Erster CSD in Pforzheim – ohne Parade, aber mit Regenbogenschupfnudeln

16. Juni 2023 , 04:49 Uhr

Pforzheim (lea) – Es gibt Regenbogenschupfnudeln, Eis und klare politische Forderungen: Mehr Akzeptanz, weniger Hass und Diskriminierung. Mit diesen Anliegen geht die queere Community am Samstag, 17. Juni, in Pforzheim auf die Straße. Beziehungsweise auf den Pforzheimer Marktplatz. Denn dort gibt es den ersten Christopher Street Day (CSD). Organisiert wird die Veranstaltung von „Spotlight“, der ehemaligen Aidshilfe Pforzheim. Die Veranstalter rechnen mit circa 200 Teilnehmern. Bis am Samstag dann aber ein Meer aus Regenbogenflaggen über dem Marktplatz wehen kann, haben die Organisatoren noch einiges zu tun.

Vorbereitungsstress ist fast so groß wie Vorfreude

Um 11 Uhr soll es am Samstag, 17. Juni, dann – endlich – losgehen. Pforzheim bekommt seinen eigenen Christopher Street Day (CSD). Die Freude bei den Organisatoren ist riesig. Trotzdem, ein bisschen Nervosität schwingt bei Planer Caleb Davies von „Spotlight“ mit, als er über sein Herzensprojekt schwärmt: „Wir freuen uns auf alles. Es wird Eis geben, da freue ich mich ganz besonders drauf“, erklärt er mit einem Augenzwinkern. Nur wenige Tage vor dem Event gehen Euphorie und Planungsstress bei Davies‘ Team Hand in Hand. „Was brauchen wir noch alles? Wie viele Leute kommen? Kommt überhaupt jemand?“, zählt der Sozialarbeiter die größten Sorgen der Organisationsgruppe auf.

Ein bisschen peinlich, dass Pforzheim „sowas noch nicht hat“

„Wir haben auf eigene Faust entschieden das zu machen“, so Davies. „Wir“, das ist das Team der ehemaligen Aidshilfe Pforzheim. Vor Kurzem hat sich die Beratungsstelle in „Spotlight“ umbenannt. Der Name, so Davies, entspreche den Angeboten der Stelle besser. „Wir haben gesagt, so ein CSD, das passt in unsere Arbeit und das gibt es hier noch nicht.“ Außerdem sei es schon ein bisschen peinlich, fügt der Sozialarbeiter an, dass Pforzheim, eine sonst so vielfältige Stadt, „sowas noch nicht hat“.

Vielfältiges Programm auf dem Marktplatz

Dieser Mangel wird jetzt ausgemerzt. Mit einer Besonderheit: „Es gibt keine Parade. Da haben wir uns dieses Jahr der Organisation halber dagegen entschieden“, erläutert Davies. Das Fest soll stattdessen auf dem Marktplatz stattfinden. Das Programm zwischen 11 und 18 Uhr ist so vielfältig wie die queere Community selbst: Drag-Artist Startruck Darkness und Drag Queen Betty D. Fort werden auftreten. Und auch DJ Sony Straight gehört zum kulturellen Angebot und wird für Livemusik sorgen. Regenbogenschupfnudeln, Eis und Getränke können erworben werden.

Eine Bühne für alle

„Und dann gibt es eine Open Stage“, fügt Davies an. Wer etwas loswerden möchte, sei es eine künstlerische Darbietung oder eine kleine Rede, kann sich vorab bei den Organisatoren registrieren. Die verteilen Time-Slots von fünf Minuten, die individuell genutzt werden dürfen. Respektvoll und ohne die Bühne zu missbrauchen, versteht sich. Um 20 Uhr startet zudem die Afterparty im Kulturhaus Osterfeld.

