Stuttgart (dpa/lsw) – Bei den Haushaltsverhandlungen von Grünen und CDU in Baden-Württemberg geht es heute um die Wünsche der Ministerien. Die Ressortchefs sollen in der Haushaltskommission erläutern, für welche Projekte sie unbedingt mehr Geld brauchen. Die Koalition hat nach eigenen Berechnungen noch 340 Millionen Euro für politische Schwerpunkte übrig. Klar ist schon, dass Kultusministerin Theresa Schopper mehr Geld für zusätzliche Lehrkräfte bekommen soll. Auch Innenminister Thomas Strobl darf sich Hoffnungen auf mehr Mittel für eine Stärkung der Polizei machen. Die Haushaltskommission unter Leitung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann will den Entwurf für den Doppeletat 2023/2024 nach mehreren Verhandlungsrunden weitgehend unter Dach und Fach bringen.
Die Haushaltskommission unter Leitung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will den Entwurf für den Doppeletat 2023/2024 nach mehreren Verhandlungsrunden weitgehend unter Dach und Fach bringen. Grüne und CDU haben schon vereinbart, dass die Schuldenbremse wieder eingehalten werden soll. Allerdings könnte die Energiekrise die Pläne der Koalition noch durchkreuzen. Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) rechnet schon jetzt damit, dass es im Winter kein Wachstum mehr geben wird. Komme eine schwerere Rezession durch eine Gasmangellage, dann gebe es einen erheblichen Einbruch der Steuereinnahmen.
Zuletzt hatte Grünen-Landeschefin Lena Schwelling die Koalition aufgefordert, wegen des Klimawandels und der Verkehrswende eine Ausnahmeklausel der Schuldenbremse zu nutzen und «volles Rohr» zu investieren. Für die CDU kommt das jedoch nicht infrage. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz verwies darauf, dass sich die Schuldenbremse im Land bewährt habe und der Bund mehr Geld für den Schienenverkehr geben müsse.
Schwarz warb für deutlich höhere Investitionen in den Bildungsbereich. Er könne sich sogar einen knapp dreistelligen Millionenbetrag vorstellen, sagte er der dpa. Es würden Lehrkräfte für Kinder und Jugendliche gebraucht, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflüchtet sind. Zudem steige die Zahl der Schülerinnen und Schüler, was ebenfalls berücksichtigt werden müsse.
CDU-Fraktionschef Manuel Hagel forderte mehr Geld für den Bevölkerungsschutz. Anders als der Bund müsse das Land hier mehr Geld ausgeben, sagte Hagel der dpa. «Um unseren Katastrophen- und Bevölkerungsschutz fit für die Zukunft zu machen, wollen wir in den nächsten Jahren kräftig investieren.» Die CDU dringt darauf, den Hilfsorganisationen im Land in den kommenden zehn Jahren mindestens 100 Millionen Euro mehr zur Verfügung zu stellen. Hagel kritisierte, dass die Bundesregierung im nächsten Haushalt hier den Rotstift ansetzen wolle.
Die Koalition im Land hat sich Ende Juli trotz der Risiken wie der Energiekrise, der Inflation und der Pandemie auf kräftige Mehrausgaben von fast 1,4 Milliarden Euro geeinigt. Das Land muss bei seiner Planung für den Doppelhaushalt 2023/24 auf die nächste Steuerschätzung im Herbst warten, um Gewissheit zu haben, wie sich die Einnahmen entwickeln. Der Puffer für mögliche Mindereinnahmen etwa wegen möglicher Steuersenkungen in der Krise umfasst 460 Millionen Euro.
Grüne und CDU wollen für sogenannte zwangsläufige Mehrbedarfe gut 800 Millionen Euro ausgeben. Dazu gehören Ausgaben für Geflüchtete, Vorsorge für die Corona-Pandemie, der Strafvollzug oder der Breitbandausbau, bei dem das Land die Förderung des Bundes kofinanzieren muss. Für politische Schwerpunkte nimmt das Land nochmal 570 Millionen Euro in die Hand. Mit 150 Millionen Euro will die Koalition nach Auskunft der Grünen-Fraktion die Digitalisierung in Schulen und Verwaltung voranbringen und mit 80 Millionen Euro den Klimaschutz. Bleiben noch 340 Millionen Euro, über deren Verwendung am Montag entschieden werden soll.
Trotz eher schwieriger Lage im nun geplanten Doppelhaushalt haben die Ministerien von Grünen und CDU die Schaffung von fast 9000 neuen Stellen für Landesverwaltung, Polizei, Schulen und Hochschulen angemeldet. Bayaz hat 350 neue Stellen schon als unabweisbar anerkannt. Ob etwa Innenminister Strobl alle seine beantragten Stellen bekommt, gilt als fraglich. Strobl hat gut 2740 neue Stellen erbeten, dazu gehören aber auch 577 für die Regierungspräsidien im Land. Die Koalition will zudem nochmal darüber beraten, ob man neue Ausgaben auch durch Kürzungen gegenfinanzieren sollte. Strobl hatte erklärt, grundsätzlich wolle er am Kompensationsprinzip «one in, one out» festhalten. Nur für die Bereiche Innere Sicherheit, Bildung und Klimaschutz gelte das nicht.
Kretschmann stellte vor kurzem die vorgesehene Gegenfinanzierung von Mehrausgaben infrage. Das Prinzip «one in, one out» sei eine «Überschrift, den Text dazu kriegt man in der Regel nicht auf die Reihe», sagte er Ende Juli. Dasselbe gelte für neue Stellen. Schon im Haushalt 2022 hat es deutliche Mehrausgaben und auch zahlreiche neue Stellen in der Landesverwaltung gegeben, ohne dass diese durch Kürzungen in den jeweiligen Ressorts gegenfinanziert wurden.