Neue Castoren für Philippsburg
Um welche Mengen geht es?
Vier mit hochradioaktiven Abfällen beladene Castor-Behälter vom Typ HAW28M (HAW = High Active Waste) sollen nach Philippsburg. Die Abfälle werden bei rund 1.100 Grad mit Silikatglas verschmolzen und in zylindrische Behälter aus Edelstahl gegossen, die man Kokillen nennt. Sie können je rund 400 Kilogramm Glasmasse aufnehmen. In einen Castor-Behälter passen 28 Kokillen. Diese sind an sich schon mehr als 100 Tonnen schwer, beladen 115 Tonnen. Das ist in etwa das Eineinhalbfache des Gewichts eines Flugzeugs vom Typ Airbus A300-600.
Wie werden diese transportiert?
Die Castoren sollen jeweils mit einem Eisenbahnwagen vom französischen La Hague in das Zwischenlager Philippsburg gebracht werden. Der Zeitpunkt des Transports wird aus Sicherheitsgründen geheim gehalten.
Kann er noch gestoppt werden?
Beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg liegt ein Eilantrag aus Philippsburg (Az. 10 S 1555/24). Dieser richtet sich laut Bürgermeister Stefan Martus (parteilos) gegen die Änderungsgenehmigungen zur Einlagerung der Castoren. Aus seiner Sicht hätte die in den vergangenen Jahren verschärfte geopolitische Sicherheitslage mehr berücksichtigt werden müssen – und zwar in Form einer Neugenehmigung.
Der VGH will im Laufe des Novembers entscheiden. Sollte die Einlagerung in Philippsburg unrechtmäßig genehmigt worden sein, könnte das Folgen für den Transport haben. Jedoch sieht Franz Wagner vom Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar wenig Erfolgschancen für die Klage. «Der VGH hat bisher fast immer atomfreundlich entschieden.»
Wird es Proteste geben?
Atomkraft-Gegner haben für den 9. November zu Kundgebungen in Karlsruhe und Philippsburg aufgerufen – samt Anti-Atom-Protestfahrt vom Karlsruher Hauptbahnhof nach Philippsburg. Sollte ein Termin für den Castor-Transport doch durchsickern, ist mit weiteren Demonstrationen zu rechnen.
Gibt es Risiken bei den Castoren?
Die Castor-Behälter HAW28M sind massive Konstruktionen aus Gusseisen und Edelstahl. Die Außenwände haben eine Stärke von rund 40 Zentimetern. Ein Deckelsystem aus massiven Stahldeckeln als Schutz erfülle höchste Sicherheitsstandards, so dass der radioaktive Inhalt dauerhaft sicher umschlossen sein soll. Die von den Abfällen ausgehende Wärme wird unter anderem über sogenannte Kühlrippen nach außen abgeführt.
Die Behälter haben Fall- und Feuertests bestanden sowie die Explosion eines gefüllten Tankwagens mit Flüssiggas direkt daneben. Der Behälter sei einige Meter vom Versuchsaufbau entfernt ins Erdreich eingeschlagen, aber dicht geblieben.
Wie sieht es mit radioaktiver Strahlung aus?
Aufsichtsbehörden und unabhängige Gutachtern messen während der Transporte die Strahlung und überwachen, dass Grenzwerte eingehalten werden. Klar definierte staatliche Sicherheitsanforderungen gebe es auch für die Transportmittel sowie für die Durchführung von Beladungen, Umladungen und Einlagerungen, heißt es bei den für den Castor-Transport zuständigen Kernkraftwerksbetreibern. «Die Einhaltung dieser Anforderungen werden ebenfalls von den zuständigen Behörden und ihren Gutachtern unabhängig überwacht.»
Warum ausgerechnet nach Philippsburg?
Philippsburg war ab 1979 vier Jahrzehnte Kernkraftstandort. Die beiden Reaktoren werden seit 2017 beziehungsweise 2020 zurückgebaut. Das Brennelemente-Zwischenlager befindet sich auf dem Betriebsgelände des AKW. Es ist seit 2007 in Betrieb und hat Platz für 152 Behälterstellplätze. Verantwortlich ist die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH. 102 Plätze sind schon belegt.
Ist Philippsburg der einzige Standort?
Atomabfälle aus England sollen auf die staatlichen Brennelemente-Zwischenlager in Biblis (Hessen), Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Isar (Bayern) verteilt werden. Darüber hinaus betreibt die BGZ mehrere Zwischenlager für schwach- bis mittelradioaktive Abfälle an ehemaligen AKW-Standorten in Deutschland. In Baden-Württemberg zählen dazu Obrigheim (Neckar-Odenwald-Kreis) und Neckarwestheim (Landkreis Heilbronn).