Mehr Sichtbarkeit durch öffentliche Veranstaltung

Bisher gab es in Pforzheim die Veranstaltung „City under the rainbow“. Ein Fest im Kupferdächle, von dem der Großteil der Gesellschaft nichts mitbekam. Das soll sich mit dem CSD ändern. Man wolle mit der Bevölkerung feiern, am besten mit der ganzen. „Bei uns sind alle willkommen, die friedlich kommen“, betont Davies. Gleichzeitig dürfe man aber nicht vergessen, dass Pride-Feiern politische Feiern seien. „Die sind ja entstanden, um Sichtbarkeit zu bekommen“, erläutert der Sozialarbeiter. Denn noch immer gebe es viel zu tun: „Transfeindlichkeit ist noch sehr salonfähig. An Haltestellen hört man immer noch homophobe Schimpfwörter unter Jugendlichen.“ Beim CSD werde daher mit einem politischen Statement gefeiert: „Wir sind hier. Und wir wollen die gleichen Rechte.“

Politik unterstützt Vorhaben

Umso wichtiger ist für Davies die Unterstützung aus der Politik. „Damit queere Menschen merken, dass es in der Politik Leute gibt, die uns sehen und die sich für uns einsetzen. Menschen, die sich auch nicht zu schade sind, sich vielleicht an ihrem freien Samstag neben uns zu stellen“, ergänzt er. Eine dieser Politiker, die am Samstag am ersten Pforzheimer CSD teilnehmen werden, ist Katja Mast. Sie ist Erste Parlamentarische Geschäftsführung der SPD-Bundestagsfraktion und unterstützt die Idee eines CSD in Pforzheim.

„Es muss ja niemand teilnehmen am CSD“

An Kritiker der Veranstaltung hat sie eine klare Botschaft: „Es muss ja niemand teilnehmen am CSD. So wie man auch sonst an Veranstaltungen nicht teilnehmen muss.“ Dennoch, betont sie, wünsche sie sich, dass möglichst viele Menschen aus der Region dabei seien. „Alle aktiven Demokratinnen und Demokraten sollten sich Hass und Hetze in Verbindung mit dem CSD entgegenstellen“, fordert Mast. Dass sie am ersten CSD Pforzheims teilnehmen wird, ist für sie selbstverständlich. Denn als Abgeordnete gehöre es dazu, ein deutliches Signal zu setzen.

 

Anzeige
Aidshilfe Pforzheim Christopher Street Day CSD CSD Pforzheim Pride Month Spotlight

Das könnte Dich auch interessieren

07.09.2024 Mann am Hauptbahnhof Karlsruhe mit Messer schwer verletzt Karlsruhe (dpa/jal) – Ein 32-Jähriger ist am Karlsruher Hauptbahnhof von einem Mann mit einem Messer verfolgt und schwer verletzt worden. Ein Zugführer alarmierte am Freitagabend die Integrierte Leitstelle wegen eines Messerangriffs auf einem Bahnsteig, wie eine Polizeisprecherin berichtete. Die Bundespolizei fand beim Eintreffen demnach nur den Verletzten. Wohin der Angreifer flüchtete, war zunächst unklar. 06.09.2024 Knochenfund in Autowrack aus Rhein bei Rastatt: Vermisstenfall von 1986 Rastatt (dpa/svs) - Ein Angler hat, nach vermutlich 38 Jahren, im Rhein bei Rastatt ein versunkenes Auto gefunden - mit menschlichen Knochen drin. Die Polizei hat eine Vermutung zur Identität – es könnte sich um einen Vermisstenfall aus dem Jahr 1986 handeln. Ein DNA-Abgleich soll Klarheit bringen. 06.09.2024 Nach schwerem Angriff in Pforzheim: Verdächtiger festgenommen Pforzheim (dpa/tk) - In der Pforzheimer Innenstadt wird vergangene Woche ein 44-Jähriger bei einer Auseinandersetzung schwer verletzt. Der Täter galt seitdem als flüchtig. Nun kam es zu einer Festnahme. 05.09.2024 Sunny Lake Festival in Ettlingen: Vier Tage Musik und gute Laune am Buchtzig-See Ettlingen (dk) – Vom 5. bis 8. September verwandelt sich der Badessee Buchtzig in Ettlingen in eine Bühne der Superlative. Das Sunny Lake Festival verspricht mit einem hochkarätigen Line-Up und ausgelassener Stimmung das Sommerfinale in der Region gebührend zu feiern. Vier Tage lang wird die malerische Kulisse des Sees zum Treffpunkt für Musikbegeisterte und Partyliebhaber.