Karlsruhe (mt) – Die Friseure in der Region möchten unbedingt wieder arbeiten. Eigentlich wurde ihnen auch eine Öffnung für den 1. Februar versprochen. Wegen des Corona-Infektionsgeschehens ist es aber nicht dazu gekommen. Viele Friseure haben deswegen massive Existenzängste und werden in die Schwarzarbeit getrieben. Das unmoralische Verhalten einiger Kunden setzt aber auch die Friseure unter Druck, die nicht illegal arbeiten möchten.
Für Eric Schneider, Pressesprecher der Friseur-Innung Karlsruhe, ist die Schwarzarbeit vor allem aus epidemiologischer Sicht furchtbar: „Wenn ein Friseur am Tag zu fünf Leuten nach Hause fährt und dort auf drei, vier Personen trifft und dann weiter zum nächsten und so fort. Dann wäre es eigentlich viel besser, wenn die Leute in die Geschäfte kämen, wo mit Hygiene-Konzepten gearbeitet werden kann. Das ist mittlerweile das größte Problem, was ich mit diesem Thema habe. Als Unternehmer muss ich natürlich Schwarzarbeit sowieso grundsätzlich aufs Schärfste verurteilen. Momentan finde ich die Situation total ungerecht, weil wir in den Läden die perfekten Hygiene-Konzepte haben und größtmögliche Sicherheit für Kunden und Mitarbeiter garantieren können. Bei der Bedienung zu Hause ist das überhaupt nicht gegeben.“
Dieser Meinung schließt sich auch Matthias Ernst, Inhaber des Karlsruher Friseursalon „M. + People – Die Friseure“ an: „Ich glaube nicht, dass im Privatbereich bei der Schwarzarbeit die Hygiene-Maßnahmen so streng durchgeführt werden, wie in einem öffentlichen Betrieb.“ Ernst hat für die Friseure, die schwarz arbeiten, nur geringes Verständnis: „Ich kann das Verhalten vielleicht noch nachvollziehen, wenn man wirklich vor dem Nichts steht und Existenzängste hat. Nicht mehr weiß, wie man seine Miete bezahlen soll. Am Ende vom Monat womöglich vielleicht noch eine Familie ernähren muss und wirklich gar kein Geld mehr hat. Verstehen nein!. Ich habe Gott sei Dank selber nie solche Anfragen bekommen und ich würde es auch nicht machen.“
In der Not, endlich einen Haarschnitt zu bekommen, erfinden die Kunden auch gerne Vorwände: „Wir kriegen natürlich Einladungen zu Kaffee und Kuchen, zum Mittagsessen mit dem Wunsch verbunden, doch noch bitte die Haare geschnitten zu bekommen. Das lehnen wir natürlich alles strikt ab,“ lacht Schneider im Gespräch mit der neue welle. Schwarzarbeit an sich ist laut Schneider im Friseurberuf kein neues Problem: „Schwarzarbeit hat es in unserem Beruf schon immer gegeben. Das ist ja nichts Neues. Im Moment haben wir das Problem, dass dadurch eine massive Ungleichheit entsteht. Es gibt Menschen, die haben die Haare geschnitten und haben buchstäblich die Haare schön und andere haben es nicht. Dadurch entsteht auf die selbstständigen Friseure natürlich ein enormer Druck, weil die Menschen rufen an und sagen: Was ist denn da los? Können wir nicht auch? Kannst nicht auch mal zu mir kommen?“
Denselben Effekt beobachtet der Pressesprecher auch bei Fußballern: „Wenn die Kicker da mit schön geschnittenen Haaren rumlaufen, dann rufen uns die Kunden an. Als erstes die Männer und dann auch noch die Frauen. Das ist natürlich eine Schräglage. Im Allgemeinen bin ich, was die Fußballer betrifft, beim Herrn Streich aus Freiburg, der sagt: ‚Jo, lass doch die Jungs sich die Haare schneiden.‘ Viele von denen machen das auch gar nicht hier. Die sind im Trainingslager und kriegen da die Haare geschnitten. Also persönlich tangiert mich das nicht. Aber der Einzelne kommt unter einen Rechtfertigungsdruck, warum er das nicht auch macht.“ Ernst sieht das hingegen nicht so gelassen: „Bei den Fußballern platzt mir die Hutschnur. Das ist jetzt auch in den Sozialen Medien das Thema. Der Fußballer und die Politiker und wer sich noch alles die Haare machen lässt. Die lassen sich aktuell ja auch tätowieren und alles.“
Mit der Aktion „Licht an, bevor es ganz ausgeht“ haben die Friseure vergangenes Wochenende auf ihre wirtschaftliche Lage aufmerksam gemacht. Die beschreibt Schneider als desaströs: „Wir haben einen großen Unterschied zur Situation in der Gastronomie oder im Einzelhandel. So sehr ich die auch bedaure. Aber bei uns stellt es sich noch mal etwas schwieriger dar, weil wir auf die Dienstleistung am Kunden angewiesen sind. Das heißt, wir können keine To-Go-Geschäfte tätigen. Wir haben die Möglichkeiten von Click & Collect nicht. Dadurch heißt es für die allermeisten Friseure, dass seit Mitte Dezember der Umsatz gleich null ist. Bei uns ist null dann wirklich null.“ So geht es auch dem Friseur-Kollegen Ernst: „Den Zustand hätte ich gestern schon beenden müssen“, erklärt er im Interview mit der neuen welle.
Wie viele Salons die Corona-Krise überstehen, ist momentan noch unklar. Besonders betroffen sind die Friseure, die gerade erst eröffnet haben oder die in der Investitionsphase waren. Der größte Wunsch der Friseure sei es laut Schneider, am 15.02. pünktlich um 8:30 Uhr wieder arbeiten zu dürfen: „Da wäre ein Traum. Darüber hinaus würden wir uns eine finanzielle Unterstützung und zwar in der Form von Soforthilfe wünschen. Weil die einfach direkt und verhältnismäßig unkompliziert bei den Betrieben angekommen ist und da für Liquidität gesorgt hat. Wenn man sechs oder acht Wochen keine Einnahmen hat, ist der Betrieb nicht mehr liquide. Sie müssen für viele Dinge in Vorleistung gehen, Stichwort Lohnzahlungen trotz Kurzarbeitergeld, und das fällt vielen Betrieben ganz schwer.“