Erdgas liegt am Puls der Zeit. Als relativ sauberer fossiler Brennstoff mit weltweitem Vorkommen wird er im Gegensatz zu Erdöl und Kohle noch recht lange weitergenutzt werden können, während andere Brennstoff-„Fossilien“ so langsam aus der Energieerzeugung verschwinden. Aber seit wann benutzen wir es eigentlich? Die Antwort wird so manchen überraschen, denn es ist wesentlich länger, als man glaubt.
Kaum ein anderer fossiler Brennstoff hat eine so sichere Zukunft wie Erdgas. Das liegt schon daran, dass der gasförmige Zustand in Verbindung mit dem niedrigen Schadstoffgehalt typische „fossile Probleme“ praktisch negiert. Doch wie sah das eigentlich früher aus? Immerhin lässt sich Kohle ja notfalls per Eselskarren transportieren und Öl in jedes wasserdichte Behältnis füllen – wo man für Gas doch etwas „hochwertigere“ Transportmittel benötigt?
Erdgas vor der Neuzeit
Bei anderen fossilen Brennstoffen wissen geschichtlich Interessierte zumeist ein bisschen etwas. Etwa dass Kohle durch die Dampfmaschine untrennbar mit der Industrialisierung und Öl mit der Mobilisierung der Welt verbunden sind. Doch die Anfänge der Gas-Geschichte liegen in nicht minder ferner Vergangenheit.
Erdgas in Persien: Quellen im heutigen Iran
Schon 4000-3000 Jahre vor unserer Zeitrechnung gab es in dem Gebiet, das heute zum Iran gehört, Gas, das von selbst an die Oberfläche strömte. Kein Wunder, selbst gute 6000 Jahre später sitzt das Land südlich des Kaspischen Meeres immer noch auf der vermutlich größten Gasquelle der Welt.
Mitnichten göttliche Zeichen
Damals wurde das ausströmende Gas vermutlich durch Blitze entfacht. Nun darf man sich ausmalen, welche Wirkung ein loderndes Feuer ohne erkennbaren Brennstoff auf damalige Menschen hatte. Sie interpretierten sie als göttliche Zeichen. Der eigentliche Grund war natürlich lapidarer. Das unter Druck stehende Erdgas lag an dieser Stelle einfach nur in geringer Tiefe und konnte so nach oben entweichen.
Erdgas in China: Salzgewinnung in modern
Die meisten christlichen Kulturen hatten keinen Nutzen für Erdgas. Vornehmlich deswegen, weil sie es nicht transportieren konnten – es würde sich ja binnen Augenblicken aus einem offenen Behältnis verflüchtigen. Eine Ausnahme machten die Chinesen. Während der sogenannten Zhou-Dynastie, also um das Jahr 900 v.Chr., wusste man im Reich der Mitte ebenfalls um solche wilden Gasquellen. Man nutzte sie ganz praktisch – zum Erhitzen von salzigem Wasser aus Solequellen und dem Meer.
Das Wasser verkochte und zurück blieb das Salz. Ähnlich funktioniert es auch heute noch, in anderen Regionen hingegen war die langwierige natürliche Trocknung in Ermangelung anderer Möglichkeiten das Mittel der Wahl.
Erste professionelle Förderung
Die Chinesen waren es auch, die als erstes merkten, dass man die Leistungsfähigkeit solcher Gasquellen steigern kann, indem man in die Erde bohrt. Was heute mit diamantgekrönten Bohrköpfen geschieht, musste damals mangels Alternativen mit Bambusrohren geschehen. Das war zwar wenig effektiv, aber gleichsam hatten die Chinesen auch so bereits das Prinzip des Bohrturms sowie der Pipeline erfunden – auch wenn die „Türme“ wenig mehr waren als einige Meter hohe Holzgestelle.
Aber die chinesischen Entdeckungen ermöglichten es erstmalig, Gas von der Quelle weg zu befördern und somit einen gewaltigen Schritt in Richtung Nutzbarkeit zu machen, der im Reich der Mitte noch bis ins Mittelalter anhielt.
