Karlsruhe (lk) – Milde Werte um 12 Grad, Hochwasser, Sahara-Staub und Minusgrade mit Schnee und Glatteis – der Februar hat uns bislang schon einige Wetterkapriolen in der Region geboten. Aber sind solche Wetterschwankungen und Temperaturunterschiede eigentlich normal? Oder macht sich da der Klimawandel bemerkbar? Das hat uns der Karlsruher Meteorologe Bernhard Mühr genauer erklärt.
Die Wetterpalette war in den vergangenen zwei Wochen relativ umfangreich. Laut dem Karlsruher Meteorologe Bernhard Mühr jedoch nichts Ungewöhnliches, denn im Winter könnten die Wetterausschläge immer besonders groß sein. „Das liegt aktuell an der großen Schlinge, die momentan über Deutschland liegt. Weit aus dem Süden kommt die Warmluft, aus dem hohen Norden die Kaltluft. Beide Luftmassen treffen genau über uns aufeinander. Dadurch kommt es zu recht heftigen Wetterauswirkungen“, so Mühr. Er ist sich sicher, dass wir in den letzten Jahren ein bisschen vergessen hätten, was einen richtigen Winter ausmachen könne. „Wenn wir in das Jahr 1956 zurückschauen, dann war der Februar damals der kälteste überhaupt. Da hatte es den gesamten Monat über Tag und Nacht Temperaturen im zweistelligen Minusbereich.“
Und auch beim Sahara-Sand, der die gesamte Region am Samstag in gelbliches Licht getaucht hat, sieht Mühr keine Gefahr. „Schlimm ist das nicht. Der Mineralstoff-Transport ist sogar ein globales Phänomen.“ Dabei werde der Staub über tausende Kilometer hinweg transportiert und ab und zu würde er dann auch bei uns in der Region ankommen. „Das passiert immer dann, wenn über Algerien oder Marokko ein kräftiges Tiefdruckgebiet liegt. Der Wind wirbelt den Sand auf und dieser gelangt bis in vier, fünf Kilometer Höhe. Mit der kräftigen südlichen Strömung wird er dann über die Alpen nach Mitteleuropa transportiert“, erklärt der Wetterexperte. Im Übrigen: Der tropischen Regenwald in Südamerika gedeiht nur, weil die Passatwinde den Sahara-Staub bis dorthin transportieren und er wie ein Dünger wirkt.
Bis zum Wochenende prognostiziert der Wetterexperte noch kalte Luft und Minusgrade. „In den letzten Jahren war es eben nicht der Fall, dass wir in den Genuss der kontinentalen Kälte gekommen sind. Mit deutlich unter -10 Grad in der Nacht und tagsüber Dauerfrost. Das hatten wir früher öfter“, erinnert sich Mühr. Das sei eine Folge des Klimawandels, der jedoch ein langfristiger Prozess sei. Der entscheide nicht über das tagtägliche Wetter, sondern über die Gesamtbilanz der Temperatur in der Atmosphäre. Allerdings gebe es auch immer eine Variabilität im Wetterablauf: „Es ist noch nie so gewesen, dass die Temperaturen immer nur dem langjährigen Durchschnitt entsprechen. Da gibt es Extreme, Temperaturschwankungen, Dürren oder besonders feuchte Jahre“, sagt Mühr. Deshalb sei auch nicht jedes Wetterextrem automatisch eine unmittelbare Folge des Klimawandels.
Vermutlich sind wir im Badischen einfach nur von der Sonne und den warmen Temperaturen verwöhnt. Die vergangenen beiden Jahre hat es extreme Hitzewellen im Sommer und sehr milde und niederschlagsarme Winter gegeben. Darunter leidet auch die Natur. Die Grundwasserbestände sind in den vergangenen Jahren erheblich gesunken. Diesen wieder auf „Normalniveau“ zu bekommen, sei ein sehr langsamer und träger Prozess, so Mühr. „Die letzten drei Jahre sehr trockenen Jahre haben zu einem sehr trockenen Unterboden geführt. Da reichen auch ein, zwei feuchte Monate noch lange nicht aus, um das Wasserdefizit zu beseitigen. Da brauchen wir noch mehr Niederschlag, das genügt noch nicht.“
Aber nach Mührs Meinung ist die Natur recht anpassungsfähig. Sowohl im Tier- als auch im Pflanzenreich. „Kälterückfälle kann es immer geben. Da stellen sich auch Tiere, wie beispielsweise Amphibien auf Wanderschaft darauf ein. Wenn sich die Temperaturen sehr früh schon recht lange auf einem hohen Niveau bewegen, dann beginnt auch die Vegetation aktiv zu werden. Früher, als das eigentlich sein sollte. Durch spätere Fröste können die Tiere und Pflanzen dann in Mitleidenschaft gezogen werden. Aber in diesem Jahr liegen wir in keinem besonders warmen Bereich. Der Dezember und Januar waren nur leicht über dem Schnitt. Und mit dem jetzt recht kalten Februar sollten die Probleme in der Natur tatsächlich nicht allzu groß sein“, erklärt der Meteorologe.
Nach fast vier Monaten im Lockdown fiebern inzwischen viele von uns dem Frühling entgegen. Zwar gibt es Langzeitprognosen, die mit Modellen berechnet werden. Aber allzu verlässlich sind diese nicht immer. Allerdings könnte sich ein Trend abzeichnen, dass der Frühling noch etwas auf sich warten lässt. „Die ersten zwei Wochen des Märzes sollen demnach noch eher kühler sein, als im langjährigen Durchschnitt. Es kann uns also bevorstehen, dass wir es noch eine Weile mit der Kaltluft zu tun haben werden. Nicht beständig kalt, wochenlang mit Dauerfrost. Aber tendenziell so richtig frühlingshaft-warm mit 20 Grad und mehr über einen längeren Zeitraum ist bislang nicht absehbar“, schließt der Experte.