Gaggenauer Café rechnet Eis grammgenau ab - «Das ist fairer»

14. August 2024 , 12:00 Uhr

Gaggenau (dpa/tk) – Jeden Sommer kostet die Kugel Eis mehr Geld. Ein Gastronom aus Gaggenau hat jetzt ein anderes Abrechnungssystem eingeführt, das kleinen Geldbeuteln gerecht werden soll.

Aufs Gramm genau

Wie die Wurst beim Metzger können Kundinnen und Kunden im Café Brezels in Gaggenau Eis in Gramm-Angaben kaufen. Statt mit pauschalen Preisen für jede Kugel wird mit Hilfe einer Waage genau abgerechnet. «Das ist fairer», sagt Inhaber Michael Böhmer der Deutschen Presse-Agentur. So könnten sich auch Menschen mit weniger Geld ein Eis leisten oder Eltern für Kinder nur eine kleinere Portion kaufen.

Eiskugeln wiegen unterschiedlich viel

Nicht nur über steigende Eispreise wird alljährlich gestöhnt. Auch weit darüber hinaus steigen sogenannte Lebenshaltungskosten. Hier setzt Böhmers Konzept an: «Das ist eine Chance, mit meinen Mitmenschen solidarisch zu sein.» Schließlich säßen Unternehmer an den Preisschrauben. «Das heißt auch Verantwortung der Gesellschaft gegenüber», sagt er. Die Kundschaft könne die Bestellung an ihr Portemonnaie anpassen. Und zahle dann genau für das, was sie bekomme. «Das ist eine gerechte Geschichte.»

Das gilt auch für ihn und seine Buchhaltung. Keine Eiskugel ist identisch:  Teilweise unterschied sich das Gewicht der Kugeln, die seine Mitarbeiterinnen aus der gekühlten Theke holten, um bis zu 30 Gramm, hat Böhmer festgestellt. Alle kosteten aber dasselbe.

Kunden finden es toll

Seit dieser Saison rechnet er das Eis in Gramm ab: 100 Gramm kosten zwei Euro. Als Orientierung gibt er an: Eine Kugel Eis wiegt im Schnitt 80 Gramm, was 1,60 Euro entspricht.

Es dauere ein bisschen, bis die Leute das verinnerlicht hätten, sagt Böhmer. Dabei sei man es an der Fleischtheke gewöhnt, 100 Gramm Salami zu bestellen. Doch während Abrechnen in Gramm in der Wurstwelt geläufig ist, erwischt er beim Eisverkauf manche auf kaltem Fuß. «Ich merke an den Reaktionen: Die sind alle überrascht, aber auch positiv überrascht.»

Bei den Kundinnen und Kunden komme das Konzept gut an. «Man bezahlt nur das, was man kriegt», sagt Sergis Givargis. «Manchmal ist die Kugel größer, manchmal ist sie etwas kleiner.» Steffi Wick lobt: «Ich finde, es ist sozial gedacht, dass sich das jeder leisten kann, was heute nicht mehr eine Selbstverständlichkeit ist. Und deshalb finde ich’s nur toll.»

Tendenz zu kleinerer Portion

Böhmer hat bemerkt, dass Kundinnen und Kunden nun zu kleineren Portionen tendierten, also unter 80 Gramm. Für ihn bedeutet das weniger Umsatz. «Aber es geht um die Gerechtigkeit, die ist viel wichtiger.» Kuriose Bestellungen mit krummen Gramm-Zahlen seien nicht an der Tagesordnung. Eher gehe es um die Frage: Große oder kleine Kugel?

Böhmer räumt ein, dass er das Abrechnen nach Gewicht einführen konnte, weil Eis in dem Café nicht das Hauptgeschäft ausmache. Sonst wäre ein Test vielleicht zu riskant gewesen. Nun hofft er auf Nachahmer und hat beschlossen: «Für mich gibt es kein Zurück mehr.»

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