Baden-Württemberg (dpa/ass) In ganz Deutschland sollen bald einheitliche Corona-Regelungen gelten. Das Land Baden-Württemberg setzt die neuen Maßnahmen ab dem heutigen Montag um. „Wir warten nicht auf den Bund, wir müssen jetzt handeln“, so Gesundheitsminister Manne Lucha. Hier ein Überblick, was genau sich ab heute im Südwesten ändern soll.
Wenn die Sieben-Tage-Inzidenz – also die Ansteckungen innerhalb sieben Tagen pro 100. 000 Einwohner – nach Bundesplänen an drei aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 überschreitet, sollen dort ab dem übernächsten Tag schärfere Maßnahmen gelten. Heißt: Die Inzidenz überschreitet am Montag, Dienstag und Mittwoch jeweils die 100er-Marke – dann gilt ab Freitag die Notbremse. Ob das Land diesen Zeitplan übernimmt, ist unklar. Die schärferen Regeln würden nach der Infektionslage derzeit jedenfalls fast den ganzen Südwesten betreffen: Nur sechs Kreise liegen derzeit unter der 100er-Marke. Darüber liegen 38 Kreise, davon 10 sogar über 200.
In der neuen Südwest-Verordnung plant das Land verbindliche Ausgangsbeschränkungen. Zwischen 21.00 und 5.00 Uhr darf man in Hotspots die eigene Wohnung oder das eigene Grundstück nur noch aus „triftigen Gründen“ verlassen. Der Bund zählt etwa gesundheitliche Notfälle oder die Berufsausübung dazu, aber nicht etwa Spaziergänge oder Joggingrunden. In 19 von 44 Kreisen im Südwesten gilt aber bereits eine Ausgangssperre, heißt es im Gesundheitsministerium.
In Baden-Württemberg dürfen sich bisher noch zwei Haushalte mit bis zu fünf Personen treffen – auch in Regionen mit hohen Inzidenzen. Das Land weicht dabei von den einst von Bund und Ländern beschlossenen Kontaktregeln ab. Mit der Notbremse darf sich künftig höchstens noch ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen. Kinder bis 14 Jahre zählen nicht mit. Ob Pärchen, die nicht zusammenwohnen, weiterhin im Land als ein Haushalt gelten, war am Freitagnachmittag noch unklar. Bei Beerdigungen dürfen künftig noch bis zu 15 Personen zusammenkommen.
Ab der 100er-Inzidenz dürfen nur noch Ladengeschäfte der Grundversorgung – also etwa Supermärkte, Apotheken, Drogerien – öffnen. Die maximal zulässige Verkaufsfläche pro Kunde will das Land nochmals verschärfen – von 10 auf 20 Quadratmeter (bei Ladenflächen bis 800 Quadratmeter) und von 20 auf 40 Quadratmeter (bei Ladenflächen über 800 Quadratmeter). Bei den Regeln für den Einzelhandel weicht Baden-Württemberg vom Gesetzentwurf des Bundes ab: Abholangebote bleiben weiterhin erlaubt.
Museen, Galerien, Ausstellungen, Gedenkstätten, zoologische und botanische Gärten müssen dicht machen, ebenso Wettannahmestellen. Nur kontaktloser Individualsport bleibt erlaubt, den man allein, zu zweit oder mit Angehörigen des eigenen Hausstands ausüben kann. Ausnahmen gelten dem Entwurf zufolge für den Wettkampf- und Trainingsbetrieb des Spitzen- und Profisports.
Für Friseurbesuche und Barbershops braucht es künftig im Land einen negativen Schnelltest in Notbremsen-Regionen. Körpernahe Dienstleistungen wie Kosmetik-, Nagel-, Massage-, Tattoo- und Piercingstudios sowie kosmetische Fußpflegeeinrichtungen müssen schließen. Das gilt auch für Sonnenstudios. Ausnahmen gelten für medizinisch notwendige Behandlungen, etwa die Physio- und Ergotherapie, Logopädie, Podologie und Fußpflege.
Überschreitet die 7-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 200, wird der Präsenzunterricht in Schulen und Kitas verboten. Ausnahmen besonders für Abschlussklassen sind möglich. Eigentlich sollen die Schulen nächste Woche wieder ihre Pforten öffnen – zumindest für den Wechselunterricht. Für viele Schulen stellt sich damit die Frage, ob sie überhaupt öffnen sollten. Derzeit liegen 8 der 44 Kreise über 200. Neun weitere Kreise liegen nach Zahlen des Landesgesundheitsamts vom Donnerstagabend nur knapp darunter. Stuttgart und Ulm haben wegen hoher Corona-Infektionszahlen am Freitag bereits angekündigt, die für diesen Montag geplante weitgehende Öffnung der Schulen und Kitas zu verschieben.
Die Regeln sollen laut Bundesentwurf so lange in Kraft bleiben, bis die 7-Tage-Inzidenz an fünf aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 unterschreitet – dann treten die Extra-Auflagen am übernächsten Tag wieder außer Kraft. Zwischen wenigen Tagen und mehreren Monaten wäre also alles drin. Wie das Land die Exitstrategie gestaltet, war zunächst unklar.