Karlsruhe (lk) – Jeden Sonntag trifft Martin Wacker prominente Persönlichkeiten aus der Region. Diesmal war der Fußballfunktionär Ronny Zimmermann zu Gast. Er ist Präsident des Badischen Fußballverbands und Vize-Präsident des Deutschen Fußballbundes. Zimmermann hat an der Universität Heidelberg Jura studiert und arbeitet seit 1992 als selbständiger Rechtsanwalt in seiner Kanzlei in Wiesloch. Nebenher lenkt er die Geschicke im regionalen und nationalen Fußball. Die internationalen Einflüsse und die Geldinflation bei den Spielergehältern sieht er sehr kritisch. Wie er es schafft, auf dem Boden zu bleiben und welche Lösungen er für die Vertrauenskrise im Fußball vorschlägt, erfahren Sie hier bei uns.
Ronny Zimmermann hat es vom Amateur-Fußballer in Wiesloch zum Vize-Präsident des Deutschen Fußballbundes geschafft. Der 60-Jährige lenkt beim DFB die Geschicke des nationalen Fußballs mit – unter anderem der Olympiamannschaft, die bei den Spielen 2020 in Tokio aus der U21-Nationalmannschaft bestand. Aber natürlich stehen noch weitere Aufgaben auf seiner Agenda. „Es gibt Erste Vizepräsidenten und normale Vizepräsidenten. Ich gehöre zu den Normalen. Die beiden Ersten Vizepräsidenten Peter Peters und Rainer Koch übernehmen aktuell als Interimslösung die Präsidentschaft, bis ein neuer Kandidat gefunden ist.“ Außerdem ist Zimmermann Präsident des Badischen Fußballverbands, denn im Herzen ist er ein echter Badener: „Ich liebe badische Hausmannskost. Rouladen sind etwas Großartiges.“
In seinen aktiven Fußballerzeiten hat es Ronny Zimmermann bis zum Stürmer in der Oberliga Baden-Württemberg geschafft. Sein erstes großes Vorbild war der legendäre Günther Netzer. „Aber ich bin immer erfolgreicher geworden, je länger ich mit dem Fußball aufgehört hab zu spielen“, lacht Zimmermann. Dem 60-Jährigen spürt man die badische Gelassenheit an. „Ohne diese Gelassenheit würden mir die Ämter deutlich schwerer fallen. Die bringen übrigens auch Jogi Löw und Hansi Flick mit sich.“ Bei der Zukunft des DFB sei jetzt aber Qualität gefordert. „Ganz egal, ob Frau oder Mann an der Spitze. Momentan stehen jedoch erstmal Inhalte an erster Stelle. Derzeit gibt es viele steuerliche Aufgaben des Finanzamtes. Da stehen viele Umstrukturierungen an. Die Frage der Neubesetzung des Präsidenten kommt erst danach.“
Die Vertrauenskrise im deutschen Fußball kann sich der 60-Jährige einfach erklären. „Der nationale Fußball orientiert sich an den ausländischen Ligen. Im internationalen Geschäft nehmen Investoren einen großen Einfluss, die englische Liga sorgt für eine Geldinflation. Dadurch sind schnell Beträge im Spiel, so lang wie eine Kontonummer. Das verdienen die Spieler in einem Monat. Das sehe ich sehr schwierig. Aber Einhalt zu gebieten ist genauso schwierig, da alles im gesetzlichen Rahmen erlaubt ist.“ Zimmermann sieht nur eine Chance in einer gesamteuropäischen Lösung. „Das ist ein sehr komplexes Thema und es ist schwer, alle Interessen unter einen Hut zu bringen.“ Von Eliteligen in Europa oder Weltmeisterschaften alle zwei Jahre halte er persönlich gar nichts.
Auch die verschobenen Olympischen Spiele in Tokio haben Zimmermann nicht überzeugt. Er war als Delegationsleiter der Olympiamannschaft mit dabei. „Wegen Corona wussten wir, dass die Bewegung stark eingeschränkt wird. Wir haben den Begriff `Fünf Sterne Gefängnis´ benutzt. Tatsächlich waren wir außer zu Training, Spielen und zum Essen auf unseren Hotelzimmern gefangen. Das war sehr anstrengend.“ Jedoch habe die Olympiamannschaft der A-Nationalmannschaft einen großen Schritt voraus: „Bei der U21 herrscht schon seit fünf, sechs Jahren ein extremer Zusammenhalt. Dort gehört neben dem Fußball das Menschsein dazu.“ Das habe auch der ehemalige Trainer Stefan Kuntz gelebt. Dieser hat sich jetzt in die Türkei verabschiedet, seine Nachfolge tritt Antonio Di Salvo an. „Da habe ich ein total gutes Gefühl dabei.“