Region (la) – Rund 736 Millionen Frauen sind weltweit von sexueller und/oder körperlicher Gewalt betroffen. Der Kampf dagegen ist zum Alltag geworden. Die World Health Organization (WHO) betont in ihrer zuletzt veröffentlichten Studie, besonders Frauen in ärmeren Ländern seien betroffen. In den europäischen Ländern spiele Gewalt gegen Frauen im weltweiten Vergleich eine geringere Rolle. Und trotzdem erlebt in Deutschland jede dritte Frau sexuelle oder körperliche Gewalt. Um diesen alarmierenden Zahlen ein Gesicht zu geben und dagegen anzukämpfen, wurde zu Beginn des 21. Jahrhunderts der „Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ ins Leben gerufen.
Mädchen konnten nicht mehr in die Schule gehen, Eltern mussten von zu Hause arbeiten. Die Coronapandemie habe weltweit zu einer Zunahme von Gewalt gegen Frauen geführt, betont die WHO. Ehepartner seien unter dem Stress des Homeoffices und den Lockdowns vermehrt gewalttätig geworden. Laut des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben erlebt jede dritte Frau in Deutschland in ihrem Leben mindestens einmal Gewalt. Unter diese fällt sowohl physische, als auch psychische und sexuelle Gewalt. Die Folgen umfassen Schuldgefühle, Depressionen und ein weites Spektrum anderer psychischer Erkrankungen. Insbesondere im Nahen Osten und in Nordafrika liegen keine rechtlichen Grundlagen zum Schutz der Frauen vor Gewalt vor: Bangladesch, die Demokratische Republik Kongo und Afghanistan verzeichnen weltweit die häufigsten Vorfälle.
„An sich selber, und das berichten viele Frauen, kann man das merken, wenn alles ausweglos erscheint. Also wenn man sich einfach im Kreis dreht. Wenn das gesamte Leben von Gewalt geprägt ist“, berichtet Karin Merz. Sie arbeitet im Frauenhaus in Freudenstadt. Als Außenstehender zu erkennen, dass eine Frau Hilfe benötigt, sei hingegen sehr viel schwerer. Kennt ihr die vermeintlich betroffene Person gut, könnt ihr auf Verhaltensänderungen achten. Hilfe finden Betroffene beispielsweise bei der Polizei. Denn die ist zusammen mit der Justiz in Deutschland verpflichtet, Betroffene (häuslicher) Gewalt zu schützen. Zudem gibt es verschiedene Hilfetelefone. Vor Ort finden Frauen Beratungseinrichtungen. Was genau diese anbieten, ist abhängig vom jeweiligen Bundesland. Darüber hinaus gibt der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland Auskunft über alle Angebote. Denjenigen, die sich scheuen, sich an eine öffentliche Stelle zu wenden, rät Karin Merz: „Erst mal mit Freunden oder Verwandten reden.“ Gemeinsam könne man dann nach Lösungen suchen.
Neben Hilfetelefonen, der Polizei und Beratungsstellen gibt es in Deutschland auch Frauenhäuser, die Opfer von Gewalt aufnehmen und betreuen. „Wir kümmern uns um Frauen und Kinder, die von Gewalt betroffen sind. Das heißt, wir nehmen die Frauen bei uns auf, schauen dann, was der individuelle Bedarf bei den Familien ist“, erläutert Merz. Oft stünde die Verarbeitung des Erlebten im Vordergrund. „Wir unterstützen aber auch bei alltäglichen Aufgaben. Zum Beispiel entwickeln wir gemeinsam mit den Frauen eine Tagesstruktur.“
Das Angebot des Frauenhauses in Freudenstadt komme dabei sehr gut in der Bevölkerung an. „Das Frauenhaus wurde 2019 geöffnet, seitdem nehmen wir immer mehr Frauen und Kinder auf“, so Merz. In Manchen Phasen lägen mehr Anfragen hilfesuchender Frauen auf dem Tisch des Frauenhauses, als angenommen werden könnten. Die Frauen, die es ins Frauenhaus geschafft haben, sind dankbar für die Möglichkeit. „Das Feedback ist durchweg positiv“, betont Merz. Die Frauen schätzten die Gelegenheit, „Ruhe zu finden und Abstand zum Geschehenen zu gewinnen. Hier können sie darüber nachdenken, wie es weitergehen soll.“
Am 25. November machen die Vereinten Nationen auf den Missstand der Gewalt gegen Frauen aufmerksam. Der Tag wurde vor zwanzig Jahren von der UN-Generalversammlung beschlossen. Dabei ist das Datum nicht willkürlich gewählt: Am 25. November 1960 wurden die drei Frauen Patria, Minerva und María Teresa Mirabal ermordet. Der Auftrag zur Tötung kam vom damaligen dominikanischen Diktator Rafael Trujillo. Er ging brutal gegen die Opposition im Land vor. Am Todestag der drei Schwestern weist die UN auf sexuelle Belästigung, frauenfeindliche Sprache, Körperverletzung und Femizide hin. Auch in der Region finden zahlreiche Aktionen statt: Der Verein „Frauen Helfen Frauen“ aus Rastatt zeigt vormittags Präsenz auf dem Weihnachtsmarkt. Dort soll über die Arbeit des Vereins informiert werden. Abends zeigt „FHF Rastatt“ den Film „Women 2000“. „Da erzählen verschiedene Frauen über ihr Leben als Frau. Es geht nicht nur um Gewalt, sondern auch um die Überwindung dieser“, erklärt Svetlana Bojcetic. Sie ist im Verein „Frauen Helfen Frauen“ aktiv. Daneben nutzt das Frauenhaus Freudenstadt den 25. November, um Einblicke in seine Arbeit zu gewähren. Abends um 18 Uhr hält der Rastatter Oberbürgermeister anlässlich des Aktionstages eine Rede. Des Weiteren bieten die Stadt Karlsruhe und die Gemeinde Keltern Online-Vorträge, beispielsweise zum Thema „Digitale Gewalt gegen Frauen“.