Region (dpa/lk) – Wer am Morgen in der Region aus dem Fenster geschaut hat, dem hat bereits ein heftiger Wind entgegen geschlagen. Der erste Herbststurm hat in Nordbaden für umgekippte Zäune, Baustellenschilder und Mülltonnen sowie umherwehenden Plastikmüll gesorgt. Im Nordschwarzwald sind Bäume umgestürzt und Äste herabgefallen. Der Bahnverkehr ist durch den Sturm gestört. In Malsch ist ein Mann durch einen umstürzenden Baum lebensgefährlich verletzt worden. Der Bahnverkehr war erheblich beeinträchtigt.
Sturmtief Ignatz hat in der Nacht die neue welle Region erreicht: Der Deutsche Wetterdienst erwartet am heutigen Donnerstag orkanartige Böen im Bergland sowie Sturmböen in den nördlichen Landesteilen. Vereinzelt könne es zu Gewittern kommen. Im Bergland werden orkanartige Böen bis 110 Kilometern pro Stunde erwartet. Laut dem Deutschen Wetterdienst könne es im Norden von Baden-Württemberg auch einzelne Gewitter mit Böen bis zu 115 Kilometern pro Stunde und Hagel geben. Grund dafür ist ein umfangreiches Tiefdruckgebiet über Nordeuropa. Gegen Abend soll der Wind abschwächen.
Auch im Raum Karlsruhe und Bruchsal hat Sturmtief Ignatz an Bäumen und Dächern gerüttelt. Baustellenschilder, -zäune und Mülltonnen wirbelten umher, in der Bruchsaler Innenstadt kippten reihenweise Pflanzenkübel um. Bei insgesamt mehr als 200 Einsätzen wurden zahlreiche Dächer und Fahrzeuge beschädigt, der Schaden beläuft sich auf rund eine halbe Million Euro. In Malsch-Völkersbach brach ein größerer Baum am Waldrand und stürzte auf einen 64-Jährigen der sich auf einer angrenzenden Pferdekoppel aufhielt. Er kam mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus. In Zaisenhausen stürzten die Giebelwände eines eingerüsteten Rohbaus, ein Baukran drohte ebenfalls zu kippen, konnte aber rechtzeitig gesichert werden.
Die Polizei warnt die Menschen davor, sich heute in Wäldern, Parks oder auf Friedhöfen aufzuhalten. Zu groß ist die Gefahr, von herabfallenden Ästen getroffen zu werden. Der Schlossgarten in Bruchsal ist für Besucher bereits gesperrt. „Wir haben uns wegen der Unfallgefahr, die durch Ast- und Baumbruch droht, für eine vorübergehende Sperrung des Schlossgartens Bruchsal entschieden“, erklärt Christina Ebel, die Leiterin der Schlossverwaltung. Schon am Morgen mussten die Gärtner feststellen, dass der Sturm die Stühle des Schlosscafés umgeworfen hatte. Außerdem lagen abgebrochene Äste im unteren Schlossgarten und beim Rasenrondell. „Unter den großen Bäumen besteht während des Sturms Lebensgefahr“, ergänzt Ebel.
Der erste Herbststurm des Jahres hat auch die Auftragsbücher des Polizeipräsidiums Offenburg gefüllt und für etliche Feuerwehr- und Polizeieinsätze gesorgt. In Gaggenau-Michelbach ist kurz nach 8 Uhr ein Baum auf ein Dach gestürzt. Verletzt wurde dabei glücklicherweise niemand. In der Kaiserallee in Baden-Baden war die Fahrbahn im Bereich der Wilhelmsbrücke infolge durch Laub verstopfter Gullys am Morgen teilweise überflutet. In der Schillerstraße in Rastatt sind mehrere Verkehrsschilder umgefallen. Eines davon ist in der Heckscheibe eines Autos eingeschlagen. Die Merkurbahn in Baden-Baden ist heute nicht gefahren.
Seit dem frühen Morgen sind Polizei und Feuerwehr zu rund 40 Einsätzen im Nordschwarzwald rund um Pforzheim, Calw und Freudenstadt ausgerückt. Durch umgestürzte Bäume oder herabgefallene Äste sind zahlreiche Fahrzeuge beschädigt worden. Der Schaden kann bislang noch nicht beziffert werden, jedoch sind nach ersten Erkenntnissen keine Personen zu Schaden gekommen. Als Reaktion auf die zerstörerische Kraft des Sturmtiefs blieben sowohl der Wildpark als auch der Hauptfriedhof in Pforzheim geschlossen. Neben dem DWD haben auch die Polizeipräsidien über die sozialen Medien Warnhinweise veröffentlicht. Außerdem gab es Gefahrenhinweise durch die WarnApp Nina oder Katwarn. Die Warnung gilt derzeit bis 18 Uhr.
Wegen mehrerer querstehender Lastwagen war am Donnerstagmorgen die Rheinbrücke Speyer voll gesperrt. Laut Polizei sei der Anhänger eines Lastwagens durch eine starke Windböe erfasst worden und auf der Brücke umgekippt. Die dahinterfahrenden Lastwagen mussten abbremsen und kamen quer auf der Fahrbahn zum Stehen. Über Verletzte ist bislang nichts bekannt. Für kurze Zeit war die komplette Brücke gesperrt. Auf der B35 bei Philippsburg-Huttenheim stürzte der Anhänger eines Lastwagens um. Das Gespann ist auf einer Brücke von einer starken Windböe erfasst und auf die Seite geworfen worden. Ein entgegenkommender Autofahrer hatte Glück und wurde knapp nicht getroffen.
Das Orkantief hat zu starken Einschränkungen im Bahnverkehr geführt. „In Nordrhein-Westfalen ist der Fernverkehr komplett eingestellt“, teilte die Deutsche Bahn am Vormittag mit. Besonders betroffen seien auch das Saarland, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern und Teile Sachsens. Es komme zu Zugausfällen und Verspätungen. „Hunderte Mitarbeitende sind im Einsatz, um Bäume und andere Hindernisse aus den Gleisen zu räumen, Oberleitungen zu reparieren und Schäden aufzunehmen“, teilte eine Sprecherin mit. Fahrgäste, die aufgrund des Unwetters ihre Reise verschieben wollen, könnten ihr gebuchtes Ticket ab sofort bis einschließlich sieben Tage nach dem Ende der Störungen einlösen.
Der Sturm beeinträchtigt auch den Bus- und Bahnverkehr der Albtal-Verkehrsgesellschaft massiv. Im gesamten Verbundgebiet kommt es zu Weichenstörungen und Stromausfällen. Probleme gibt es besonders auf der Strecke S31 und S32 zwischen Ubstadt und Menzingen, der S4 im Bereich Heilbronn, der S5 zwischen Karlsruhe und Menzingen, der S7/S8 zwischen Karlsruhe und Rastatt und immer wieder auch in der Karlsruher Innenstadt. Im Bereich Sulzfeld und Zaisenhausen blieben zwei Straßenbahnen aufgrund eines auf die Oberleitung gefallenen Baumes auf freier Strecke liegen. Die Fahrgäste konnten die Bahnen wohlbehalten verlassen.