Glücksspielrecht in Baden-Württemberg auf dem Prüfstand - was es als Endverbraucher zu beachten gilt

31. Oktober 2018 , 10:44 Uhr

Das Casino Baden-Baden oder die Spielbank Stuttgart sind zwei Beispiele dafür, dass Baden-Württemberg Unterhaltung der etwas anderen Art bietet. Mit dem Glücksspiel ist es allerdings so eine Sache. Was für einen Teil den Hauch des Besonderen hat, würde von anderen gern komplett verboten werden. Besonders stark ist in den letzten Jahren das Glücksspiel an Automaten in den Fokus geraten. Slots – wie die Spielautomaten auch gern genannt werden – haben ein negatives Image. Und dieses färbt auf die Spielhallen ab.

Wie deutlich die Ablehnung bei einem Teil der Bevölkerung (oder besser den Kritikern) ist, zeigen die Äußerungen des Amtsgerichtsleiters Schwäbisch Hall. Dieser hat in der Südwest Presse Spielhallen als „asoziale Einrichtungen“ bezeichnet. Ein durchaus nachhaltiges Statement. Dem Amtsgerichtsleiter stößt sauer auf, dass die Spielhallen für die Allgemeinheit – trotz der Steuereinnahmen – eine finanzielle Belastung darstellen. Die Haltung des Amtsgerichtsleiters zeigt, wie stark das Thema Glücksspiel polarisiert. Umso erstaunlicher ist das Tauziehen in der Politik hinsichtlich klarer Gesetze.

Landesgesetze schaffen Grauzonen

Im Hinblick auf das Thema Glücksspiel ist die Situation in Deutschland eindeutig. Federführend sind die einzelnen Bundesländer, welche Landesgesetze erlassen. An diesem Faktum gibt es nichts auszusetzen, denn die Länder haben Landesglücksspielgesetze erlassen. Und konnten sich (fast) auf eine gemeinsame Linie einigen.

Zentraler Dreh- und Angelpunkt ist in Deutschland der Glücksspielstaatsvertrag bzw. der 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag. Letzterer ist die Basis auch für Baden-Württemberg. Generell gelten seit 2012 über das Landesgesetz strenge Abstandsregeln,  welche zum Beispiel in Karlsruhe im vergangenen Jahr für einige Spielhallen das Aus bedeutet haben.

Das Problem: Auch, wenn die Regelungen für Spielbanken sowie Spielhallen und Wettbüros noch eindeutig sind, wird das Thema Internet zu einem Problem. Hier ist in den letzten Jahren eine Grauzone entstanden. Und die Politik scheint bisher nicht imstande, diese Situation abschließend ändern zu können.

 

 


Die Gesetzeslage in Deutschland zum Thema Glücksspiel ist leider keinesfalls klar und schafft nicht nur in Baden-Württemberg rechtliche Grauzonen. Fotolia.com; Jürgen Fälchle

Sportwetten und Casinos im Internet

Glücksspiel wird als Spiel definiert, welches dem Spieler gegen Zahlung einer Gebühr eine Gewinnmöglichkeit zusichert – an einem vom Zufall bestimmten Ergebnis. Insofern fallen:

unter diese Definition. Entsprechende Veranstaltungen bedürfen einer Genehmigung. Alles andere ist unerlaubtes Glücksspiel, welches weder veranstaltet noch besucht werden darf (zumindest nach dem Dafürhalten des StGB).

Online ist Glücksspiel eigentlich komplett verboten – mit Ausnahme von Sportwetten (Buchmacher können, so zumindest der Plan, eine Lizenz beantragen). Die Betonung muss hier auf dem Wörtchen „eigentlich“ liegen. Deutschland ist Teil der EU. Und als dessen Mitglied gilt für Deutschland die Dienstleistungsfreiheit – und zwar in beide Richtungen. Das Problem: Andere Mitgliedsstaaten wie:

gestatten Online Casinos. Und diese regulär lizenzierten Betriebe haben – basierend auf der Dienstleistungsfreiheit – das Recht Angebote auf deutsche Nutzer auszurichten.

Verbote sind nur in Ausnahmefällen und mit hinreichender Begründung möglich. Und genau hier liegt das große Problem. Juristen sehen die bisherige Argumentation der Kritiker von Online Casinos kritisch. Zwar hält das Bundesverwaltungsgericht an einer ablehnenden Haltung fest. Fraglich ist allerdings, welche Richtung eine Klage beim EuGH nehmen würde.

Bislang hat es – auch aufgrund der starken Unsicherheit bezüglich der rechtlichen Situation – in Deutschland keine nennenswerten Bestrebungen gegeben, gegen Spieler vorzugehen. Einzig der Fall eines Blackjack-Spielers aus Bayern erregte in den letzten Jahren mediales Interesse. Allerdings zeigte das Verfahren sehr deutlich, wie schwierig die Situation in Deutschland ist.

 

Glücksspiel: Die Ultima Ratio

Wann schafft es Deutschland endlich, sich ein belastbares Glücksspielrecht zu verpassen? Diese Frage steht bei Casinobetreibern und Spielern gleichermaßen im Raum. Bisher sieht es allerdings nicht nach einer schnellen Lösung aus.

Inzwischen sind sich die Länder nicht mehr einig, wie es in der Sache weitergehen soll. Schleswig-Holstein hat bereits beim 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag einen eigenen Weg versucht. Das Kuriose: Aufgrund dieses Sonderwegs gibt es tatsächlich Anbieter mit deutschen Lizenzen. Die zweite Ausgabe des Glücksspieländerungsstaatsvertrags, welche eigentlich zum Jahreswechsel in Kraft treten sollte, liegt auf Eis.