Erdgas in Nordamerika: Brennende Quellen
Angesichts der Tatsache, dass Erdgas praktisch weltweit vorkommt, verwundert es nicht, dass ähnliche Quellen auch aus Nordamerika bekannt sind – mangels einheitlicher Ureinwohner-Schriften muss man sich jedoch auf Berichte der ersten Siedler verlassen. Hier sind es die Niederschriften von Missionaren aus Frankreich aus dem frühen 17. Jahrhundert, die von Feuern auf Wasseroberflächen berichten – ein klarer Hinweis auf ausströmendes Gas.
Der erste Gas-Begriff: Johan Baptiste Helmont
Doch obgleich Erdgas zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere tausend Jahre bekannt war, gab es keinen Begriff, der das Phänomen als solches beschrieb – denn man wusste schlicht noch nicht um den einzigen unsichtbaren Aggregatszustand „gasförmig“.
Das änderte erst der flämische Universalgelehrte Jean Baptiste van Helmont (1580-1644). Er war nicht nur der erste, der Forschungen in Richtung der Photosynthese betrieb, sondern „erfand“ auch den Begriff des Gases – nach diversen Experimenten.
Die Laterne des Philippe Lebon
Doch auch wenn van Helmont den Gasbegriff prägte, war er es nicht, der den „Dunst aus der Erde“ für die frühe Neuzeit nutzbar machte. Diese Ehre gebührt dem französischen Ingenieur Philippe Lebon d'Humbersin (1767-1804). Strenggenommen erfand und nutze er zwar kein Erdgas, aber eine andere Form Brenngas, nämlich sogenanntes Leuchtgas, das aus der Vergasung von Kohle gewonnen wurde.
Genauer gesagt nutzte Lebon das Gas, das im Übrigen schon van Helmont in seinen Experimenten – unwissentlich – „erfunden“ hatte, um damit Lampen zu betreiben. Der erste Kunde, ein Pariser Hotel, benötigte noch eine eigene Kohlevergasungsanlage im Keller, um damit die Lampen in den einzelnen Zimmern bedienen zu können, aber der Anfang war getan.
Albert Winzer gründet eine Gasgesellschaft
Diese Gaslaternen begeisterten den deutschstämmigen Albert Winzer. Nachdem er Lebons Gaslaternen Anfang des 19. Jahrhunderts eingehend studiert hatte, überzeugte er einige der mächtigsten Männer Europas, dieses Prinzip zur Beleuchtung ganzer Städte zu verwenden.
Er gründete 1812 seine Gaslight and Coke Company in London – mit der er einen ganzen Straßenzug vor seinem Haus beleuchtete.
Im Nebel – die Gaslaternen Londons
Und schon 1819 waren im Innenstadtbereich Londons über 450 Kilometer Rohrleitungen verlegt, die insgesamt 51000 Laternen mit Gas versorgten – wohlgemerkt immer noch das aus Kohle gewonnene Gas. Denn obgleich man im Europa dieser aufstrebenden Epoche um Erdgas wusste, mangelte es nach wie vor an der Logistik – eigene Quellen gab es nur wenige und hätte man Gas importieren müssen, hätte sich das Ganze nicht mehr rentiert. Allerdings konnte die vorhandene Infrastruktur am Ende des 19. Jahrhunderts dazu genutzt werden, nahtlos auf eine Erdgas-basierende Beleuchtung umzusatteln.
Gas aus Murrysville
Die erste echte Erdgasanwendung fand indes in den USA statt. Dort hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts Pittsburgh als Zentrum der Schwerindustrie etabliert. Zwar wurden Stahl und Co. dort hauptsächlich mit Kohle „gekocht“, aber keine 40 Kilometer entfernt strömte in Murrysville Erdgas aus dem Boden.
Das nutzten einige Findige, um ein Rohrnetzsystem zu bauen – in der Nachbetrachtung die erste moderne Pipeline und damals vor allem eine extrem günstige Möglichkeit, an einen kostenlosen, energieintensiven Brennstoff zur Stahl- und Glaserzeugung zu gelangen.
