Stuttgart (dpa/lsw) – Wer die folgende Erfahrung noch nicht gemacht hat, könnte sie bald machen: Der Magen knurrt und dann ist ausgerechnet die Leibspeise beim Italiener um die Ecke nicht mehr im Angebot – oder, noch schlimmer, das Restaurant hat geschlossen. Um in der Energiekrise zu sparen, ergreifen Gastronomen im Südwesten Maßnahmen. «Optimierung ist eine Daueraufgabe. Aber der wirtschaftliche Druck ist gestiegen, so dass Öffnungszeiten, Speisekarten oder der Personaleinsatz hinterfragt werden», sagte der Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands Baden-Württemberg, Daniel Ohl. Lokale führten zusätzliche Ruhetage ein oder strichen Gerichte von der Karte, die selten bestellt würden, aber Lagerkosten verursachten.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) warnt jedoch davor, den Kampf gegen die Energiekrise auf den Rücken der Beschäftigten auszutragen. Es sei ohnehin schon schwer genug, Personal zu bekommen, sagte der Vorsitzende des NGG-Landesbezirks Südwest, Uwe Hildebrandt. Mit zusätzlichen Ruhetagen werde dies nicht einfacher werden. «Am Ende des Tages wird man niemanden mehr zum Arbeiten in der Gastronomie bewegen können, wenn man die Arbeitszeiten weiter verringert», sagte Hildebrandt. Die Branche müsse Arbeitsverträge anbieten, mit denen die Menschen «über die Runden kommen». Die Gastronomen hatten laut Hildebrandt schon vor der Energiekrise ständig darüber geklagt, dass sie ihre Öffnungszeiten nicht beibehalten können. Dies sei somit nicht nur ein Problem der Energiekrise, betonte der Vorsitzende der NGG im Südwesten.
Vor der Krise habe in der Gastronomie der Energiekostenanteil am Umsatz bei fünf bis zehn Prozent gelegen, sagte Ohl. «Das Gastgewerbe ist seit jeher eine energieintensive Branche. Da wird gekocht, gekühlt und geheizt.» Aber nicht nur steigende Energiepreise, sondern auch gestiegene Warenpreise und Personalkosten machten das wirtschaftliche Arbeiten derzeit schwer. Im September etwa hätten einer Inflationsrate von 9,5 Prozent durchschnittliche Preissteigerungen im Hotel- und Gaststättengewerbe von 7,1 Prozent gegenübergestanden.
Dazu komme, dass derzeit deutlich kurzfristiger reserviert werde als zuvor. Einer deutschlandweiten Branchenumfrage zufolge bezeichneten mehr als 45 Prozent der befragten Unternehmen die Buchungs- und Reservierungslage für die Monate November und Dezember als schlecht, wie der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband mitteilte. Auch Ohl sagte, dass etwa die Buchungen zur Vorweihnachtszeit unter dem Niveau vom Vor-Corona-Jahr 2019 lägen. Daraus könne man aber noch nicht schließen, dass das Weihnachtsgeschäft schlecht wird. Im Sommer habe es eine ähnliche Ausgangssituation gegeben, letztlich hätten aber kurzfristig erzielte Umsätze das Ergebnis deutlich verbessert.
Die robuste Nachfrage trotz gestiegener Preise sei ermutigend, so Ohl. Vielen Menschen sei das Erlebnis in der Gastronomie oder die Erholung im Urlaub offenbar wichtig und sie wollten es aktuell noch nicht streichen, nachdem sie es lange vermisst hätten. Langfristig könne sich die Inflation aber auch hier auswirken.