Mannheim/Berlin (dpa) – Der Tod eines jungen Polizisten nach einer Messerattacke in Mannheim hat bundesweit Bestürzung ausgelöst. Zugleich wird über Konsequenzen des Angriffs vom Freitag debattiert. Für das Rathaus der Stadt hat Oberbürgermeister Christian Specht Trauerbeflaggung angeordnet.
Angriff auf Wahlveranstaltung
Bei dem Angriff hatte ein Mann am Freitagvormittag auf dem Marktplatz in der Innenstadt bei der Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) sechs Männer verletzt, darunter den Polizisten. Der 29-Jährige erlag am Sonntagnachmittag seinen Verletzungen. Der Angreifer habe dem Beamten mehrmals in den Kopfbereich gestochen.
Steinmeier: „Bin tief erschüttert“
Bundesweit trauerten Polizeibehörden, Landeskriminalämter und das Bundeskriminalamt auf der Plattform X unter dem Hashtag #einervonuns um den gestorbenen Kollegen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte: «Ich bin tief erschüttert über den Tod des Polizisten, der in Mannheim mutig eingriff, um Menschenleben zu schützen.» Steinmeier zeigte sich zugleich besorgt über eine «Verrohung der politischen Auseinandersetzung und der wachsenden Gewaltbereitschaft in unserem Land.» «So darf es nicht weitergehen. Gewalt gefährdet, was unsere Demokratie stark gemacht hat», mahnte der Bundespräsident.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf X: «Sein Einsatz für die Sicherheit von uns allen verdient allerhöchste Anerkennung. Ich bin in diesen bitteren Stunden in Gedanken bei seiner Familie und bei allen, die um ihn trauern.» CDU-Chef Friedrich Merz betonte auf X: «Aus dem Messerangriff am Freitag ist heute heimtückischer Mord geworden. Meine Gedanken sind bei der Familie. Es ist einfach furchtbar. Dieser Mord muss harte Konsequenzen haben, auch für diejenigen, die mit dem Täter sympathisieren.»
Motiv des Täters unklar
Der für politische Delikte zuständige Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe hatte nach der Attacke die Ermittlungen übernommen. Das Motiv des 25-jährigen Täters ist aber noch immer unklar. Bisher war der in Afghanistan geborene Mann, der 2014 als Jugendlicher nach Deutschland kam, nicht vernehmungsfähig – er war in den Minuten nach der Attacke ebenfalls verletzt worden. Zahlreiche Politiker verbanden ihre Stellungnahmen aber mit Warnungen vor dem Islamismus. «Der Täter muss mit maximaler Härte des Gesetzes für seine mörderische Tat bestraft werden. Das Motiv wird weiter untersucht, aber klar ist: Unsere Sicherheitsbehörden haben die islamistische Szene fest im Visier und verstärken diesen Kampf weiter», schrieb Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf X.
Kretschmann erschüttert «bis ins Mark»
In Baden-Württemberg zeigten sich Politiker ebenfalls schockiert über den Tod des jungen Polizisten. «Die Nachricht erschüttert mich bis ins Mark», erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. «Uns allen führt diese fürchterliche Tat schmerzhaft vor Augen, welchem oft unkalkulierbaren Risiko Polizeibeamte tagtäglich ausgesetzt sind», machte der Grünen-Politiker deutlich. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte, der Tod mache «unendlich traurig». «Dies sind Momente, in denen die Welt stillzustehen scheint.» Die Realität sei: «Für die Polizistinnen und Polizisten kann potenziell jeder Einsatz gefährlich sein, mit unabsehbaren Folgen für ihre Gesundheit und ihr Leben.»
Islamismus-Verdacht
Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) richtete aber auch den Blick auf die Gefahren des Islamismus. «Wenn sich der nahe liegende Verdacht bestätigen sollte, dass es sich tatsächlich um eine islamistische Tat handelt, dann wird es höchste Zeit für ehrliche Debatte über die Gefahren von Islamismus – ohne Naivität, ohne Scheuklappen, ohne doppelte Standards», schrieb Bayaz auf X. Einer aufgeklärten Gesellschaft sei eine schonungslose Debatte zumutbar, «wenn sie niemanden unter Generalverdacht stellt, aber gleichzeitig die Dinge klar beim Namen nennt», betonte der Grünen-Politiker. Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang sagte in der ARD-Sendung «Caren Miosga»: «Der Islamismus ist der Feind der freien Gesellschaft. Genau als solcher muss er auch behandelt werden».