Eine zündende Idee aus Frankreich: Der Gasmotor Etienne Lenoirs
Schon Philippe Lebon hatte mit Motoren experimentiert, die durch Leuchtgas angetrieben wurden. Doch wirklich zu vollen Ehren brachte erst der Luxemburger Etienne Lenoir (1822-1900) die Idee. Sein 1860 patentierter Gasmotor war zwar nicht wirklich wirtschaftlich – das lag jedoch nicht am Gas, sondern viel mehr daran, dass Lenoir praktisch eine „verkehrt herum“ angetriebene Dampfmaschine konstruiert hatte. Auch wenn sein Werk oftmals verkannt wird, war dieser Gasmotor nicht nur ein wichtiger Meilenstein in der Gasnutzung, sondern auch des Verbrennungsmotors.
Nikolaus Otto und sein Patent
Freilich beginnt für viele Motorenthusiasten die Erfolgsgeschichte des Verbrenners mit Nikolaus Otto (1832-1891). Zwar kennt man ihn vor allem wegen der Erfindung des Viertaktprinzips – nach dem auch praktisch jeder heutige Automotor läuft – sowie der Nutzbarmachung des „Ottomotors“, also einem, der mit Benzin angetrieben wird, aber Nikolaus Otto brachte auch den Gasmotor zur Vollendung.
Otto wusste von Lenoirs Erfindung und war so von ihr eingenommen, dass er ein funktionsfähiges Modell baute. Doch im Gegensatz zu Lenoir erkannte Otto die Schwächen und merzte sie so lange aus, bis sein Gasmotor serienreif war. Allerdings war der Ingenieur gleichzeitig auch völlig pleite und seine Erfindung in Gefahr.
Deutz – vom Gasmotor zum Traktor
An diesem Punkt kam der Ingenieur Eugen Langen (1833-1895) ins Spiel. Er war Sohn eines Zuckerfabrikanten und somit mit wesentlich mehr finanzieller Potenz als Otto versehen. Nachdem er die Bedeutung der Otto’schen Erfindung erkannt hatte, gründeten die beiden die N.A. Otto & Cie. – das erste Motorenwerk der Welt, hinter dem Kölner Hauptbahnhof gelegen.
Nachdem weitere Investoren eingestiegen waren, wurde daraus die Gasmotorenfabrik Deutz AG – nicht nur der Namensgeber des Kölner Stadtteils, sondern zweitweise auch einer der größten Motoren- und Maschinenproduzenten der Welt.
Erdgas im 20. Jahrhundert
Doch obschon Motoren damit liefen, Städte beleuchtet und Stahl gekocht wurde, wirklich verbreitet war Erdgas Anfang des 20. Jahrhunderts noch nicht – was aber nur an der direkten Verfügbarkeit lag, die im Vergleich zu Kohle eher schlecht war.
Funde in Europa
Zufall von Neuengamme
Im Jahr 1910 spielte dann der Zufall mit: Im Hamburger Stadtteil Neuengamme wurde bei Ausgrabungsarbeiten statt Wasser Erdgas entdeckt– und zwar mit einem so gewaltigen Druck, dass sämtliche Eindämmungsversuche erfolglos blieben und das Gas sich als „Flammenkreuz von Neuengamme“ mit einem gewaltigen Schlag entzündete. So wurde der ehemals agrarisch geprägte Ort rasch zu einem Zentrum der Erdgasförderung in Mitteleuropa – übrigens wird dort auch heute noch gefördert.
Staatliche Regelungen
Interessant an diesen frühen Tagen ist vor allem die totale Abwesenheit von Vater Staat. Weder gab es Besteuerungen, noch sonstige Regulierungen bei Suche und Förderung des Erdgases.
Kostbares Abfallprodukt: Abfackelung bei der Erdölförderung
Was heute unbegreiflich ist, war jedoch in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg und teilweise noch bis in die 1990er und darüber hinaus Usus. Denn Erdgas und –öl entstehen nicht nur durch ähnliche Prozesse, sie lagern auch meist dicht beieinander.
Doch während Erdöl ab den 1920ern zum „Welttreibstoff“ avancierte, war Erdgas vor allem als Druckerzeuger zu gebrauchen, der das Öl aus den Bohrlöchern beförderte – hernach war es nutzlos, es wurde gesammelt und dann kontrolliert abgefackelt. Abermillionen Tonnen des wertvollen Brennstoffeswurden so buchstäblich verfeuert.
