Höhere Parkgebühren, keine Brötchentaste – Deutsche Umwelthilfe provoziert mit Forderung

27. Juni 2023 , 04:17 Uhr

Region (lea) – Mal eben rasch mit dem Auto zum Bäcker fahren, zum Parken die Brötchentaste bedienen – ein Albtraum, findet die Deutsche Umwelthilfe und fordert jetzt höhere Parkgebühren in Städten. Ein Parkschein solle mindestens so viel kosten wie ein Einzelfahrschein in Bus und Bahn. Mit dem dadurch eingenommenen Geld könnten die Öffentlichen Verkehrsmittel preislich attraktiver gestaltet werden. Dieser Vorschlag kommt nicht überall gut an. So warnt beispielsweise der Handelsverband Baden-Württemberg vor der Schädigung des Einzelhandels. Denn nur, wer bequem in die Innenstadt komme, kaufe dort auch gerne ein, heißt es seitens der Geschäftsführung.

Umwelthilfe will „Fehlanreiz“ beseitigen

„Wir fordern höhere Parkgebühren, weil aktuell die Menschen bestraft werden, die sich klima- und umweltfreundlich verhalten“, fasst Robin Kulpa die Position der Deutschen Umwelthilfe zusammen. Kulpa arbeitet als Bereichsleiter für Verkehr und Luftreinhaltung bei der Umwelthilfe und fügt an: „Wer mit Bus und Bahn in die Stadt fährt, zahlt ein Vielfaches von dem was man zahlt, wenn man mit dem eigenen Auto anreist.“ Dieser „Fehlanreiz“ müsse beseitig werden. Und zwar durch die Investition der erhöhten Einnahmen in Bus und Bahn.

Vorteil für alle?

Konkret sieht die Umwelthilfe vor, die Parkgebühren an den Kosten für ein Einzelticket des Öffentlichen Nahverkehrs zu orientieren. Sie sollen „mindestens so teuer“ sein, erläutert Kulpa. „In zentralen Innenstadtlagen können die Preise auch deutlich höher sein, gerade weil es da viel Konkurrenz durch viel mehr Autos als Parkplätze gibt“, so der Experte. Die Umsetzung der Forderung wirke sich letztlich für alle positiv aus: Menschen, die „wirklich aufs Auto angewiesen“ seien, stünden weniger häufig im Stau und würden schneller einen Parkplatz finden. Und Bus- und Bahnfahrer müssten für ihren nächsten Stadtbesuch weniger tief in die Tasche greifen.

Parken für 25 Cent je Stunde

In ihrer Forderung verweist die Umwelthilfe auf eine bundesweite Städtebefragung, in der 104 Städte Angaben zu ihren Parkgebühren machten. „Die wenigsten Städte verlangen angemessene Parkgebühren“, seufzt Kulpa. Er klingt frustriert und fährt fort: „Fast überall bekommt man das Parken für wenige Euro pro Stunde hinterhergeworfen. Besonders schlecht schneiden Koblenz oder Frankfurt an der Oder ab.“ Dort könne man teilweise für 25 Cent pro Stunde parken. Das seien falsche Anreize, findet Kulpa.

Mehr Platz für Neues

Anders sieht es in Amsterdam oder Oslo aus: Dort kostet das Abstellen des Fahrzeugs bis zu 7, 50 Euro in der Stunde. „Und in London wird man schnell mal 10 Euro stündlich los“, hebt der Experte hervor. Weniger Autos in den Städten – mehr Platz. Den könne man für anderes nutzen, regt die Umwelthilfe an. „Zum Spielen, für barrierefreie Fußwege und breitere Radwege“, zählt Kulpa wenige Punkte einer langen Liste auf. Darüber hinaus gebe es mehr Kapazitäten für Stadtbegrünung. „Damit wir in heißen Sommern nicht die Asphalthitze in den Städten haben.“

