Stuttgart (pm/dk) – Die Wilhelma in Stuttgart hat einen sensationellen Erfolg in der Zucht erzielt: Zum ersten Mal in Süddeutschland wurden Koalas in der Terra Australis, die erst im Juli 2023 eröffnet wurde, erfolgreich nachgezüchtet. Die beiden Koala-Weibchen Scar und Auburn können seit wenigen Tagen Nachwuchs im Beutel präsentieren. Bei einem Blick auf die Koalas ist es nicht schwer, ab und zu ein kleines Bein oder sogar ein Köpfchen aus dem Beutel der Mutter herausblitzen zu sehen.
Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin ist begeistert: „Wir sind überglücklich, dass sich bei unseren Koalas schon im ersten Jahr nach ihrem Einzug in die Wilhelma Nachwuchs eingestellt hat. Das ist der beste Beweis, dass wir der sensiblen Art beste Bedingungen bieten.“ Die Zucht der Koalas gilt als besonders anspruchsvoll, da Koalas sehr wählerisch in ihrer Ernährung sind und nur Eukalyptusblätter und -rinde fressen.
Bereits im Mai zeigten die Tierpfleger der Wilhelma, dass das sechsjährige Koala-Männchen Aero Interesse an den Weibchen Auburn (3 Jahre alt) und Scar (5 Jahre alt) hatte. Mehrere Paarungen fanden statt. Im Gegensatz dazu konnte das dreijährige Männchen Navy die Weibchen noch nicht von sich überzeugen. Volker Grün, stellvertretender Direktor der Wilhelma und Kurator der Terra Australis, erklärt: „Geboren wurden die beiden Jungtiere bereits Mitte Juni nach nur 35 Tagen Tragzeit. Die Joeys, so nennen wir den Nachwuchs bei Beuteltieren, waren damals nackt, blind und so groß wie ein Gummibärchen. Direkt nach der Geburt mussten sie in die Beutel ihrer Mütter kriechen, wo sie für uns unsichtbar heranwuchsen.“
Die Koalas sind anspruchsvolle Tiere, da sie sich ausschließlich von Eukalyptus ernähren, wobei nicht jede Eukalyptusart in allen Wachstumsphasen als Nahrung geeignet ist. Die Baby-Koalas erhalten in den ersten Wochen nur Muttermilch. Ab der 22. Lebenswoche fressen sie den sogenannten „Pap“, einen weichen Kot der Mutter, der für die Entwicklung ihres Verdauungssystems entscheidend ist. Erst später können die Jungtiere die eigentlich giftigen Eukalyptusblätter verdauen.
Um die Tiere optimal zu versorgen, bezieht die Wilhelma zweimal wöchentlich frischen Eukalyptus aus einer Spezialgärtnerei. Zusätzlich gibt es ein eigenes Gewächshaus mit rund 100 Eukalyptusbäumchen, falls mal eine Lieferung ausfällt. Aufgrund des hohen Pflegeaufwands sind Koalas in Deutschland und Europa eine Rarität – derzeit werden sie nur in vier Zoos in Deutschland gehalten.
Volker Grün, Ko-Koordinator des europäischen Zuchtbuches für Koalas, erklärt, dass die Tiere in der Wilhelma von der Dreamworld Wildlife Foundation in Australien stammen und nicht näher mit anderen Zoo-Koalas in Europa verwandt sind. „Unsere Nachzucht ist daher ein wichtiger Beitrag zur genetischen Vielfalt der Koalas in menschlicher Obhut“, betont Grün. Wilhelma-Direktor Dr. Kölpin fügt hinzu, dass Koalas aufgrund von Lebensraumzerstörung und Buschbränden in Australien als gefährdet gelten. Die Wilhelma leistet somit einen bedeutenden Beitrag zum Schutz dieser faszinierenden Tiere.
Koalas sind nicht nur ein beliebtes Symbol für den Artenschutz, sondern auch Botschaftertiere für den Klimawandel und die Biodiversitätskrise. „Mit ihrer Hilfe möchten wir das Bewusstsein unserer Besucher für die Auswirkungen des Klimawandels schärfen“, erklärt Dr. Kölpin.