Region (svs/la) – Die letzten beiden Jahre verboten, jetzt wieder zugelassen: Während alle Feuerwerks-Fans feiern, appellieren Tierfreunde an die Vernunft der Menschen. Vor lauter Anfragen kann sich der Feuerwerksverkauf Röder nicht mehr retten. Die Leute würden die beiden letzten „verlorenen“ Silvester nachholen wollen, erklärt Mitarbeiter Markus Strasser. Gleichzeitig kämpft der Tierschutzbund für ein bundesweites Verbot von Feuerwerken. Der Schaden sei größer als der Nutzen. Wir haben auf der Straße nachgefragt und sind auf gemischte Gefühle gestoßen. Nicht alle haben das Bedürfnis, Silvester mit einem Feuerwerk zu begehen. „Ich möchte nicht böllern und habe noch nie geböllert. Das ist umwelttechnisch gesehen nicht so toll und der Rauch und die Blitze stressen die Tiere“, erzählt uns ein Passant in der Karlsruher Innenstadt. Die Stadt Karlsruhe hat eine böllerfreie Zone eingerichtet. An Silvester sollen der Schlossplatz und der Marktplatz erneut frei von Raketen und Böllern jeglicher Art bleiben.
Für den Feuerwerksverkauf Röder waren die letzten zwei Jahre schwierig. Sowohl 2020 als auch 2021 war der Verkauf von Silvesterfeuerwerk untersagt. Silvesterknaller und Raketen, die sonst während des Jahreswechsels erhältlich waren, durften nicht an Endkunden abgegeben werden. „Wegen der Corona-Pandemie ist in diesem Jahr vieles anders. Wir müssen darauf achten, dass wir nicht Böller anzünden und die Infektionszahlen explodieren. Das Verkaufsverbot für Silvesterfeuerwerk schützt unsere Krankenhäuser vor Überlastung“, so der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer im Jahr 2020. „Das Zünden war weiterhin erlaubt, zumindest in den meisten Gemeinden. Das hat natürlich dazu geführt, dass vor allem im Ausland gekauft wurde“, so Markus Strasser vom Feuerwerksverkauf Röder. Während 2019 noch 122 Millionen Euro Umsatz mit dem Verkauf von Raketen, Böllern und Co. gemacht wurde, brach die Bilanz die Jahre darauf drastisch ein.
Dieses Jahr kann sich der Feuerwerksverkauf vor Anfragen kaum mehr retten. „Der Run ist groß. Wir sind jetzt schon an der Grenze, dass wir Bestellungen annehmen, die wir noch abarbeiten können. Man merkt die Vorfreude der Leute“, so Strasser. Für ihn ist das Zünden eines bunt-leuchtenden Feuerwerks elementarer Bestandteil eines gelungenen Starts ins neue Jahr. Die Leute hätten das Bedürfnis, die beiden „verlorenen Silvester“ nachzuholen.
Im Trend würden derzeit Verbundfeuerwerke und Batteriefeuerwerke liegen, so der Feuerwerksexperte. Hinter dem Begriff „Verbundfeuerwerk“ verstecken sich mehrere Batterien, die zusammengebunden wurden. Nach dem Anzünden brennt das Feuerwerk dann ungefähr zwei Minuten. „Je nach Geldbeutel gibt es Angebote, die man wählen kann. Nach oben hin ist die Grenze immer offen.“ Einzelne Batterien könne man bereits ab drei Euro erhalten, so Strasser.
Beim Zünden eines Feuerwerks „sollte man einigermaßen oder komplett nüchtern sein“, betont Strasser. Batterien müssten standsicher auf eine ebene Fläche gestellt werden. Am besten gegen Umfallen abgesichert werden sie mit Pflastersteinen – falls spontan griffbereit. „Raketen, die man aus Flaschen zünden möchte, sollte man aus Kästen zünden. Da können sie nämlich nicht umkippen.“ Oberstes Gebot beim Raketenzünden: Das beachten, was als Sicherheitshinweis draufsteht und den Sicherheitsabstand einhalten.
