Berlin/Stuttgart (dpa/lk) – Bund und Länder sind sich einig, dass Großveranstaltungen, bei denen eine Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen nicht möglich ist, bis mindestens Ende Dezember 2020 nicht stattfinden sollen. Zum einheitlichen Umgang mit Zuschauern bei bundesweiten Sportveranstaltungen wird eine Arbeitsgruppe auf Ebene der Chefs der Staatskanzleien eingesetzt, die bis Ende Oktober einen Vorschlag vorlegen soll. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag aus der Beratungsrunde von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten.
Über die Zulassung von Weihnachtsmärkten und Karnevalsveranstaltungen wollte Merkel erst später entscheiden. Das müsse heute nicht geschehen, sagte sie nach dpa-Informationen in den Beratungen mit den Ministerpräsidenten.
Vorerst offen bleibt auch , ob die Fußball-Bundesliga bis zum Jahresende ihre Spiele vor leeren Zuschauerrängen austragen muss. Ein Verbot würde neben den Fußballclubs von der Bundesliga bis zur Regionalliga auch die Spitzenvereine im Handball, Basketball und Eishockey sowie weitere stark von Zuschauer-Einnahmen abhängige Sportarten empfindlich treffen. Inwieweit schon früher zumindest einige Hundert Fans zugelassen werden, blieb zunächst offen. Die Beschränkungen für Teilnehmer an solchen Veranstaltungen unterscheiden sich derzeit in den Bundesländern stark. Die 36 Vereine der Deutschen Fußball Liga hatten sich Anfang August auf ein einheitliches Vorgehen zur möglichen Rückkehr zumindest einiger Zuschauer in die Stadion geeinigt. Als einen zentralen Punkt beschlossen die Clubs, „bei ihren Spielen sicherzustellen, dass im Fall von Infektionen die Identität und Kontaktdaten möglicher und eventuell betroffener Stadionbesucher ermittelt werden können.“ Dies würde die geforderte Kontaktverfolgung ermöglichen.
Bei den umstrittenen Feierlichkeiten im Familien- und Freundeskreis haben sich Bund und Länder aber nicht auf bundesweit geltende Obergrenzen für Teilnehmerzahlen einigen können. Die Bürger werden gebeten, in jedem Einzelfall kritisch abzuwägen, ob, wie und in welchem Umfang private Feierlichkeiten nötig und vertretbar seien. Gegen die Vorschläge für eine Rahmenvorgabe für maximale Teilnehmerzahlen gab es nach Teilnehmerangaben breiten Widerstand. Es habe zahlreiche Wortmeldungen gegen pauschale Regeln gegeben. Merkel wollte erreichen, dass der Teilnehmerkreis bei einer Zusammenkunft in privat genutzten Räumen und auf solchen Grundstücken auf maximal 25 Teilnehmer beschränkt werde. Bei privaten Veranstaltungen und Feiern außerhalb des Privatbereichs sollten künftig 50 Teilnehmer erlaubt sein.
Bund und Länder haben sich darauf verständigt, bei Verstößen gegen die Maskenpflicht ein Bußgeld von mindestens 50 Euro zu erheben. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag aus den Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder. Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff hatte in der Diskussion ein Mindestbußgeld abgelehnt und erklärt, er werde die Regelung in seinem Land nicht mitmachen. Für Baden-Württemberg hat diese Entscheidung allerdings keine Auswirkungen – hier beträgt das Mindestbußgeld für Maskenmuffel bereits 100 Euro und maximal 250 Euro.
Weiter habend sich Bund und Länder darauf verständigt, dass in diesem Jahr gesetzlich Versicherten mit Anspruch auf Kinderkrankengeld fünf zusätzliche Tage zur Betreuung eines kranken Kindes gewährt werden. Alleinerziehende sollen zehn zusätzliche Tage dafür bekommen. Der Bund soll das entsprechend gesetzlich regeln.
Reiserückkehrer aus Risikogebieten sollen demnächst eine Corona-Quarantäne frühestens durch einen Test ab dem fünften Tag nach Rückkehr beenden können. Diese Regelung soll möglichst ab dem 1. Oktober 2020 gelten. Außerdem soll geprüft werden, ob Reiserückkehrer aus Risikogebieten ihren Test selbst zahlen sollen. Die kostenlosen Corona-Tests für Einreisende aus Nicht-Risikogebieten sollen zum Ende der Sommerferien mit dem 15. September beenden werden.
Für Reiserückkehrer aus Risikogebieten soll es künftig voraussichtlich keine Entschädigung für den Einkommensausfall durch Quarantäne mehr geben. Bund und Länder streben eine kurzfristige entsprechende Rechtsänderung an, wie sie am Donnerstag in einer Schaltkonferenz beschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, dies solle aber nur gelten, wenn etwa ein Land bereits zum Reiseantritt zum Risikogebiet erklärt worden war. Merkel rief die Bürger dazu auf, auf Reisen in ausgewiesene Risikogebiete zu verzichten – „wo immer es möglich ist“.
Merkel hat außerdem einer Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung über das Jahresende hinaus eine Absage erteilt. Die Mehrwertsteuersenkung ende am 31. Dezember 2020, sagte sie. Dann könnten sich die Bürger auf die Senkung des Solidaritätszuschlags freuen – dieser soll Anfang 2021 für rund 90 Prozent der Zahler abgeschafft werden. Merkel verwies außerdem auf Erhöhungen beim Kindergeld. Sie sprach von einer konjunkturell positiven Anschlussregelung. Die Koalition hatte im Juni beschlossen, die Mehrwertsteuer vom Juli an bis Dezember zu senken, um den Konsum in der Corona-Krise zu stärken. Die Maßnahme kostet rund 20 Milliarden Euro.