Panzermotoren einfahren – mit Erdgas
Das man Gas im Vergleich zu erdölbasierenden Kraftstoffen auch nur als Ersatz ansah, zeigt sich an einem Kuriosum aus dem Zweiten Weltkrieg: Das an Öl sehr knappe deutsche Reich brauchte jeden Tropfen Benzin an der Front – insbesondere die Panzermotoren mussten jedoch nach dem Bau mindestens einige hundert Kilometer eingefahren werden. So verfiel man auf die Idee, dafür Erdgas als Treibstoff zu verwenden.
Es wird warm: Der Wiederaufbau als Förderer von Gasleitungen
Vor dem Krieg wurde in den allermeisten Fällen nur mit Kohle geheizt und gekocht, wo Gasleitungen in den Straßen lagen, dienten sie zur Beleuchtung der Straßenlaternen. Doch mit dem großen Neubau erkannten die Stadtväter in ganz Europa, dass dies auch die einmalige Gelegenheit war, en gros Gasleitungen zu verlegen und so jedes Haus an diese Energiequelle anzuschließen.
Die ersten Gebäudeheizungen
So dauerte es noch bis in die späten 1950er, bis in den ersten deutschen Häusern gasbetriebene Zentralheizungen mit einem bis daher ungekannten Komfort die Beheizung und Warmwasseraufbereitung übernahmen – während in ebenso vielen Küchen der Herd nun mit einer perfekt regulierbaren Gasflamme dafür sorgte, dass Speisen viel seltener anbrannten. Auch heute, im Zeitalter von Ceranfeld- und Induktionsherden, setzen Kochprofis nach wie vor auf das direkt heiße und besser zu regulierende Erdgas.
Kostbares hat seinen Preis: Die Bindung an den Ölpreis
Wie schon erklärt liegen Erdöl und Gas bei der Förderung sehr eng beieinander. Da verwundert es auch nicht, dass über weite Strecken die Preise für beide Brennstoffe Hand in Hand gingen. Als Gas noch als „Abfallprodukt“ gesehen wurde, war es extrem billig. Heute jedoch wird es verwendet für: Erzeugung von Strom in Gaskraftwerken, Antrieb von Autos, Erdölgewinnung (Einpumpen um Druck zu erzeugen), Rohstoff der chemischen Industrie, Erzeugung von Wärme in Haushalten.
Und gerade weil auch Erdgas als ein Produkt des Marktes den Grundsätzen der Marktwirtschaft entspricht, steigt sein Preis mit der Anzahl von Verwendungszwecken und der Zahl der Abnehmer – aus diesem Grund kippte der Bundesgerichtshof 2010 die Endverbraucherbindung der Gas- an die Ölpreise – was aber nicht heißt, dass diese nicht allein durch förderungstechnische Tatsachen sich nicht ähneln würden.
Gaspreisentwicklung
Gut zu sehen ist das anhand der Gaspreisentwicklung. 1970 kosteten 1 Million British thermal units (Abgekürzt: MMBtu – 1MMBtu = 293kW/h) ganze 17 US-Cent. 2015 lag der Preis zeitweilig bei 3,35 Dollar. Die Verbraucherpreise für Erdgas lagen daher im gleichen Jahr hierzulande bei rund 7,11 Cent pro Kilowattstunde – der Unterschied zu den MMBtu-Zahlen erklärt sich vor allem durch: Aufrechnung einer Gewinnmarge, Abgaben für den Netzbetreiber, Vertriebskosten, Erdgassteuer, Förderabgaben und Mehrwertsteuer.
Vor allem im Lichte der Tatsache, dass man in Berlin auch gerne den Steuervorteil für Gas-PKW kippen möchte, zeigt sich, dass der Handelspreis von Gas zwar sinkt, der Endverbraucher jedoch nicht zwingend davon profitiert.
Die Ölkrise und ihre verspätete Auswirkung
Öl- und Gaspreis sind verbunden, aber „nicht richtig“. Um das zu erklären, muss man einen Blick ins Jahr 1973 werfen. Damals gab es die erste Ölkrise, nachdem die OPEC sich zu einer Förderungsdrosselung um fünf Prozent entschlossen hatte, um gegen westliche Unterstützung Israels im sogenannten Yom-Kippur-Krieg zu demonstrieren.
