Calw (dpa/svs) – Als Zeichen der Wertschätzung soll die Ehrenamtskarte in vier Regionen dazu beitragen, das Ehrenamt zu stärken. Darunter auch der Landkreis Calw. Karteninhaber müssen unter anderem in Freizeiteinrichtungen weniger Eintritt bezahlen. Vom Geld hängt ab, ob sie landesweit eingeführt wird.
Nach einem ersten Jahr zur Probe haben die vier Modellregionen die Ehrenamtskarte für freiwillig Engagierte verlängert. Wenige Tage vor Ablauf der Probephase vereinbarte das Land Baden-Württemberg mit den Partnern Ulm, Freiburg, Ostalbkreis und dem Landkreis Calw am Mittwoch eine Fortsetzung. Bis Ende März 2025 will das Land nach Angaben des Sozialministeriums entscheiden, ob das Angebot auch landesweit eingeführt wird. Eine Entscheidung sei aber abhängig von der Haushaltslage, sagte Sozialminister Manne Lucha (Grüne) am Mittwoch. Die CDU-Fraktion zeigte sich bereits angetan.
Karteninhaber müssen unter anderem in Freizeiteinrichtungen weniger Eintritt bezahlen. Erhalten kann sie, wer in den vergangenen zwölf Monaten mindestens 200 Stunden ehrenamtlich und gemeinwohlorientiert engagiert war. Bei projektbezogenem Einsatz sind es mindestens 100 Stunden. Einen garantierten Anspruch auf Ausstellung der Ehrenamtskarte haben Mitglieder in taktischen Einsatzeinheiten des Katastrophenschutzes wie zum Beispiel Feuerwehren, Rettungsdienste wie DRK, Johanniter, Malteser oder Technischem Hilfswerk.
Gültig ist die Karte zum Beispiel im Badischen Staatstheater, in der Staatsgalerie Stuttgart, im ZKM Karlsruhe sowie in zwölf Monumenten der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Mit der Ehrenamtskarte sind auch Vergünstigungen in den Einrichtungen der anderen Modellkommunen möglich.
Nach dem jüngsten, allerdings bereits im Jahr 2019 erhobenen Ländervergleich des Freiwilligensurveys hat Baden-Württemberg nach wie vor die höchste Quote beim Engagement im Vergleich aller Länder. Neue Zahlen wird es erst im kommenden Jahr geben. Klassische Ehrenämter gibt es in der Flüchtlingshilfe, beim Suchdienst und in der Hausaufgabenbetreuung, bei der Telefonseelsorge und im Tierheim oder als Mannschaftstrainer im Verein.
Nach Angaben des Ministeriums wurden innerhalb eines Jahres rund 8450 Karten an Menschen ausgegeben, die in 420 Vereinen, Organisationen und Projekten engagiert waren. Drei von vier Karteninhabern sind laut Evaluation Männer. Gut die Hälfte der Inhaberinnen und Inhaber der Ehrenamtskarte sind Angehörige der Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr. Sie müssen aber auch nicht nachweisen, dass sie sich 200 Stunden eingesetzt haben. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe ist die der 20- bis 29-Jährigen. Der Anteil nimmt mit zunehmendem Alter ab. Das Durchschnittsalter beträgt 42 Jahre.
«Die Resonanz der ehrenamtlich Engagierten auf die Ehrenamtskarte ist durchweg positiv», heißt es unter anderem bei der Verwaltung des Ostalbkreises. Mit dem Pilotprojekt habe das Land den Gedanken der Anerkennung und Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements gestärkt. Der Städtetag konstatierte, die modellhafte Erprobung der Ehrenamtskarte sei «sehr gut gelaufen». Die Kommunen seien «total motiviert», die Karte werde als wertvoll wahrgenommen.
Im Ostalbkreis konnten während der Modellphase bislang insgesamt 4460 Ehrenamtskarten (Stand 10. Juni 2024) ausgegeben werden. Mehr als die Hälfte der Ehrenamtskarten wurden an Mitglieder in taktischen Einsatzeinheiten der Feuerwehren und Rettungsdienste ausgegeben. Danach folgen die Einsatzbereiche Sport und Bewegung, der soziale Bereich, Kultur und Musik sowie der kirchliche Bereich. Das Durchschnittsalter liegt bei 42 Jahren. Die Geschlechterverteilung liegt bei rund 70 Prozent männlich und 30 Prozent weiblich.
Bis Ende März 2025 soll entschieden werden, ob das Angebot auch landesweit ausgerollt wird. Die Verwaltungen in Ulm und Freiburg machten laut Evaluation klar, dass es dringend eine solche Lösung braucht. Die CDU-Fraktion will den Weg unter bestimmten Voraussetzungen frei machen: «Als CDU-Fraktion wollen wir die finanziellen Voraussetzungen schaffen, damit die Ehrenamtskarte ab dem nächsten Jahr landesweit an den Start gehen kann», sagte Manuel Hailfinger, der Vorsitzende des Ehrenamtsbeirat der Fraktion. Wichtig sei aber, dass die Karte unbürokratisch und pragmatisch ausgegeben werde.
Der FDP dauert das viel zu lange: «Wenn die Landesregierung auf die überflüssige Erprobung eines längst als erfolgreich erwiesenen Instruments verzichtet hätte, würden jetzt schon alle davon profitieren», kritisierte der sozialpolitische Sprecher der Fraktion, Niko Reith.
Die Modellkommunen regten zudem an, die Zahl der erforderlichen Stunden herunterzusetzen. «Dies würde zur Wertschätzung von Menschen führen, die sich nicht in dem Umfang von 200 oder 100 Stunden pro Jahr engagieren könnten», heißt es im Evaluationsbericht.
In einigen anderen Bundesländern gibt es Ehrenamtskarten bereits. In Niedersachsen ist im Mai die 25 000. Karte übergeben worden. In Mecklenburg-Vorpommern können Ehrenamtler eine Karte seit August 2020 beantragen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat sie gemeinsam mit Städten und Kreisen landesweit vor mehr als zehn Jahren eingeführt, bislang nehmen 320 Kommunen teil. Auch Bayern bietet die Karte landesweit an.