Das Festspielhaus, das am 18. April 1998 eröffnet wurde, wagte erstmals in großem Stil den Einstieg in eine privatfinanzierte Spitzenkultur. Doch kurz nach seiner Eröffnung stand es wegen Besuchermangels vor einem großen Schuldenberg und vor dem Aus. Nur eine Rettungsaktion von Stadt und Land und der Einsatz des russischen Stardirigenten Waleri Gergijew sicherten das Überleben des Musentempels. Gergijew war es, der den Kontakt zu US-Sponsoren herstellte und dafür sorgte, dass das Mariinski-Theater zum Fixpunkt im jährlichen Festspielprogramm wurde. Drei Jahre später war das Haus dank privater Stifter vom öffentlichen Tropf. «Die Zeiten der Hiobsbotschaften sind endgültig vorbei», verkündete der damalige Intendant Andreas Mölich-Zebhauser. «Wir werden europaweit die erste große Kulturinstitution sein, die ohne jede öffentliche Subvention arbeitet.»
Corona-Zeit gut überstanden
Etwa zu zwei Dritteln finanziert sich das Haus aus Ticketerlösen, ein Drittel steuern Förderer bei. Während der Corona-Zeit gab es wie bei anderen Kulturinstitutionen wegen des Spielverbots öffentliche Hilfen. «Bei uns waren das 12 Millionen Euro, aber auch 20 Millionen Euro private Spenden in der gleichen Zeit. Hier funktioniert die Public-Private-Partnership», so ein Sprecher. Mit rund 100 000 Besuchern wurde im vergangenen Jahr noch nicht die Vor-Corona-Zahl erreicht. Ohne Abo-Struktur braucht es Intendant Stampa zufolge nun ein starkes Marketing. Doch der Kartenverkauf im Jubiläumsjahr läuft gut. Mit der aufwendigsten Inszenierung in seiner Geschichte, der Opern-Neuinszenierung «Frau ohne Schatten» von Richard Strauss hat das Haus zu den Osterfestspielen mit 95 Prozent Platzauslastung ein Rekordergebnis in der Geschichte dieses Festivals erreicht.
Und es hat verlässliche Förderer: über 1500 Freunde, etwa 200 Spender und 35 Stifter. Stampa ist fasziniert, wie viele Privatleute sich mit dem Haus identifizieren. «Diese Bürgerbewegung ist etwas Besonderes. Und es hält uns in Krisen stabil.» Für das baden-württembergische Kunstministerium ist das Festspielhaus als kulturelle Attraktion und als Wirtschaftsfaktor bedeutsam. Es sei ein Solitär in der Theater- und Festspiellandschaft – und was Marketing, Publikumsgewinnung und -bindung sowie das intensive Bemühen um Förderer und Sponsoren angeht, sicher auch vorbildlich.
Strahlkraft für Baden-Baden
Für Baden-Baden und die Region hat das Festspielhaus in über zwei Jahrzehnten eine große Strahlkraft entwickelt. Mit einer Auslastung zwischen 80 und 85 Prozent vor der Corona-Pandemie, einem Jahresumsatz von rund 25 Millionen Euro und jährlich etwa 160 000 Besuchern bringt das Festspielhaus «als kultureller Leuchtturm der Bäder- und Kulturstadt Baden-Baden» nach Angaben der Tourismus GmbH viele Übernachtungsgäste mit hoher Wertschöpfung in die Stadt. Hotels, aber auch Gastronomie und Einzelhandel profitieren davon. Der jährliche Kaufkraftzufluss für die Stadt liegt bei rund 50 Millionen Euro, berechnete die Universität St. Gallen.
Ausgerechnet vor dem Jubiläum wurde bekannt, dass die Berliner Philharmoniker ab 2026 nicht mehr die Osterfestspiele in Baden-Baden bestreiten und wieder nach Salzburg zurückgehen. Intendant Stampa nimmt es gelassen. «Es ist völlig legitim, wenn man sich weiter entwickelt auf beiden Seiten.» Sein Haus hat ihm zufolge auch so genügend Strahlkraft: «Das Festspielhaus ist das Festspielhaus – und das wird es weiter geben.»