Die Ölpreise stiegen in Folge dessen rasant an – der Ölpreis hingegen reagierte eher träge und durchbrach erst 1979 die Ein-Dollar-Schallmauer.
Aber die Krise war auch dafür verantwortlich, dass der Westen wieder verstärkt in eigenem Gebiet explorierte und somit direkt auch dafür, dass etwa Norwegen heute ein echter Erdgas-Gigant ist, der mehr fördert, als Saudi-Arabien.
Erdgas heute
Heute ist Erdgas durch sichere Transportmöglichkeiten und eine Vielzahl von Anwendungen nicht mehr wegzudenken. Doch wie beim Öl sind auch beim Gas die Tage des freien Ausströmens vorbei.
Auf der Suche nach Lagerstätten: Wie geht Erdgasexploration?
Ein Großteil des bislang geförderten Gases liegt in konventionellen Lagerstätten – also in porösem Gestein. Um das zu finden, arbeiten Geologen mithilfe seismischer Verfahren, die auf reflektierten Schallwellen beruhen. Dadurch erkennt man poröses Gestein und auch seine Mächtigkeit.
Im nächsten Schritt werden Probebohrungen durchgeführt, die nicht nur die Gewissheit bringen ob Gas vorhanden ist, sondern auch wie viel.
Ölreserven = Gasreserven?
Weil viele Gasvorkommen auf Ölvorkommen aufsitzen, ist es ein verbreiteter Irrglaube, dass die Gasreserven mit denen des Öls gekoppelt wären. In Wahrheit gibt es auch eine Menge unkonventioneller Lagerstätten, in denen das Gas in Gestein eingeschlossen ist – das kann, muss aber nicht in der Nähe von Ölvorkommen sein.
Aufgrund seiner geringeren Dichte gibt es mehr Gas als Öl – für letzteres wird eine verbliebene Reichweite von etwa 140 Jahren prognostiziert, während es beim Gas 260 und mehr Jahre sind.
Weltförderung
Dafür, dass Erdgas lange brauchte, bis es aus den „Startlöchern“ kam, ist seine Förderung heute gigantisch: 1970 noch wurde Erdgas, das tatsächlich verwendet wurde, in einer Menge von rund einer Billion Kubikmeter gefördert – heute sprechen wir von 3,5 Billionen m² – Tendenz steigend.
Erdgasförderung: Konventionelle Lagerstätten
Konventionelle Lagerstätten sind am einfachsten zu leeren: Sie werden einfach angebohrt und so lange Erdgas entnommen, wie der Druck ausreicht – dadurch, dass das Gas leichter ist als Luft, steigt es von selbst, bis die Lagerstätte leer ist.
Unkonventionelle Lagerstätten
Bei unkonventionellen Lagerstätten muss mehr Aufwand betrieben werden, etwa in unterseeischen Gashydrat-Lagerstätten, in denen das Methan durch Kälte und Druck zu einer Art Eis geworden ist oder in Form von Schiefergas, das in festen Gesteinsschichten sitzt und deshalb durch Maßnahmen wie hydraulisches Fraktionieren aus diesem Gestein „gebrochen“ werden muss.
Richtig tief hinab
Weil heutzutage viele rentable Lagerstätten an unzugänglichen Orten liegen, muss dazu vergleichsweise tief gebohrt werden – das ist zwar technisch anspruchsvoll, aber immer noch einfacher und weniger umstritten als beispielsweise das Fracking. Bei Erdgas sprechen wir hier (aktuell) von Tiefen bis zu sechs Kilometer unterhalb der Oberfläche – Öl hingegen findet sich meist in „nur“ zwei bis vier Kilometern Tiefe.
Offshore
Immer größere Bedeutung hat dabei die „Offshore“-Förderung, also „vor der Küste“. Einfach weil hier nicht nur die größten Gasfelder unter dem Meeresboden liegen, sondern weil man dort meist nicht so tief bohren müsste, wie auf dem Festland.
