Mannheim (dpa/dk) – Mit einer bewegenden Trauerfeier haben sich Angehörige, Kollegen und Politiker in Mannheim von dem vor zwei Wochen tödlich verletzten Polizeibeamten Rouven Laur verabschiedet.
Freundlich und aufgeschlossen lächelt Rouven Laur von dem großen Foto auf der Bühne in Mannheim in Richtung der mehr als 2000 Trauergäste. Neben ihm halten zwei Kollegen Wache, sie kämpfen während der Reden immer wieder mit sich, um nicht in Tränen auszubrechen. Und auch den Politikern und Polizisten, die den tödlich verletzten Beamten würdigen, bricht immer wieder die Stimme.
Mit einer emotionalen und bewegenden Trauerfeier haben sich am Freitag Tausende Menschen von dem Polizeibeamten verabschiedet, der zwei Wochen zuvor auf dem Mannheimer Marktplatz von einem mutmaßlichen Islamisten mit einem Messer attackiert und tödlich verletzt worden war. An der Trauerfeier im Congress Center Rosengarten nahmen Angehörige und Freunde des Getöteten, Politikerinnen und Politiker – darunter auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) – sowie Hunderte Polizeibeamte teil. Vor dem Mannheimer Wasserturm verfolgten einer Polizeisprecherin zufolge um die Tausend Menschen die Feier auf einer großen Leinwand. Freundlich und offen – so beschrieben die Rednerinnen und Redner den 29 Jahre alten Beamten.
Durch seine menschliche, ja liebevolle Art hat Rouven Spuren in den Herzen aller hinterlassen, die ihm begegnet sind,
sagte Ralf-Peter Schwindt, Laurs ehemaliger Chef.
Laur habe sich immer um andere gekümmert und auch über den Dienst hinaus geholfen. «Ob als fleißiger Helfer beim Betriebsausflug oder als Möbelpacker beim Umzug einer Kollegin: Für keine Aufgabe und Arbeit war er sich zu schade», sagte Schwindt. «Es kommt nicht oft vor, dass wir in unserem Leben jemandem begegnen, der so besonders ist, dass er für immer in unseren Herzen bleibt. Rouven war so ein Mensch.» Ein direkter Kollege, der mit Laur für einige Zeit das Büro geteilt hatte, erinnerte an dessen Humor und sein schelmisches Lächeln. «Auch wenn wir jetzt den gemeinsam begonnenen Weg alleine ohne Dich fortführen müssen, verspreche ich Dir: Du bleibst einer von uns und wir werden Dich nie vergessen.»
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann nannte den Tod des Beamten eine «existenzielle Ungerechtigkeit». «Denn gerade Rouven Laur war einer, der sich um Verständigung bemüht hat, der nicht in Schwarz-Weiß gedacht hat, der Ausgleich gesucht hat, der immer an den anderen dachte», sagte der Grünen-Politiker. Laur habe den Menschen in Mannheim als Polizist auf Augenhöhe begegnen wollen – und deshalb unter anderem Arabisch gelernt.
Ein 25-jähriger Afghane hatte vor zwei Wochen auf dem Mannheimer Marktplatz fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie den Polizisten mit einem Messer verletzt. Die Bundesanwaltschaft geht bei der Tat von einem religiösen Motiv aus. Man gehe davon aus, dass der Mann islamkritischen Menschen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung absprechen wollte, hatte eine Sprecherin der Behörde bei der Übernahme der Ermittlungen gesagt.
Laur habe als Polizist auf dem Mannheimer Marktplatz Menschen beschützt, die für ihre Meinung warben, sagte Kretschmann. «Indem Rouven Laur den Auftritt dieser Menschen geschützt hat, hat er die Freiheit aller geschützt, auch derer, deren Meinung er nicht teilte.» Deshalb treffe einen sein Tod mit voller Wucht.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl rief bei Laurs Trauerfeier dazu auf, die Demokratie zu schützen. «Sein Tod ist Auftrag, sich mit der gleichen Entschlossenheit, mit der er einen tödlichen Angriff auf uns alle abgewehrt hat, denen entgegenzustellen, die unsere Demokratie umbringen wollen», sagte der CDU-Politiker.
Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) forderte mehr Wertschätzung für die Arbeit der Polizei. «Muss erst ein Polizist im Dienst ermordet werden, dass wir für unsere Polizei applaudieren? Unsere Polizei und all diejenigen, die sich täglich für die Gemeinschaft einsetzen, haben mehr der Wertschätzung und Anerkennung verdient.»
Die Familie Laurs bedankte sich für die öffentliche Anteilnahme. «Was in den letzten Tagen um uns herum passierte, diese riesige Welle der Anteilnahme, das berührt uns zutiefst», schrieb die Familie in einem Brief, den Thomas Seidelmann, Bürgermeister von Laurs Heimatstadt Neckarbischofsheim und Freund der Familie, verlas. Auch sehr viele unbekannte Menschen fänden tröstende Worte, sagte Seidelmann. «Wir spüren, dass wir mit dieser immer noch surrealen Situation nicht alleine sind», zitierte er die Familie.
Zugleich riefen die Angehörigen dazu auf, die Tat nicht zu instrumentalisieren, der Trauer aber auch Taten folgen zu lassen. «Rouven hätte nicht gewollt, dass wir uns von Hass und Wut überwältigen lassen. Stattdessen hätte er uns ermutigt, seine Werte weiterzugeben und für Veränderung und Neuausrichtung zu kämpfen», schrieb die Familie.
Es liege nun vor allem an der Politik, dass sich etwas ändere. «Dass nicht, wenn die letzte Träne getrocknet ist, wieder alles zur normalen Tagesordnung übergeht.» Durch den großen Zuspruch von Menschen aus ganz Deutschland und aus der ganzen Welt schöpfe man die Hoffnung, dass nun politisch wohlüberlegt reagiert und gehandelt werde.
Vor der Trauerfeier hatten bereits mehrere Hundert Kolleginnen und Kollegen Laurs an einem Trauermarsch durch die Mannheimer Innenstadt teilgenommen. Eine Polizeisprecherin sprach von rund 2000 Menschen, die sich an dem Marsch am Freitag beteiligt hätten, darunter auch Bürgerinnen und Bürger sowie Angehörige. Angeführt wurde der Zug durch die Motorradstaffel der Polizei, dahinter trugen zwei Beamte ein Bild Laurs durch die Stadt. Am Rande der Strecke bildeten unter anderem Einsatzkräfte der Feuerwehr und des Rettungsdienstes ein Spalier für den Zug.