Ermittlungen um mögliche Polizeigewalt in Pforzheim eingestellt

20. Mai 2022 , 12:33 Uhr

Pforzheim (dpa) – Nach einem mutmaßlichen Fall von Polizeigewalt bei einem Einsatz in Pforzheim Ende Oktober sind die Ermittlungen eingestellt worden. Es habe sich kein hinreichender Tatverdacht ergeben, teilten das Polizeipräsidium Stuttgart und die Pforzheimer Staatsanwaltschaft am Freitag mit. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Handeln der Beamten rechtmäßig war.

Keine andere Hinweise zum Fall

Zwar seien Schläge gegen den Kopf oder gegen den Körper auch dann grundsätzlich strafbare Körperverletzungen, wenn sie Polizeibeamte verübten. Da es aber keine anderen Hinweise gab, seien die Ermittler im Zweifel zugunsten der Polizisten davon ausgegangen, dass ihr Handeln rechtmäßig und damit nicht strafbar war. Dazu zähle sowohl, dass zwei Beamte den am Boden liegenden 25-Jährigen schlugen, als auch, dass zwei Kolleginnen ihn währenddessen fixierten. Im Polizeijargon nennt man das die Anwendung unmittelbaren Zwangs.

Mann erinnerte sich nicht

Weder die Auswertung der Videosequenzen noch Zeugenaussagen hätten die Darstellung der Polizisten widerlegt. Der 25-Jährige selbst habe angegeben, sich aufgrund seines erheblichen Alkoholgenusses nicht mehr an das fragliche Geschehen erinnern zu können. Die Ermittlungen hatte das Stuttgarter Präsidium übernommen, um Neutralität zu wahren.

Im Herbst Schlagzeilen gemacht

Der Fall hatte im Herbst Schlagzeilen gemacht, weil Videoaufnahmen davon kursierten. Sie zeigten unter anderem einen Polizisten, der einen am Boden liegenden und fixierten Mann schlägt. Der 25-Jährige erlitt laut Polizei leichte Verletzungen. Wiederum habe er einen Beamten so sehr verletzt, dass dieser den Dienst beenden musste.

Polizisten wollten Mann in Gewahrsam nehmen

Hintergrund des Einsatzes war den Angaben zufolge, dass die Polizisten den betrunkenen und aggressiven 25-Jährigen in Gewahrsam nehmen wollten, weil er andere Menschen belästigt haben soll. Dagegen habe er sich massiv gewehrt. Es habe die Gefahr bestanden, dass er nach der Dienstwaffe eines Beamten greife. Im Gerangel habe dann ein Beamter dem Mann „mangels Alternativen Schläge auf den Kopf versetzt, um den Widerstand zu brechen und die Gefahr abzuwenden.“

Verfahren werden oft eingestellt

Derartige Verfahren werden sehr oft eingestellt. Nach Angaben des Innenministeriums Baden-Württemberg gab es in den Jahren 2017 bis Ende April dieses Jahres 2166 Strafanzeigen gegen Polizeibeamte wegen Vorwürfen der Polizeigewalt. Im selben Zeitraum seien in 18 Fällen Polizisten rechtskräftig verurteilt oder Disziplinarverfahren gegen sie verhängt worden aufgrund ungerechtfertigter Gewaltanwendung. 25 Mal seien Strafanzeigen gescheitert, weil die Angeschuldigten nicht ermittelt werden konnten, teilte ein Sprecher mit.

Fälle öffentlich machen

Aus Sicht von Experten ist es aber wichtig, die Fälle öffentlich zu machen. Die Dunkelziffer sei hoch, hatte der Karlsruher Rechtsanwalt David Schneider-Addae-Mensah, der mehrfach schon Opfer von Polizeigewalt vertreten hat, Ende Oktober gesagt. Es sei von Vorteil, wenn es Videomitschnitte der Taten gebe. Nur dann würden sie publik.

Polizeigewalt in Mannheim

Erst Anfang dieses Monats war ein 47-Jähriger nach einer Polizeikontrolle in der Mannheimer Innenstadt im Krankenhaus gestorben. Die Beamten hatten auch hier Zwang angewandt. Ebenfalls kursierten Videos, die den Einsatz zeigen sollen. Zu sehen ist, wie ein Beamter auf den Kopf eines Mannes am Boden einschlägt. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg ermittelt in diesem Fall.

Mann starb in Pforzheim

Kurz danach starb ein Mann in Pforzheim. Seine Lebensgefährtin hatte nach Angaben der Ermittler vermutet, dass das Eingreifen von Beamten vier Tage zuvor auf einem Polizeirevier ursächlich für die Verletzungen sei. Laut vorläufigem Obduktionsergebnis starb der 46-Jährige in der Nacht zum 4. Mai aber an Atemversagen wegen einer Lungenentzündung, möglicherweise in Kombination mit einer Sepsis. Einen kausalen Zusammenhang zwischen einem Sturz im Eingangsbereich des Reviers und dem Todesgeschehen gebe es nicht, hieß es später.

 

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