Stuttgart (dpa/svs) – Erst eine Strafanzeige, jetzt eine Klage: Die FDP will sich nicht damit abfinden, dass das Innenministerium Ermittlungen gegen den eigenen Minister blockieren kann. Es geht um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens an die Presse und den Vorwurf Geheimnisverrat.
Die FDP-Fraktion will gegen das Nein des Innenministeriums zu Ermittlungen wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen gegen Minister Thomas Strobl klagen. «Wir beauftragen eine renommierte Anwaltskanzlei mit einer Klageschrift», sagte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke in Stuttgart. Ziel sei, dass ein Verwaltungsgericht das Innenministerium dazu bewegt, die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Geheimnisverrats gegen den Minister ermitteln zu lassen. Die FDP reagiert damit auf eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft Stuttgart, wonach solche Ermittlungen nicht möglich seien, weil das Ministerium vor einigen Monaten sein Veto gegen solche Ermittlungen eingelegt habe.
Der CDU-Politiker Strobl steht massiv unter Druck, weil er ein Schreiben des Anwalts eines ranghohen Polizisten an einen Journalisten weitergeleitet hatte. Gegen den Beamten wird wegen sexueller Belästigung ermittelt, er ist vom Dienst suspendiert. Die Opposition hält Strobl vor, mit der Weitergabe des Schreibens mehrere Gesetze gebrochen zu haben. Nachdem Strobl Anfang Mai die Weitergabe des Schreibens eingeräumt hatte, leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts verbotener Mitteilung über Gerichtsverhandlungen ein.
Die FDP-Fraktion hatte die Staatsanwaltschaft per Strafanzeige unter anderem dazu aufgefordert, wegen Geheimnisverrats zu ermitteln. Die Liberalen halten es wie die SPD für einen Skandal, dass die Justiz an ihrer Arbeit gehindert werde. Sie sprechen von «Amtsmissbrauch» durch das Innenministerium. Das Ressort argumentiert dagegen, es handele sich bei dem Schreiben des Anwalts nicht um ein amtliches Dokument und auch nicht um ein Dienstgeheimnis, darum habe man die Ermächtigung für Ermittlungen nicht erteilt.
Der Anwalt des hochrangigen Polizisten hatte kurz vor Weihnachten dem Ministerium ein Schreiben zukommen lassen. Darin bot er der Hausspitze auch ein persönliches Gespräch mit dem beschuldigten Beamten an. Strobl sah darin ein «vergiftetes Angebot». Er habe für «maximale Transparenz» sorgen und verhindern wollen, dass die andere Seite das Schreiben lanciert und der Vorwurf der Mauschelei aufkommt. Die Opposition fordert Strobls Entlassung und strebt einen Untersuchungsausschuss an.