Enzkreis (pm/jal) – Der Enzkreis kauft das Galeria Kaufhaus Gebäude und plant den Bau für ein Sozialdezernat der Stadt. „Das war knapp“, sagt Landrat Bastian Rosenau. „Nur um Tage, vielleicht sogar Stunden sind wir anderen Interessenten zuvorgekommen.“ Allerdings stünden nach der heutigen Unterzeichnung der Vorverträge für das Galeria-Kaufhof-Gebäude in der Pforzheimer Innenstadt nun noch umfangreiche Verhandlungen an, unter anderem, was den Innenausbau des Kaufhauses betrifft.
Die Nachricht schlug in der Kommunalpolitik von Stadt und Kreis ein wie eine Bombe, nachdem die Pforzheimer Stadtbau ebenfalls diese Woche verkündet hat, das Sinn-Leffers-Gebäude in der Innenstadt zu kaufen und dort ein „Sozialrathaus“ zu errichten. Investoren wie Ten Brinke, der die City Ost („Schloßberghöfe“) baut, oder der Österreicher Alexander Degen (Papierfabrik Dillweißenstein) haben beim Galeria-Gebäude in der Fußgängerzone nun das Nachsehen. Auch Überlegungen in Stuttgart für eine Landeserstaufnahme (LEA) mitten in der Stadt Pforzheim sind damit vom Tisch. Bei Ten Brinke hatte man schon vom Durchbruch nach Westen geträumt; das Projekt Galeria trug intern den Arbeitstitel „City Mitte“. Stattdessen tut sich der Enzkreis für die Immobilie mit dem Freien Träger miteinanderleben (ml) zusammen. ml will sein „Sozialkaufhaus“ in der Oststadt so schnell wie möglich in die Innenstadt verlagern, um die Kundenfrequenz zu erhöhen. Außerdem soll der Träger die frühere Selbstbedienungs-Gastronomie im Untergeschoss (ehemals „Kupferspieß“) als Inklusions-Restaurant reaktivieren; es wird dann vor allem als Kantine für die Enzkreis-Beschäftigten dienen.
„Wir wollen in dem Gebäude vor allem das Sozialdezernat unterbringen“, sagt dessen Leiterin Katja Kreeb. Sie war beim Verhandeln mit ml dabei und sieht viele Synergie-Effekte. Aufgrund der zentralen Lage sei die neue Dependance für Enzkreis-Bürgerinnen und Bürger sehr gut erreichbar. „Und wer schon mal da ist, kauft vielleicht auch bei ml oder sogar in den umliegenden Geschäften ein“, gibt sich Kreeb zuversichtlich. „Die Immobilie bietet hervorragende Möglichkeiten für uns“, sagt auch Bastian Rosenau: Im Erdgeschoss sollen eine zentrale Anlaufstelle, Besprechungsräume und weitere Front-Office-Räume eingerichtet werden. Die komplette erste Etage soll den alten Namen in die Zukunft tragen und zur „Galeria Enzkreis“ werden. Dort will Rosenau in wechselnden Ausstellungen die umfangreiche Kunstsammlung des Kreises präsentieren. „Dass es keine Fenster gibt, ist eindeutig ein Vorteil für die wertvollen Stücke,“ sagt er, weil man sie so ausleuchten könne, wie es ihnen zukomme. In den oberen Etagen werden Beschäftigte ohne Kundenkontakt arbeiten. Im Pavillon, der früher die Heimtextilien von Kaufhof beherbergte, könnte ein neuer großer Sitzungssaal eingerichtet werden – „voll verglast und damit maximal transparent“, betont Rosenau. Der Landrat tritt damit Vorwürfen entgegen, er habe den Deal „mal wieder ohne Beteiligung der Kreispolitik eingefädelt.“
„Wir sind in intensiven Gesprächen mit der Sparkasse“, erklärt der Kreis-Chef auf die Frage, was aus den Neubau-Plänen in der Nordstadt wird. Wie mehrfach berichtet, will die Sparkasse dort neben dem Landratsamts-Gebäude einen Verwaltungsbau errichten, den der Enzkreis mieten soll. Einfach aufgeben wolle man die Pläne keinesfalls, betonen beide Seiten. „Aber zum einen sind die Planungen inzwischen so alt – da kommt es auf weitere fünf bis acht Jahre Verzögerung nicht an“, wie Rosenau ausführt. Immerhin habe sein Vorgänger Karl Röckinger angekündigt, den ersten Spatenstich noch in seiner Amtszeit auszuführen – und die endete bekanntlich im Januar 2018.Rosenau geht zum anderen davon aus, dass sein Brandbrief nach Berlin und Stuttgart ungehört verhallen wird. „Vermutlich werden wir in den kommenden Jahren noch einen erheblichen Aufgabenzuwachs auf der Landkreisebene erleben“, so der Landrat. Daher werde der Enzkreis schon recht bald weitere Büroflächen benötigen; perspektivisch kalkuliere man mit insgesamt etwa 1.600 Beschäftigten.
„1993 wurde das Gebäude an der Güterstraße in der Nordstadt bezogen, nur zwei Jahre später reichten die Räume bereits nicht mehr aus“, erinnert sich auch Miriam Mayer, die das Amt für Technische Dienste leitet. Mayer berichtet von einer unterirdischen Verbindung zwischen dem neuen Landratsamt und dem alten am Blumenhof: „Der Tunnel war zusammen mit dem Neubau gegraben worden, um Dokumente und die damals gut gefüllte Kreiskasse sicher vom alten ins neue Gebäude bringen zu können.“ Nach 1993 geriet die Anlage, die Bahnhof und Bahnlinie unterquert und im Parkhaus des Landratsamts endet, in Vergessenheit. Nun könnte sie jedoch eine Renaissance erleben: „Wir stellen uns vor, dass der Tunnel bis etwa zum Dreitäler-Brunnen verlängert wird und dann barrierefrei in einen überdachten Glasgang übergeht“, sagt Mayer. Architektonisch würde dadurch ein Motiv der preisgekrönten Architektur des Landratsamts aufgenommen und eine auch optische Verbindung zwischen den beiden Teilen der Kreisverwaltung hergestellt. „Eine Glasgalerie zur Galeria Enzkreis“, wie Bastian Rosenau nicht ohne Stolz formuliert.