidenzzahlen sinken trotz Öffnungen weiterhin. Auch im Städtischen Klinikum in Karlsruhe macht sich eine deutliche Entlastung bemerkbar. Wahrscheinlich rutscht das Krankenhaus ab kommender Woche zurück in die erste Pandemiestufe, denn aktuell befinden sich nur noch drei Patienten auf der Corona-Intensivstation. Klinikumschef Michael Geißler sieht daher entspannt in die Zukunft.
„Das ist das, was wir seit Monaten sagen: Die Inzidenzzahlen korrelieren mit der Belastung der Kliniken. Das sehen wir auch jetzt. Wir sind das erste Mal seit neun Monaten an der Grenze, dass wir wahrscheinlich nächste Woche in Pandemiestufe 1 rutschen können, wenn wir noch einen Intensivpatienten verlegen können“, erzählt der Geschäftsführer des Städtischen Klinikums, Michael Geißler. Momentan befinden sich noch vier Patienten auf der Corona-Intensivstation und fünf auf der Normalstation. Das ist ein Zustand, den das Krankenhaus laut dem Mediziner ohne Probleme stemmen kann. Sogar der Normalzustand ist im Städtischen Klinikum nicht mehr allzu weit entfernt, erzählt der Geißler: „Unser Ziel ist es, ab Juli die Teams wieder in ihre ursprünglichen Heimatbereiche zurückzuziehen und dann relativ rasch zu versuchen, Volllast in den ambulanten Bereichen, in den Funktionsbereichen, im OP und auf den Intensivstationen zu fahren.“
Da die Zahlen momentan niedrig sind, wird in der Region mehr und mehr gelockert. Das bereitet dem Klinikumschef in der jetzigen Situation aber keine Sorgen. Die Regelungen der Landes- und Bundesregierung hält Geißler für sinnvoll: „Im Augenblick ist das alles mit Augenmaß. Wir haben weiterhin in vielen Bereichen bei den Öffnungsstrategien eine Testpflicht, wir haben die AHA-Regeln, den Abstand, die Masken, Händedesinfektion. Das wird weiter aufrechterhalten, das ist sehr wichtig.“ Der Mediziner ist der Meinung, dass wir jetzt ein Signal setzen müssten. Dass Kultur, Freizeit, Freude im Leben wieder einkehren muss: „Die Fallzahlen sind niedrig genug. Ich persönlich habe auch überhaupt kein Problem, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, mit Tests, mit Abstand, dass wir auch Public Viewing bei der Europameisterschaft machen“, so Geißler. Für den Klinikumschef führe diese Lockerung nicht zu einem relevanten Rebound.
Auch die 14.000 Menschen, die zur Europameisterschaft in das Münchner Station gelassen werden, bereiten dem Mediziner keine Bauchschmerzen: „80.000 passen rein, da können schon ein paar Reihen frei bleiben.“ Mit einem Testsystem und den Hygieneregeln kombiniert brächte es kein erhöhtes Risiko. Verschiedene Testsysteme seien bereits in Spanien und in anderen Fußballligen getestet worden. Schwierig fände Geißler hingegen den Alkoholausschank: „Weil Alkohol natürlich dazu führt, dass Kontrolle und Disziplin nachlassen und sich vielleicht bei dem Tor doch die Massen in den Armen liegen. Ich habe nichts dagegen, aber dafür wäre es mir jetzt zu früh. Insbesondere weil zu wenige geimpft sind.“ So lange nicht genug Menschen eine Impfung erhalten haben, sollten wir außerdem die Finger von Clubbesuchen lassen. Denn genau da sei der Abstand gering und Besucher würden keinen Mundschutz aufhaben, so Geißler. Der Mediziner rechnet aber damit, dass Clubbesuche im Herbst wieder möglich sein könnten.
Neben der Europameisterschaft sind auch die Impfungen für Kinder diese Woche ein stark diskutiertes Thema gewesen. Die Stiko hat keine generelle Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren ausgesprochen. Gegen Corona geimpft werden sollen aber Zwölf- bis Siebzehnjährige mit bestimmten Vorerkrankungen. Geißler begrüßt die Entscheidung der Stiko: „Das sind letztendlich politische Entscheidungen. Wir haben zu wenig Impfstoff. Die Kinder erkranken eigentlich nicht an Corona. Sie sind nicht die wichtigsten Treiber der Pandemie. Sie spielen eine Rolle, aber nicht die alles entscheidend“, so der Mediziner. „Deswegen muss die Stiko gucken, dass der Impfstoff nicht einfach freigegeben wird. Dass in den nächsten Monaten nicht ein Kampf der Bürger um eine Impfung entsteht.“ Für Geißler sei es wichtig, die Impfdosen dahin zu kanalisieren, wo sie hingehören: in den Erwachsenenbereich.
Trotz der geringen Menge an Impfdosen sieht die allgemeine Corona-Lage aber endlich wieder gut aus. Deswegen gelte aus Sicht des Klinikumschefs für die nächsten Wochen: „Ganz klar: Freude, Genießen, Durchatmen, den Kopf mal wieder Reprogrammieren – Aber im Hinterkopf behalten, dass das Virus ist noch da ist. Wir können uns erst sicher wähnen, dass wir anderen Menschen nicht eine schwere Erkrankung bescheren, wenn wir vom Bundesgesundheitsministerium und vom Robert Koch-Institut irgendwann die Nachricht bekommen, mindestens 60 bis 65 Prozent haben die zwei Impfdosen drin.“