Region (lea) – Die Frühstücksbrötchen vom Bäcker, das maßangefertigte Regal im Wohnzimmer oder die Fliesen im Bad: Der Handwerkssektor durchzieht unseren gesamten Alltag. Allein in Deutschland gibt es über eine Million Handwerksbetriebe. Sie beschäftigen rund 13 Prozent aller Erwerbstätigen. Trotzdem sieht sich das Handwerk derzeit mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Der Kammerpräsident der Karlsruher Handwerkskammer Joachim Wohlfeil äußerte in seiner Rede anlässlich des diesjährigen Neujahrsempfanges: „Ich kann mich – auch mit dem langen Blick zurück – nicht an eine vergleichbare Situation erinnern, in der es für viele unserer Betriebe und Beschäftigten um derartige existenzielle Fragen ging.“ Denn das Handwerk ringt um Nachwuchs und kämpft aktuell mit steigenden Energie- und Rohstoffpreisen.
Studien zufolge fehlen in Deutschland zurzeit 65.000 Arbeitskräfte im Handwerk. Dass es an allen Ecken und Enden nicht reicht, spürt auch die Handwerkskammer Karlsruhe. Deren Pressesprecher Alexander Fenzl betont: „Seit vielen Jahren herrscht in unserem Kammerbezirk Fachkräftemangel.“ Welcher Sektor besonders betroffen sei, lasse sich aber nicht herausdeuten. „Vom Bau- und Ausbauhandwerk bis hin zum Nahrungsmittelhandwerk beklagen sich alle, dass sie kein Personal finden.“ Als Ursache sieht Fenzl zwei Hauptprobleme: „Wie überall liegt es am demografischen Wandel. Es drängen einfach weniger Jugendliche auf den Markt.“
Zudem sieht der Pressesprecher ein Imageproblem, das dem Handwerk anhafte. „Immer mehr Jugendliche entscheiden sich für den Weg eines Studiums.“ Dass das Handwerk genauso wertig wie ein akademischer Beruf ist, dafür fehle vielerorts aber noch das Bewusstsein. Daher möchte die Handwerkskammer mit zahlreichen Kampagnen ein gesellschaftliches Umdenken erreichen. „Seit rund zehn Jahren gehen wir vermehrt an Schulen und informieren über die Möglichkeiten, die das Handwerk bietet“, erklärt Fenzl. Ein entscheidender Schritt sei dabei die Öffnung der Gymnasien für handwerkliche Berufsinformationstage: „Wir wollen zeigen, dass man auch mit Abitur einen Handwerksberuf ergreifen kann. Vor einigen Jahren war es noch völlig undenkbar, dass wir auch an Gymnasien darüber informieren.“
Wenn Alexander Fenzl auf die Vorteile eines Handwerksberufes angesprochen wird, kommt er aus dem Schwärmen nicht mehr heraus: „Hier gibt es so viele Optionen, sich selbst zu verwirklichen. Es ist leicht, seinen eigenen Weg zu gehen.“ Im Handwerk sei der Schritt in die Selbstständigkeit einfacher als in anderen Sektoren. Die Demografie spielt den Ambitionierten dabei in die Karten. „In den kommenden Jahren werden zahlreiche Betriebe wegen Alters übergeben werden müssen. Und die suchen alle einen Nachfolger.“
„Weniger Handwerker führen dazu, dass sich die Preise erhöhen“, mahnt Fenzl. Die Nachfrage nach Leistungen des Handwerkssektors ist so hoch wie nie – gleichzeitig schwindet das Angebot verfügbarer Handwerker rapide. Die Folge: Wer einen Elektriker braucht, muss dafür tiefer in die Tasche greifen. „Es ist schon jetzt ein gesamtgesellschaftliches Problem, wenn ein ganzer Wirtschaftszweig immer knapper in seinen Ressourcen wird“, so der Pressesprecher. Schließlich würden die Verkehrswende oder der Ausbau von Solaranlagen vor allem von Handwerksbetrieben in die Tat umgesetzt.