Industrie im Wandel - Folgen der Digitalisierung

01. August 2019 , 10:10 Uhr

Computer waren vor 25 Jahren in vielen Unternehmen eine Seltenheit. Inzwischen geht fast nichts mehr ohne sie. In der Verwaltung werden auf Festplatten jeder Mitarbeiter abgespeichert und Kundenbeziehungen dargestellt. In der Produktion programmieren CNC-Fräser Maschinen so, dass innerhalb weniger Stunden komplette Großserien vom Band laufen können. Digitalisierung verändert bereits heute die Abläufe und Prozesse in der Industrie. Und diese Entwicklung wird noch weiter gehen.

Experten sehen in vielen Bereichen Potenzial für eine weitere Automatisierung. Vom Standpunkt der Beschäftigten aus betrachtet wirkt die Digitalisierung eher wie ein Damokles-Schwert. Schließlich ist überall zu hören, dass mehrere Millionen Jobs wegfallen können. In den kommenden Jahren wird es zu Veränderungen kommen. Und nicht jedes Berufsbild dürfte mit einem blauen Auge davonkommen. Einfach plötzlich verschwinden werden Berufe allerdings nicht. Digitalisierung wird eher als Transformationsprozess ablaufen. Beispiele hierfür sind schon heute sichtbar – auch in der regionalen Wirtschaft rund um Karlsruhe.

Was bedeutet Digitalisierung für die Industrie und die Beschäftigten?

Digitalisierung verändert Gesellschaften. Haushalte nutzen digitale Medien in vielen Bereichen. Ein Beispiel ist das Online-Banking. Aber auch das Streaming gehört dazu. Den technischen Wandel bekommen Verbraucher nicht nur in den eigenen vier Wänden zu spüren. Besonders in der Arbeitswelt hinterlässt die Digitalisierung Spuren. Allein die globale Vernetzung macht es möglich, dass Mitarbeiter verschiedener Dependancen in Echtzeit miteinander kommunizieren können.

Aber auch Fertigungs- und Vertriebsprozesse werden durch die Digitalisierung beeinflusst. Bestes Beispiel: Heute kann ein Produkt vom ersten Produktionsschritt bis zur Auslieferung in den Handel verfolgt werden. Durch modernes Tracking und Monitoring ist eine effiziente Produktionskette möglich.

Digitalisierung bedeutet auch, dass sich Anforderungen am Arbeitsplatz verändern. Beschäftigte müssen lernen, mit neuen Medien und Prozessstrukturen umzugehen. Gleichzeitig fallen einige Tätigkeiten komplett weg. Digitalisierung heißt in der Industrie vor allem Automatisierung. Hier werden die Veränderungen mit großer Wahrscheinlichkeit:

treffen. Das Verblüffende:  Experten gehen davon aus, dass nicht zuerst der Niedriglohnsektor angegriffen wird.

Vielmehr dürfte das mittlere Qualifikationssegment – der Mittelbau – die Auswirkungen der Digitalisierung zuerst spüren. Beschäftigte am Band werden zunehmend ersetzt, viele einfache Verwaltungsaufgaben werden von Computern übernommen. Gerade Aspekte wie Dateneingabe und Verarbeitung lassen sich schon heute sehr gut durch Maschinen steuern. Im Niedriglohnsektor wird die Entwicklung dagegen weniger schnell gehen. Hier sind die Kosten einfach zu hoch.

Alte Jobs gehen, neue Beschäftigungen kommen

Jeder zweite Job verschwindet! Mit dieser Hiobsbotschaft werden Ängste geschürt. Medien – wie das Technikmagazin it-zoom.de stützen sich in dieser Aussage auf eine Untersuchung des Mannheimer Forschungsinstituts ZEW. Allerdings ist diese Äußerung nur die halbe Wahrheit. Job werden der Digitalisierung zum Opfer fallen.