Handelsverband warnt vor Auswirkungen des Konzepts

Zu kurz gedacht findet der baden-württembergische Handelsverband die Forderungen der Umwelthilfe. „Aus unserer Sicht kann es nicht die Lösung sein, [das Auto] einseitig unattraktiv zu machen, während die Infrastruktur, um auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen, an vielen Orten schlicht nicht ausreicht oder noch gar nicht gegeben ist“, so Sabine Hagmann, die Hautgeschäftsführerin des Verbands. Hagmann warnt vor den potenziellen Auswirkungen auf den Einzelhandel: „Die Menschen möchten es bequem und angenehm haben. Das gilt ganz besonders für die Erreichbarkeit.“ Ein erschwerter Weg zu den Läden würde die Kunden animieren, im Internet zu bestellen. Eine Katastrophe für die Einzelhändler.

Eine Belastung für den Einzelhandel

Denn der Einzelhandel sei ohnehin bereits durch die Coronazeit geschwächt, so Hagmann. Hinzu kommen aktuell eine nachgelassene Kaufkraft durch Inflation, Ängste „und der Frage, wie es weitergehen soll“, sagt die Geschäftsführerin. „Im Grunde ist der Einzelhandel seit drei Jahren in der Dauerkrise. Auch große Unternehmen sind in die Insolvenz gegangen oder es geht ihnen nicht gut“, mahnt sie. Deutschland werde Händler verlieren. In ihren Augen führe der Vorschlag daher nicht zu einer attraktiveren Gestaltung der Städte, sondern zur Verödung.

Ein Parkschein, der so viel wie ein Einzelfahrschein in Bus und Bahn kosten soll – in Hagmanns Augen ist das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringen könnte.

Anzeige
Deutsche Umwelthilfe Einzelhandelsverband Baden-Württemberg Mobilitätswende Parkgebühren

Das könnte Dich auch interessieren

05.09.2024 Lastenfahrräder: Eine nachhaltige Alternative für Stadtbewohner und Gewerbetreibende Karlsruhe (pm/dk) - Lastenfahrräder gewinnen immer mehr an Bedeutung. Ob als Autoersatz im Familienalltag, für Gewerbetreibende oder für umweltbewusste Bürger – die vielseitigen Transportmöglichkeiten und die zunehmende Unterstützung durch Förderprogramme machen das Lastenrad zu einer beliebten Option in der Mobilitätswende. Wir werfen einen Blick auf das Thema durch die Augen verschiedener Akteure. 14.05.2024 Land fördert neue Stadtbahnzüge in Karlsruhe mit 101 Millionen Euro Karlsruhe (pm/tk) - Der Umstieg auf klimaschonenden ÖPNV erfordert mehr Bahnen und Busse. Das Land fördert deshalb die Anschaffung neuer Stadtbahnen bei den Verkehrsbetrieben Karlsruhe mit 101 Millionen Euro. Verkehrsminister Winfried Herrmann überreichte am Dienstag den Förderbescheid. 23.11.2024 Nach geklärter Eichner-Zukunft: KSC klettert auf Rang zwei Fürth (dpa) – Der SpVgg Greuther Fürth missglückt der Neustart unter Trainer Siewert, der Karlsruher SC jubelt nach der Vertragsverlängerung von Coach Eichner. Die Konkurrenz hilft mit. Unter Eichner KSC wieder im Aufstieg Der Karlsruher SC ist im ersten Spiel nach der Vertragsverlängerung von Trainer Christian Eichner wieder auf einen Aufstiegsplatz geklettert. Die Badener gewannen bei der SpVgg 21.11.2024 Skifahren im Nordschwarzwald: Seibelseckle und Unterstmatt könnten bald starten! Schwarzwald (dpa/dk) - Für Wintersportler aus der Region gibt es gute Nachrichten: Die ersten Lifte im Nordschwarzwald stehen in den Startlöchern! Sowohl das Seibelseckle als auch der Skizirkus Unterstmatt warten auf die angekündigten Schneefälle, um den Betrieb aufzunehmen. Wer auf den Pisten in der Region die ersten Schwünge ziehen möchte, könnte schon bald in den Genuss eines Winterabenteuers kommen.