Karlsruhe/Schwarzwald (pm/dpa/lk) – Angesichts des strengen Winterwetters machen Hilfsorganisationen in ganz Deutschland auf die lebensbedrohliche Lage von Obdachlosen aufmerksam. Die Coronavirus-Pandemie verschärft die Situation zusätzlich, wie es etwa von der Diakonie hieß, dem Wohlfahrtsverband der evangelischen Kirchen.
„Aus Hygienegründen können die Einrichtungen nicht so belegt werden wie in den Zeiten vor Corona – wir wissen von Fällen, in denen Betroffene Notunterkünfte aus Angst vor einer Corona-Ansteckung meiden“, erklärte Sandra Schuhmann, Vorständin beim Diakonischen Werk Bayern. Die Diakonie forderte die Kommunen deshalb auf, Notunterkünfte durchgehend zu öffnen und auch andere Gebäude wie Turnhallen oder leerstehende Hotels zu nutzen. Helferinnen und Helfer haben vielerorts ihren Einsatz für Obdachlose verstärkt und versorgen Bedürftige mit warmem Essen, Getränken, Kleidung, Schlafsachen und Hygieneartikeln.
In Karlsruhe haben es Menschen ohne Obdach momentan besonders schwer. Denn seit etwa drei Wochen steht nach Angaben des DRK der Kältebus wegen Corona-Auflagen still. „Wir können wegen der Kontaktbeschränkungen nicht unterwegs sein“, sagt DRK-Mitarbeiterin Aksana Novikova. Wohnungslose werden in der Fächerstadt unter anderem von zahlreichen Angeboten der Stadt und dem sogenannten Herzprojekt versorgt. Die private Initiative verteilt ein Mal in der Woche zum Beispiel in einer Unterführung gespendete Lebensmittel. „Wir haben an einem normalen Nachmittag zwischen 30 und 60 Menschen, denen wir helfen können“, sagt die Vorsitzende des Projektes, Sonja Schwald. Auch die Bruchsaler Sozialdemokratin Alexandra Nohl warnt: „Kein Dach über dem Kopf, kaum Essen, keine Toilette, ist für obdachlose Menschen tagtägliche Realität und jetzt im Winter ganz besonders gefährlich.“
Auch die Erlacher Höhe mit Standorten in den Kreisen Calw und Freudenstadt warnt, dass die aktuelle Kälte ist für wohnungslose Menschen im Nordschwarzwald lebensbedrohlich sein kann. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe habe bereits 17 Kältetote in Deutschland in diesem Winter gemeldet. Die sich zunehmend von Norden nach Süden ausbreitende Kältefront und Einrichtungen, die aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen bleiben müssen oder weniger Plätze bieten, verschlimmern die Situation für Menschen ohne Obdach. Zusätzliche Sicherheitskonzepte erschweren die Aufnahme.
Wolfgang Sartorius, Vorstand der Erlacher Höhe, bittet daher um besondere Achtsamkeit: „In so einem kalten Winter ist es für Personen ohne Obdach besonders gefährlich. Es geht um Menschenleben und es besteht Lebensgefahr. Wenn Sie im Winter einem Menschen ohne Obdach begegnen, sprechen Sie diese Person bitte an. Fragen Sie, ob es ihm/ihr gut geht oder ob Hilfe benötigt wird. Im Zweifelsfall wählen Sie den Notruf 112, denn bei akut gefährdeten Menschen muss der Rettungsdienst alarmiert werden!“