Erdgasaufbereitung
Trocknung
Doch ganz gleich, wo das Gas gefördert wird, in seinem Ursprungszustand ist es ähnlich wenig verwendbar wie Erdöl – es muss aufbereitet werden. Den ersten Schritt dazu macht die Erdgastrocknung:
· In der ersten Variante wird dazu das Gas mit Glykol versetzt, das entzieht das Wasser aus dem Gas.
· Die zweite Variante ist das Molekularsieb – das Gas wird durch einen Wärmetauscher geleitet, an dem die Wassermoleküle „kleben“ bleiben.
Vor allem die letztgenannte Methode ist sehr effektiv und hinterlässt ein weitgehend wasserfreies Gas.
Abtrennung von Zusätzen
Wasserfrei ist aber nicht gleichbedeutend mit rein – denn im Erdgas stecken auch noch eine Menge Kohlenstoffdioxid, Schwefelwasserstoffe und Stickstoff. Diese werden nun ebenfalls auf chemischem Weg abgefiltert – übrig bleibt das reine Erdgas.
Synthetische Treibstoffe
Das Erdgas könnte so bereits verbrannt werden – doch mit praktisch jeder Ölknappheit gab es immer wieder Forscher, die versuchten, aus Kohle oder Erdgas flüssigen Treibstoff zu generieren. So auch beim GTL (Gas-to-liquid)-Verfahren. Dabei wird auf der molekularen Ebene das Gas so umgebaut, dass daraus Kraftstoffe ähnlich wie Benzin entstehen. Aus dem Oberstufen-Chemieunterricht kennen das manche Leser vielleicht noch als Fischer-Tropsch-Verfahren.
Erdgastransport: Pipeline
Seit die alten Chinesen ihr Gas durch Bambusleitungen führten, hat sich in Sachen Pipelines viel getan – und doch auch nicht. Aber der Reihe nach: Gas wird auch heute noch meist fernab vom Verbraucher gefördert, sei es in der sibirischen Einöde oder mitten auf See. Dort muss bereits die Trocknung erfolgen, weil das Gas ansonsten nicht durch die Pipelines geschafft werden könnte. Wenn es also gereinigt wurde, wird das Gas in die Röhren gepumpt – diese haben einen Durchmesser von bis zu einem Meter und mehr und erlauben es, täglich mehrere Millionen Kubikmeter über hunderte von Kilometern zu transportieren. Bis an einen Zielpunkt.
Schiffe
Und weil ebendieser Zielpunkt meist immer noch weit weg vom Verbraucher liegt, wird das Gas nun in Erdgastanker verladen – jedoch in flüssigem Zustand. Denn würde man das Gas einfach so in die Schiffe pumpen, benötigte man nicht nur unglaublich aufwändige und teure Druckbehälter, sondern bekäme auch nur einen Bruchteil der Gasmenge hinein.
Die Lösung ist, das Gas auf unter -160°C zu kühlen und den Druck zu erhöhen und es so zu „Liquid Natural Gas“ (LNG) zu verflüssigen – dadurch muss das Gas auf See nur noch gekühlt werden und es passen fast eine Viertelmillion Kubikmeter des Brennstoffes in die Schiffstanks – und die Druckbehälter können einfacher ausfallen.
Gasspeicher
Im Zielland angekommen, muss das Gas nun wieder gespeichert werden – es wird ja nicht direkt auf einen Schlag verbraucht. Kurioser Weise muss es nun wieder dahin, wo es herkam: in die Erde. In fast allen Industrieländern, auch in Deutschland, existieren gigantische unterirdische Speicheranlagen. Dort hinein wird das nun wieder gasförmige Erdgas gepumpt – bis es dann nach und nach seinen Weg in die Zuleitung von Häusern, Kraftwerken und Tankstellen antritt.
Zusammenfassung & Fazit
Aufgrund seiner technisch komplexeren Handhabung kann Erdgas zwar nicht auf eine so lange Geschichte wie das Öl zurückblicken. Doch nicht nur, weil das langsam zur Neige geht, hat Erdgas mit Sicherheit noch eine wesentlich längere Zukunft. Heute weiß man um die Technologien, die notwendig sind – deshalb steht Erdöl eher am Ende seiner Nutzung, wohingegen Gas noch nicht einmal auf dem Höhepunkt angelangt ist.
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