Entschädigungen für Fluggäste sind oft ein Streitthema 

18. Januar 2019 , 11:36 Uhr

Karlsruhe (dpa) Irgendwann hört der Spaß beim Reisen auf: Stundenlange Verspätungen, verpasste Anschlüsse, abgesagte Flüge. Für den Ärger gibt es in vielen Fällen als Trostpflaster immerhin eine Ausgleichszahlung von der Fluglinie. Allerdings können sich die Unternehmen in bestimmten Fällen auf eine Ausnahme in der EU-Fluggastrechte-Verordnung berufen. Wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die das Unternehmen nicht beeinflussen kann, entfällt der Anspruch. Genau deswegen landen Fälle immer wieder vor Gericht und auch vor dem Bundesgerichtshof (BGH).

Worum geht es konkret?

Der BGH befasst sich in zwei Fällen mit der Forderung von je 600 Euro Ausgleichszahlung. Die Kläger wollten Ende Mai 2016 mit British Airways von New York über London nach Stuttgart fliegen. Am Terminal des US-Flughafens fielen die Computer komplett aus. Damit die Flüge nicht gestrichen werden mussten, wurden die Formalitäten per Hand erledigt. Das dauerte, die Maschine kam mehr als zwei Stunden zu spät in London an. Der vorgesehene Flug nach Stuttgart war weg. Am Ende hatten die Passagiere mehr als neun Stunden Verspätung.

Welche Regeln gelten für Ausgleichszahlungen?

Flugreisende haben in der Regel dann Anspruch, wenn sich die Ankunft um drei Stunden oder mehr verzögert, der Flug kurzfristig ausfällt oder trotz Buchung kein Platz an Bord ist. Die zugrundeliegende EU-Verordnung gibt es seit 2005. Die Höhe der Ausgleichszahlung hängt von der Flugstrecke ab: Je nach Entfernung gibt es 250, 400 oder 600 Euro. Betroffene müssen das Geld von der Fluggesellschaft einfordern.

Was, wenn die Airline nicht reagiert oder ablehnt?

Dann kann möglicherweise die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) helfen. An sie können sich Flugreisende kostenlos wenden, wenn der Anbieter nicht zahlt. Die SÖP ist von der Bundesregierung als Verbraucherschlichtungsstelle für Reisende mit Bus, Bahn, Flugzeug und Schiff anerkannt. Von den mehr als 32 000 Fällen im Jahr 2018 betrafen nach Angaben von Geschäftsführer Heinz Klewe 87 Prozent den Flugverkehr. In 86 Prozent dieser Fälle war die Schlichtung erfolgreich. Die Zahl der Schlichtungen hat sich im abgelaufenen Jahr im Vergleich zu 2017 mehr als verdoppelt. Klewe führt das auf die vielen Probleme im Bahn- und Flugverkehr 2018 zurück. Ein Grund sei aber auch, dass Fahr- und Fluggäste zunehmend besser über ihre Rechte informiert seien.

Wie können Passagiere sonst zu ihrem Recht kommen?

Wer keine Schlichtung anstrebt und sich nicht selbst mit der Fluggesellschaft auseinandersetzen möchte, kann sich Hilfe bei spezialisierten Unternehmen suchen. Hier versuchen Fachleute, Ansprüche durchzusetzen, gegebenenfalls auch vor Gericht. Kosten entstehen für Passagiere nur im Erfolgsfall, dann aber bis zu 30 Prozent der erstrittenen Summe.

Warum gibt es so oft Streit?

Für die Fluggesellschaften geht es um viel Geld. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft setzt sich für eine Neuregelung ein. Die EU müsse die Verordnung und damit den Begriff der außergewöhnlichen Umstände präzisieren, fordert der Bundesverband. «Wir benötigen dringend eine Revision der Verordnung, die Luftfahrtunternehmen und ihren Kunden umfassende Rechtssicherheit gibt», teilte Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow mit. Mit dem Novellierungsentwurf der Europäischen Kommission liege seit Jahren ein geeigneter Kompromissvorschlag vor, der auch von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag unterstützt werde.

 

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