Auf der anderen Seite gibt es neue Tätigkeiten, die Arbeitswelt macht einen Wandel durch. Neue Jobs wird es nicht nur im Segment der IT-Berufe geben, deren Inhalte völlig neu gelernt werden müssen. Auch Ausbildungsberufe machen eine Transformation durch. Beispiele sind:

Heißt: Wer als Arbeitnehmer am Ball bleiben will, muss sich an die Veränderungen anpassen. Weiterbildungen und zusätzliche Qualifizierungen werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Und dazu beitragen, auf der Gewinnerseite der Digitalisierung zu stehen. Die Tech-Region Karlsruhe stellt sich bereits auf die Zukunft ein. Ein gutes Beispiel ist hier die Ernst-Reuter-Schule, die regelmäßig Hacker-Tage veranstalten und auch sonst mit vielen Alternativen die Schüler an die digitalen Technologien heranführt.

Praxisbeispiel EnBW: Echtzeit-Vernetzung für stabile Versorgung

Digitalisierung hat viele Gesichter. Wie sie aussehen kann, zeigt EnBW. Der Energieversorger setzt auf Vernetzung, um eine möglichst hohe Stabilität in der Stromversorgung erreichen. Es ist nicht mehr damit getan, einfach Strom durch das Leitungsnetz zu schicken. Stromsicherheit lässt sich aber nur erreichen, wenn wichtige Parameter, wie:

  1. Spannung
  2. Frequenz
  3. Stromstärke

bekannt sind. Möglich wird deren Kenntnis aber nur durch sekundenschnelles Monitoring und blitzschnelle Datenauswertung. EnBW setzt in beiden Bereichen auf Digitalisierung. Intelligente Zählersysteme (Smart-Metering) speisen Daten ins Netz ein, die digital ausgewertet werden. Das Ergebnis der Analysen gibt dem Stromversorger die Möglichkeit, seine Netze optimal auszulasten.

Das langfristige Ziel der Netzbetreiber und Energieversorger ist der Aufbau eines Smart Grid. Solche intelligenten Netze sollen es in Zukunft ermöglichen, Last- und Einspeisemanagement noch effizienter zu gestalten. Denn Digitalisierung heißt auch, dass in Zukunft der Strombedarf zunehmen wird. Speziell Energie aus regenerativen Quellen ist nicht kontinuierlich verfügbar, sondern unterliegt einer wechselnden Verfügbarkeit.

Praxisbeispiel: Kinemic GmbH

Beim Thema Digitalisierung wird immer darüber gesprochen, wie tiefgreifend der Wandel sein wird. Die Vorstellungen der Verbraucher, was auf sie zukommt, bleiben allerdings oft wage. Ein sehr gutes Beispiel für den Einsatz der Digitalisierung im Alltag ist die Kinemic GmbH. Das Unternehmen widmet sich der Steuerung digitaler Prozesse durch Gesten.

Hintergrund: Was zu Hause für Beschäftigte gut funktioniert – die Bedienung digitaler Geräte – kann im Job zur Geduldsprobe werden. Zu ungenaue Steuerungen sind nur ein Problem. Kinemic hat über ein Wearable die Möglichkeit geschaffen, digitale Medien direkt über: Gesten und Airmouse zu steuern. Auf diese Weise können Beschäftigte beispielsweise Maschinen oder IT direkt steuern – ohne die Arbeit unterbrechen zu müssen. Was ist mit den Entwicklungen von Kinemic alles möglich?

Zunutze machen sich die Entwickler, dass in Wearables heute Bewegungssensoren verbaut werden. Mit deren Hilfe werden:

  1. Swipes
  2. Rotationen
  3. Symbole
  4. Eartouches

möglich. Letztere bedeuten, dass eine Bewegung im Bereich der Hüfte beginnt und in Richtung Kopf ausgeführt wird.

