Gutachter: "Waldläufer von Oppenau" teils vermindert schuldfähig

16. Februar 2021 , 14:13 Uhr

Oppenau/Offenburg (dpa/lk) – Im Verfahren um seine spektakuläre Flucht mit gestohlenen Polizeiwaffen im Schwarzwald hat ein Psychiater dem Beschuldigten eine zumindest teilweise verminderte Schuldfähigkeit bescheinigt.

Kombinierte Persönlichkeitsstörung

Yves R. leide an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, sagte Gutachter Dr. Stephan Bork am Dienstag vor dem Landgericht Offenburg. Für die Festnahmesituation, als R. einen Beamten mit einem Beil verletzte, stellte der Gutachter eine verminderte Schuldfähigkeit fest, nicht jedoch für die vorangegangene Entwaffnung der Polizisten. Der als „Waldläufer von Oppenau“ bekannt gewordene Mann hatte im Juli 2020 bei der Kontrolle einer von ihm illegal bewohnten Waldhütte im Schwarzwald vier Polizisten entwaffnet und war mit deren Dienstwaffen in den Wald geflohen. Die Polizei suchte mit einem Großaufgebot nach dem heute 32-Jährigen. Erst fünf Tage später gelang die Festnahme in einem Gebüsch nahe Oppenau. R. verletzte dabei einen SEK-Beamten mit einem Beil am Fuß. Er ist unter anderem wegen Geiselnahme angeklagt. Ein Urteil wird für Freitag erwartet.

Bei Festnahme im Affekt gehandelt

Vor seiner Festnahme habe sich der hungrige, durstige und übernächtigte Mann in einer affektiven Ausnahmesituation befunden – und in einer für ihn ausweglosen Pattsituation. Sein Verständnis von Ehre habe es ihm unmöglich gemacht, aufzugeben. Sein Lebenswille sei jedoch so stark gewesen, dass er keine der gestohlenen Waffen habe ziehen wollen. Dann habe ihn ein Taser getroffen, woraufhin er mit dem Beil in Richtung des Schmerzreizes geschlagen und den SEK-Beamten getroffen habe. Keine affektive Ausnahmesituation habe jedoch für R. geherrscht, als er in der Hütte von den Polizisten kontrolliert worden sei. Der Gutachter beschrieb R. als einen intelligenten Mann, der in seinen Verhaltensmustern jedoch deutlich von gesellschaftlich akzeptierten Normen abweiche.

Minderschwerer Fall von Geiselnahme

Die Staatsanwaltschaft hat eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten gefordert. Man gehe von einem minderschweren Fall von Geiselnahme aus, sagte Staatsanwältin Raffaela Sinz am Dienstag vor dem Landgericht Offenburg. Für den Angeklagten spreche unter anderem, dass er frühzeitig ein Geständnis abgelegt und sich im Verfahren entschuldigt habe – und dass es sich nicht um eine typische Geiselnahme gehandelt habe. Ein Urteil wird für Freitag erwartet.

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