Inzwischen sehen neben Schleswig-Holstein noch andere Bundesländer die deutschen Regularien zum Glücksspiel kritisch. Bedeutet: In der Politik stehen sich auf Länderebene zwei Lager gegenüber. Ein Teil hält die bisherigen Regeln für unzureichend, ein anderer Teil scheint damit recht zufrieden zu sein. In einer solchen Gemengelage dürfte es schwierig sein, zu einem Kompromiss zu finden.

Wie schwer sich Deutschland mit diesem Thema tut, zeigen Urteile deutscher Gerichte und des EuGH. Hier hat die Politik sich wiederholt belehren lassen müssen. Eine Änderung Situation könnte aber auch von ganz anderer Seite kommen. Sofern sich die EU dazu durchdringen würde, Regeln für den Bereich Glücksspiel aufzustellen – im Rahmen einer EU-Verordnung – müsste sich auch Deutschland daran halten.

 

Andere Länder, andere Sitten – auch beim Glücksspiel

 


Eine sinnvolle Regulierung würde für alle Beteiligten Vorteile bringen. Fotolia.com; AA+W

In Deutschland gelten auf dem Papier recht strenge Regeln, was das Glücksspiel angeht. Aber: Die Bundesrepublik steht damit nicht allein da. So diskutiert zum Beispiel Österreich über Netzsperren für entsprechende Angebote. Aber auch die Schweiz schaut bei diesem Thema sehr genau hin.

Andere Staaten – auch EU-Mitglieder – sehen den Umgang mit solchen Angeboten entspannter. Vorreiter für die Europäische Union sind in diesem Zusammenhang der Inselstaat Malta und Gibraltar. Zumindest letztgenannte „Enklave“ dürfte bald vom Radar verschwinden. Mit dem Brexit tritt auch das britische Überseegebiet aus der EU aus – was Einfluss auf das Thema Glücksspiel und Dienstleistungsfreiheit hat. Bleibt abzuwarten, ob diese Lücke gefüllt wird.

In Ländern wie den USA oder China hat das Glücksspiel sowie dessen Regulierung eine andere Dimension. Ob nun Las Vegas, Atlantic City oder Macau – dies sind die richtigen Schwerpunkte des Glücksspiels in der Welt. Dies ist möglich, obwohl in den USA nur in den Bundesstaaten New Jersy, Nevada und in einigen Indianer-Reservaten legal Glücksspiel betrieben werden darf. Auch in China ist Glücksspiel bis auf Macau komplett verboten, wobei dieses Verbot nicht so strikt geahndet wird.

 

Was spricht für eine Regulierung?

Ist eine Regulierung im Bereich Glücksspiel gut oder schlecht? Grundsätzlich muss sich in der Debatte davon gelöst werden, dass Regulierung immer mit einem Verbot gleichgesetzt wird. Regulierung versucht, dem Ganzen einen Rahmen zugeben. Damit ist eigentlich ein positiver Ansatz verbunden.

Glücksspiel ist für einen gewissen Prozentsatz der Spieler leider ein Risiko. Es geht bei dieser Aussage weniger ums Verlieren, sondern die Tatsache, dass Spielsucht eine Folge sein kann. Wer die Kontrolle über sein Spielverhalten verliert, droht ins finanzielle und soziale Abseits zu geraten. Die Folge:

Insofern ist die Kritik und eine Forderung nach generellen Verboten nachvollziehbar. Aber: Regulierung kann aus so eingesetzt werden, dass sie Gewinnmöglichkeiten und Spielerschutz versucht unter einen Hut zu bringen. Sobald dieser Spagat gelingt, sorgt eine nachhaltige Gesetzgebung dafür, dass Angebote ohne Lizenz in den Hintergrund rücken. Existiert keine oder eine ausschließlich restriktive Rechtslage, profitieren davon gerade jene Angebote ohne Lizenz.

Zumal ein immer wieder angeführtes Argument – die Vermeidung von Spielsucht – angesichts des Lottomonopols durchaus skeptisch gesehen wird. Solange der Staat private Anbieter ausschließen kann/will, staatliche Angebote allerdings zulässt, wird dieses Verhalten zu Kritik führen. Sofern ausschließlich der Schutz vor Spielsucht Vater des Gedankens wäre, ließen sich entsprechende Rahmenbedingungen über die Lizenzierungsregeln festlegen.

Um sich das Argument Spielerschutz nicht aus der Hand nehmen zu lassen, müssen am Ende als gleiche Regeln für alle gelten. Andernfalls liegt schnell der Verdacht nahe (und dieser wird immer wieder geäußert), dass es mehr um den Schutz der Einnahmen aus Steuern usw. geht.

Fazit: Glücksspiel bleibt in Baden-Württemberg Thema

Nach Feierabend ein kleines Spiel am Automaten oder doch mal ein Besuch am Roulettetisch – was nach gediegener Atmosphäre klingt, hat sich in den letzten Jahren ins Netz verlagert. Zusammen mit der Debatte um Spielhallen ist das Thema Glücksspiel damit wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt – auch in Baden-Württemberg. Angesichts verschiedener Urteile, welche mit den Gesetzesnovellen und Beschlüssen ins Gericht gehen und des EU-Rechts hat sich Deutschland scheinbar in eine Sackgasse manövriert. Gerade im Hinblick auf die Onlineangebote ist es bisher nicht gelungen, für das nötige Maß Rechtssicherheit zu sorgen. Und solange diese Situation anhält, wird die Politik eines sicher nicht erreichen – den immer wieder plakativ vorgehaltenen Spielerschutz.

 

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