Region (lea/dpa) – Seit der Wolf nicht mehr gejagt werden darf, breitet er sich auch in Deutschland wieder aus. So ist beispielsweise im Februar vergangenes Jahr ein Wolf im Landkreis Karlsruhe gesichtet worden. Mit der Ausbreitung der menschenscheuen Tiere wächst auch die Angst und die Verunsicherung in der Bevölkerung. Wie also umgehen mit den grauen Jägern? Johannes Enssle, Landesvorsitzender des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) Baden-Württemberg gibt Tipps, was ihr tun solltet, wenn euch tatsächlich mal ein Wolf über den Weg läuft.
Bis zu 90 Zentimeter groß kann der Canis lupus lupus, der europäische Wolf, werden. Am 20. Februar 2023 ist eines dieser imposanten und sehr seltenen Tiere in eine Fotofalle in Dettenheim getappt. Etwas verwirrt und mit weit aufgerissenen Augen blickt der Wolf auf dem Foto in die Kamera. Naturschützer feiern dieses Ereignis.
Schließlich wurde ein Wolf zuletzt im März 2022 im Kreis Karlsruhe nachgewiesen. Ob der Wolf vom 20. Februar in der Region sesshaft wird, bezweifeln die Experten jedoch. Denn als sesshaft gilt ein Wolf erst, wenn er noch nach sechs Monaten im gleichen Gebiet nachgewiesen werden kann. In Baden-Württemberg gibt es derzeit drei sesshafte Wölfe. Es sind alles Rüden, die primär im Schwarzwald zu finden sind.
Seit die Tiere nicht mehr gejagt werden dürfen, breitet sich der Wolf auch in Deutschland wieder aus. Mehr als 150 Jahre lang galt er hierzulande zuvor als ausgerottet. Mit der Rückkehr der Fleischfresser wächst aber auch die Angst in der Bevölkerung. Skepsis und Verunsicherung verbreiten sich fast noch schneller als die Wolfspopulation selbst. Unbegründet, findet Johannes Enssle. „Das ist eigentlich völlig irrational, diese Urangst vor einem Wolf“, sagt der Experte. „Jeden Tag, wenn ich in ein Auto steige, ist die Gefahr, die damit verbunden ist, größer als die, die von Wölfen ausgeht.“ Nach einer kurzen Pause fügt er an: „Und trotzdem geht es auch mir so, dass mir ein Wolf um ein Vielfaches gruseliger vorkommt als ein Auto.“
Was also kann getan werden, sollte man beim Joggen im Wald auf einen Wolf treffen? Enssle weiß Rat. „Am besten erst mal stehen bleiben und laut in die Hände klatschen“, empfiehlt er. Auch lautes Rufen könne das Tier vertreiben. „Mit dem Klatschen macht man auf sich aufmerksam. Für den Wolf heißt das so viel wie ‚Hey, pass mal auf und zieh‘ Leine.‘“
Verschwindet das Tier dann nicht, solle man sich langsam zurückziehen. „Und man sollte sich außerdem freuen“, lacht Enssle. Denn einen Wolf zu treffen, das sei etwas ganz Besonderes. Zumal die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich mit einem Wolf in Kontakt zu kommen, sehr gering sei. Auch, wenn sich die Tiere wieder im Land etablieren.
Der Frage, wie gefährlich Wölfe sind, ist eine Studie des World Wide Fund For Nature (WWF), dem NABU und dem International Fund for Animal Welfare (IFAW) nachgegangen. Sie versucht zu beantworten, ob mit dem Wachstum der Wolfspopulationen auch die Angriffe von Wölfen auf Menschen ansteigen. Weltweit habe es im Zeitraum 2002 bis 2020 insgesamt 498 Wolfsangriffe gegeben. 26 von ihnen seien tödlich geendet, so die Studienergebnisse.
In Europa und Nordamerika verzeichnet die Studie 14 Wolfsangriffe im genannten Zeitraum. Zwei davon endeten tödlich – beide in Nordamerika. „Seit der Rückkehr der Wölfe nach Deutschland hat es hier keine tödlichen Angriffe und auch keine aggressiven Annäherungen von Wölfen an Menschen gegeben“, schreibt WWF in seiner Konklusion aus dem Dezember 2022.
„Der Wolf steht an der Spitze der Nahrungspyramide“, erklärt Enssle. „Er ist die Gesundheitspolizei und frisst vor allem alte und kranke Tiere.“ Damit trägt er dazu bei, die Beutepopulation gesund zu halten. „Aber natürlich ist die Ausbreitung des Wolfs auch eine Herausforderung für die Tierhalter“, räumt der Experte ein. „Daher braucht es zum Beispiel für Nutztierhalter die Unterstützung der Gesellschaft.“ In Baden-Württemberg besteht die Förderung von Herdenschutzmaßnahmen.
„Nachdem mehrere Wölfe im Land sesshaft geworden sind, unterstützt das Umweltministerium Herdenschutzmaßnahmen“, heißt es auf der Internetseite des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. In zwei Gebiete wird dabei in Baden-Württemberg unterschieden: Das Fördergebiet Schwarzwald und das Fördergebiet Odenwald. Im Umkreis der Hauptaufenthaltsflächen der drei sesshaften Wölfe erstattet das Ministerium beispielsweise von Wölfen gerissene Nutztiere. Auch die Tierarztkosten im Zusammenhang mit der Einwirkung eines Wolfes oder die Anschaffung von Schutzmaßnahmen werden ausgeglichen.