Weitere Änderungen durch die Digitalisierung

Digitalisierung hat direkt Auswirkungen auf die industriellen Prozesse. Für Unternehmen bedeutet die Automatisierung auf der einen Seite Kosten. Die interne Infrastruktur muss umgebaut werden. Der Nutzen zeigt sich erst langfristig. Relativ schnell trägt Digitalisierung in einem anderen Bereich Früchte. Vertrieb und Marketing profitieren sehr schnell von digitalen Medien.

Im Vertrieb erhalten Unternehmen mehr Kontrolle hinsichtlich Lagerhaltung und Versand.

Und im Bereich Marketing ergeben sich viele neue Möglichkeiten, um die Wahrnehmung der Marke zu stärken sowie direkt mit Kunden zu interagieren. Beispiel Short URL: Hiermit lässt sich die Webadresse für einen Offline-Rabatt, der online eingelöst werden kann, verkürzen – und als Flyer der Verpackung beilegen.

Im PR-Segment sorgt Digitalisierung ebenfalls für deutlich mehr Gestaltungsspielraum. Unternehmen können Kunden virtuell durch die Fertigung führen. Auf diese Weise lässt sich zugleich ein toller Einblick in das jeweilige Unternehmen gewähren und Vertrauen schaffen. Zusätzlich können so spezielle Aspekte wie eine besonders klimafreundliche Produktion direkt live präsentiert werden.

Ein weiteres für Firmen sehr wichtiges Feld ist CRM. Die Abkürzung steht für Customer-Relationship-Management und zielt auf die Kundenbeziehungen ab. Im Idealfall weiß ein Unternehmen so schon vor dem Kunden, wann dieser eine Dienstleistung oder ein Produkt braucht. Was früher Karteikarten erledigt haben, wird inzwischen von Rechnern übernommen und ist sehr stark Data Driven. Die Digitalisierung wird in diesem Bereich noch sehr viel weiter gehen. Experten rechnen damit, dass gerade Künstliche Intelligenz hier zu einer weiteren Transformation führen wird.

Industrieunternehmen können sich auch bei der Buchhaltung durch Digitalisierung entlasten lassen. Hier ist eine breite Palette verschiedener Anwendungen denkbar. Eine automatische Verarbeitung eingehender Rechnungen ist genauso denkbar wie:

In den letzten Jahren deutlich in den Vordergrund sind zudem Buchhaltungssysteme nach dem SaaS-Prinzip (Software as a Service) gerückt. Hier werden Belege digitalisiert und verarbeitet. Unternehmen selbst müssen sich nicht mehr um die Buchführung kümmern. Für die Beschäftigten bedeutet dies zunächst: Besonders stupide und einfache Tätigkeiten werden mehr und mehr automatisiert, wodurch mehr Spielraum bleibt, sich den wirklich spannenden Aspekten des eigenen Jobs zuzuwenden.


Foto: Fotolia.com / ltstudiooo

Fazit: Digitalisierung verändert die Industrie

Heute ist immer wieder von Industrie 4.0 die Rede. Experten sehen darin die neue industrielle Revolution. Für den einzelnen Beschäftigten geht es oft weniger um das große Ganze, sondern um den direkten Einfluss der Digitalisierung. Das drohende Szenario eines Jobkahlschlags verunsichert. Allerdings werden Veränderungen nicht sofort greifbar sein. Wahrscheinlicher ist, dass Digitalisierung in einem dynamischen Prozess mündet. Es werden Tätigkeiten und Jobs wegfallen – und neue Jobs hinzukommen. Letztlich wird es auf den einzelnen Mitarbeiter ankommen, inwiefern er bereit ist, sich weiterzubilden. Wer auf berufliche Qualifikation setzt, kann mit der Digitalisierung Schritt halten. Und die Tech-Region Karlsruhe könnte am Ende als Gewinner aus dieser Entwicklung hervorgehen – mit positiven Folgen für alle Beteiligten.

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