Karlsruhe (dpa) – Übernachtungsgäste dürfen von Städten und Gemeinden auch künftig über eine sogenannte Bettensteuer zur Kasse gebeten werden. Das Bundesverfassungsgericht hält sogar eine Ausweitung der Abgabe auf Geschäftsreisende für rechtlich möglich, wie die Karlsruher Richter am Dienstag mitteilten. Damit blieben Verfassungsbeschwerden betroffener Hoteliers aus Hamburg, Bremen und Freiburg ohne Erfolg.
Die Bettensteuern werden auch in Dutzenden anderen Kommunen erhoben. Offiziell heißen sie zum Beispiel Kultur- oder Tourismusförderabgabe, Citytax, Beherbergungs- oder Übernachtungssteuer. Das Grundprinzip ist immer gleich: Meist wird pro Person und Nacht ein bestimmter Anteil des Übernachtungspreises fällig, in der Regel um die fünf Prozent. Manchmal muss auch ein fester Betrag abgeführt werden, zum Beispiel drei Euro pro Nacht. Auch hier gibt es Varianten, in Hamburg etwa ist die Höhe nach dem Übernachtungspreis gestaffelt.
Hintergrund ist, dass Hotels vor einiger Zeit bei der Umsatzsteuer entlastet wurden. Anfang 2010 sank der Steuersatz von 19 auf 7 Prozent. Die Bettensteuern sind eine Reaktion der klammen Kommunen. Die Hotelbranche hatte sich dagegen von Anfang an heftig gewehrt. Denn die Steuer soll zwar der Gast bezahlen – aber die Unterkünfte haben die Aufgabe, das Geld einzuziehen und abzuführen. Mit der Karlsruher Entscheidung ist jetzt nicht nur abschließend geklärt, dass die Bettensteuern mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Sie könnten sogar noch ausgeweitet werden.
Denn die Richter widersprechen einem wichtigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2012. Daraus stammt die Vorgabe, dass nur „privat veranlasste entgeltliche Übernachtungen“ besteuert werden dürfen, keine „beruflich zwingend erforderlichen.“ Dienstreisende wurden in der Folge überall ausgenommen, die Steuer traf in erster Linie Touristen. Jetzt kommt aus Karlsruhe die überraschende Klarstellung: Das ist gar nicht erforderlich. Der Gesetzgeber könne bei dienstlichen Übernachtungen auf die Steuer verzichten, „muss dies aber nicht“, teilte das höchste deutsche Gericht mit.
Die Richter sehen die Hotels durch den zusätzlichen Aufwand auch „nicht übermäßig“ belastet, die Mitwirkung sei zumutbar. „Eine direkte Erhebung bei den Übernachtungsgästen wäre nicht praktikabel.“ Der Erste Senat stellte außerdem klar, dass die Länder die gesetzliche Grundlage für die Bettensteuern erlassen durften. Hier hatte der Vorwurf im Raum gestanden, die Abgabe sei der Umsatzsteuer des Bundes zu ähnlich. Die Richter sehen aber deutliche Unterschiede.
Nach der aktuellsten Übersicht des Dehoga hatten Anfang 2019 insgesamt 30 Kommunen eine Bettensteuer – Tendenz steigend: Die Hauptgeschäftsführerin des Branchenverbands, Ingrid Hartges, sagte am Dienstag im Deutschlandfunk, inzwischen seien es 40 bis 50 Kommunen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) spricht von gut 40. Der DStGB erwartet, dass nun weitere Städte und Gemeinden über eine Übernachtungssteuer nachdenken dürften. „Diese ist nicht zuletzt gerechtfertigt, weil Übernachtungsgäste vor Ort die Infrastruktur der Kommune in Anspruch nehmen“, teilte der Verband mit. „Zudem sind viele Städte und Gemeinden wegen ihrer schlechten Finanzlage dazu gezwungen, jede mögliche kommunale Steuer vor Ort zu erheben.“
Nach einer groben Schätzung des DStGB verschaffte die Bettensteuer den Kommunen vor Ausbruch der Corona-Pandemie Einnahmen von bundesweit rund 80 bis 100 Millionen Euro im Jahr. Die Hotelbranche zeigte sich „maßlos enttäuscht.“ Die Entscheidung bedeute „nach den massiven Umsatzeinbrüchen durch die Corona-Pandemie einen weiteren herben Schlag“, teilten der Dehoga und der Hotelverband Deutschland (IHA) gemeinsam mit. „Wir appellieren an die Kommunen, diese Entscheidung nicht als Ermunterung zu verstehen, jetzt Bettensteuern einzuführen und die Hoteliers und Gäste mit neuen Belastungen zu konfrontieren.“