Daniel Strasser rät, sich von sogenannten Polenböllern fernzuhalten. „Grundsätzlich ist nicht jedes Feuerwerk, das man in Polen oder Tschechien kauft, illegal. Es gibt auch da CE zertifiziertes Feuerwerk, das nach diesen Richtlinien geprüft ist.“ Üblicherweise nehme man aber auch gerne mal etwas mit, das in Deutschland nicht legal sei. Bei „Polenböllern“ handelt es sich um Knallkörper mit Blitzknallfüllung. Diese ist in Deutschland nicht erlaubt, weil die Sprengkraft wesentlich höher ist. „Das kann dann zu schlimmeren Verletzungen führen. Abgetrennte Finger inklusive“, mahnt Strasser.
Wir haben auf der Straße nachgefragt und sind auf gemischte Gefühle gestoßen. Nicht alle haben das Bedürfnis, Silvester mit einem Feuerwerk zu begehen. „Ich möchte nicht böllern und habe noch nie geböllert. Das ist umwelttechnisch gesehen nicht so toll und der Rauch und die Blitze stressen die Tiere“, erzählt uns ein Passant in der Karlsruher Innenstadt. Auch der Tierschutzbund kritisiert die Feuerwerkstradition: „Für die Tiere ist das purer Stress, Angst. Sie können sich verletzen oder entlaufen. Das sehen wir immer wieder bei den Katzen, dass da doch einige vermisst gemeldet werden nach der Silvesternacht. Deswegen ist aus Tierschutzsicht das Ganze auf jeden Fall kritisch zu sehen“, so Pressesprecherin Lea Schmitz. Vögel sind besonders betroffen: Wenn um Mitternacht die Feuerwerke in den Nachthimmel geschossen werden und der Himmel einer Discokugel gleicht, schlafen die Vögel eigentlich aufgeplustert auf den Bäumen. Der Lärm lässt sie aufschrecken und sie fliegen panisch mehrere hundert Meter in die Höhe. Der dadurch entstehende Energieverlust kann für Amsel, Taube und Rabe in einer kalten Winternacht tödlich enden.
„Also grundsätzlich darf man als Privatperson der Natur keine Wildtiere entnehmen“, betont Schmitz. Trefft ihr am ersten Tag des neuen Jahres aber auf ein verletztes Reh oder andere Wildtiere in Not, fällt das aber grundsätzlich nicht unter das Verbot: „Sind die Tiere verletzt, darf man sich deren annehmen. Trotzdem sollte man sie dann so schnell wie möglich in eine Wildtierauffangstation bringen.“ Die dort arbeitenden fachkundigen Personen pflegen die Tiere gesund und wissen, wann ein Tierarzt hinzugezogen werden sollte. Befindet sich eine solche Auffangstation nicht in eurer Nähe, kann der Tierarzt übrigens auch eine Anlaufstelle sein.
Der deutsche Tierschutzbund setzt sich für ein bundesweites Feuerwerksverbot ein. In diesem Zusammenhang kooperieren sie mit einem Bündnis der deutschen Umwelthilfe. Ihren Appell richten sie an Innenministerin Nancy Faeser. „Ein Verbot wäre aus Tierschutzsicht, aber auch aus Umweltsicht das Vernünftigste“, so Schmitz. Ein Kompromiss wäre aber ein erster Schritt in die richtige Richtung: „Für was wir uns aussprechen, wäre – wenn überhaupt – ein zentral organisiertes Feuerwerk. Zum Beispiel von der Stadt organisiert.“ Die Tiere könnten den Ort des Feuerwerks dann einfacher meiden. Das ist bei dezentralen, privat ausgerichteten Feuerwerken unmöglich. Außerdem sei es wichtig, auf das Böllern im Bereich von landwirtschaftlichen Betrieben und an Waldrändern ganz zu verzichten.