Karlsruhe/Pforzheim (dpa/pol/lk) – Die Corona-Krise hat nicht nur Menschen in ehrlichen Berufen einen Strich durch die Rechnung gemacht, den Händlern, Künstlern oder Köchen. Auch Diebe und Einbrecher mussten sich umstellen. Denn ihre auserkorenen Opfer sind wegen der Pandemie zu Hause – und vorsichtig. Außerdem waren mehr Menschen im Homeoffice und dadurch weniger mit dem Auto unterwegs. Auch die Unfallzahlen sind im Jahr 2020 gesunken. Allerdings bleibt die Gewalt gegen Polizeibeamte im Südwesten auf Rekordniveau.
Die Corona-Krise hat auch Einbrechern und Dieben im Südwesten das Leben schwerer gemacht. Die Zahl ihrer registrierten Beutezüge ist im vergangenen Jahr weiter drastisch gesunken. Diebe haben es während der Pandemie besonders schwer: Geschäfte sind seit Monaten geschlossen, es herrscht kaum Betrieb auf den Bahnhöfen, Volksfeste und Weihnachtsmärkte sind fast komplett ausgefallen. Der Mindestabstand macht es auch Taschendieben deutlich schwerer, an ihre Opfer heranzukommen. In Karlsruhe gingen Diebstahlsdelikte im fünften Jahr in Folge zurück. Mit einem Minus von über 11 Prozent ist der niedrigste Stand seit zehn Jahren erreicht. Auch Raubüberfälle sind deutlich gesunken.
Auch Einbrecher hatten es im vergangenen Jahr deutlich schwerer. Wegen des Lockdowns und anderer Einschränkungen durch die Pandemie sank die Zahl der Wohnungseinbrüche im vergangenen Jahr deutlich. Der sonst übliche Anstieg zur sogenannten dunklen Jahreszeit im Spätherbst und Winter ist im vergangenen Jahr wegen des Lockdowns ausgeblieben. Viele Menschen arbeiten im Homeoffice und verlassen seltener das Haus. Auch im Landkreis Karlsruhe gingen Einbrüche um über 33 Prozent zurück. In der Fächerstadt selbst hat eine Einbruchserie zu Jahresbeginn allerdings für einen Anstieg gesorgt.
Dagegen hat die Corona-Pandemie Betrugsdelikte verstärkt. Täter nutzten die Pandemielage für kriminelle Zwecke aus. Mit sogenannten Enkeltricks spielen Kriminelle etwa eine Infektion mit dem Coronavirus vor, um Geld zu erhalten. So gelingt es den Betrügern immer wieder, ältere Menschen um ihre Ersparnisse oder Altersrücklagen zu bringen. In zehn Fällen der Betrugsvariante „Angeblicher Polizeibeamter“ lag der Gesamtschaden im Polizeipräsidium Karlsruhe bei über 90.000 Euro. Neun davon gelten als geklärt. Beim der Masche „Enkeltrick“ waren es auch zehn Fälle mit einem Schaden von 270.000 Euro, wovon ein Fall geklärt ist. Bei diesen Delikten wird aber aufgrund großer Scham der Opfer mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet.
In der Pandemie ist die Mobilität in Baden-Württemberg deutlich gesunken. Das wirkt sich positiv auf die Unfallstatistik aus. Die Zahl der Verkehrstoten im Land ist im Corona-Jahr 2020 auf einen historisch niedrigen Wert gesunken. Im Bereich des Polizeipräsidiums Pforzheim sind Unfälle im Straßenverkehr mit Personenschaden um 11,5 Prozent gesunken. Diese Entwicklung spiegelt sich auch bei den Verkehrstoten wieder: 35 Personen mussten 2020 auf den Straßen rund um Pforzheim, Calw und Freudenstadt ihr Leben lassen. Im Vorjahr waren es noch 42 Unfalltote. Homeoffice, Lockdown und Kontaktbeschränkungen hatten dazu geführt, dass deutlich weniger Menschen im Straßenverkehr unterwegs waren. Zu hohes Tempo war aber auch im zurückliegenden Jahr einer der Hauptgründe für tödliche Unfälle. Mehr als jeder dritte tödliche Verkehrsunfall ist auf überhöhtes oder nicht angepasstes Tempo zurückzuführen. Andere Gründe sind beispielsweise Ablenkung während der Fahrt oder Alkohol- und Drogenkonsum gewesen.
Mit Blick auf das Radfahren gilt das allerdings nicht. Die Zahl der Fahrradunfälle stieg im vergangenen Jahr landesweit um mehr acht Prozent an. 58 Frauen und Männer kamen dabei ums Leben. Unfälle mit Beteiligung von mindestens einem Pedelec nahmen im Vergleich zum Jahr 2019 in Baden-Württemberg sogar um 39 Prozent zu. Der Pforzheimer Polizeidirektor Markus Bauder weiß: „Viele Menschen steigen aus Umweltbewusstsein oder anderen Gründen auf das Rad um. Pedelecs erleichtern nicht nur jungen und sportlichen Fahrern den (Wieder-)Einstieg ins Radfahren. Das ist natürlich grundsätzlich erfreulich, aber es gibt eben auch immer wieder Unfälle – ein Trend, der uns Sorge macht. Und die Folgen sind schnell schwerer Natur. Fahrräder haben nun einmal keine Knautschzone und keinen Airbag.“ Darum rät Bauder unbedingt dazu, einen Helm zu tragen.
Während die Körperverletzungsdelikte landesweit um 3,6 Prozent gesunken sind, verzeichnet das Polizeipräsidium Karlsruhe jedoch einen Anstieg um 5,8 Prozent. In diesem Bereich fallen auch Delikte der häuslichen Gewalt. Corona hat bei Gewalttaten unter Ehe- oder Lebenspartnern sowie Gewalt gegen Kinder einen Anstieg verursacht. Geschlossene Schulen und Kitas haben dafür gesorgt, dass Verletzungen der Kinder nicht von Außen bemerkt werden konnten. Gewalt gegen Frauen kann unterschiedliche Ursachen haben: Stress, Unzufriedenheit, Jobverlust, Existenzängste, aber auch keine räumliche Trennung in den harten Lockdownphasen. Viele Paare konnten sich nicht aus dem Weg gehen und waren mit Kinderbetreuung und Home-Schooling überfordert.
Die Gewalt gegen Polizeibeamte im Südwesten ist nach den Rekordwerten der vergangenen Jahre ein weiteres Mal gestiegen. Im Jahr 2020 nahm die Zahl der Fälle im Vergleich zum Vorjahr um rund drei Prozent zu. Respektlosigkeit, Gewalt und Brutalität gegenüber Beamten sind dramatisch in die Höhe geschnellt. Besonders oft sahen sich Polizisten Gegnern mit Flaschen, Steinen und Messern ausgesetzt. Die Autorität der Polizei werde bei solchen Delikten grundsätzlich in Frage gestellt, das polizeiliche Einschreiten immer öfter mit mobilen Telefonen aufgezeichnet und anschließend in sozialen Medien veröffentlicht. Statt Fußballspielen und Demonstrationen müssen die Beamten jetzt die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen überwachen.