(Anzeige) – Im Dezember 2022 entschied der Oberste Gerichtshof Österreichs, dass Spieler ihre Verluste von illegalen Online Casinos zurückfordern können. Seither tobt ein Streit darüber, welche Auswirkungen dieses Urteil haben könnte. Die Anwälte der Kläger freuten sich zunächst noch über die Situation, doch zuletzt mussten sie feststellen, dass nichtige Verträge auch in die andere Seite wirken können. Die oberste rechtliche Instanz der Alpenrepublik gab nämlich auch der Klage eines Online-Casinos statt und forderte eine Gewinnerin auf, ihre Gewinne an das Online-Casino zurückzuerstatten.
Laut dem Erkenntnis sind die Verträge zwischen Anbietern ohne Lizenz in Österreich und deren Kunden nämlich nichtig und damit in beiden Richtungen unwirksam. Klagt ein Spieler auf Rückzahlung seiner Verluste, erhält er damit ebenso Recht, wie ein Online-Casino, dass ausbezahlte Gewinne zurückbekommen möchte. Das beendet das sogenannte „risikolose Spielen“ in Österreich. Dieses hatten Anwälte beim ersten Entscheid noch per Presseaussendung bejubelt, jetzt kam die kalte Dusche. Im konkreten Fall muss eine Spielerin, die zuvor bereits einen Anbieter auf Rückzahlung von Verlusten geklagt und Recht erhalten hatte, auch ihre Gewinne in Höhe von 7.000 Euro zurückbezahlen.
Doch nicht nur das Urteil sorgte in Österreich für großes Aufsehen, sondern auch die Urteilsbegründung der Höchstrichter. Sie sehen in ihrem Entscheid eine Möglichkeit illegale Casinos im Land über diesen Umweg vom Markt zu verdrängen. Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass Spieler, die jederzeit mit der Rückzahlung von Gewinnen rechnen müssen, diese Anbieter zukünftig meiden würden. Sie hatten zuvor die Verträge zwischen Online-Casino und Spieler für aufhoben erklärt, dies wirke in beide Richtungen. Wo keine Geschäftsbeziehung herrschen würde, können weder Verluste noch Gewinne anfallen, ansonsten würden die Spieler ein risikoloses Spiel vorfinden. Dieses würde den Zulauf zu Anbieter ohne österreichischer Lizenz nur noch fördern. Diese finden sich zahlreich im Netz. Schließlich zeigen die Online Casinos von Casino.org sämtliche Stärken und Schwächen der Betreiber auf und erleichtern so die Auswahl für potenzielle Kunden. Doch diese stehen jetzt vor einem Problem.
Österreich schottet, im Vergleich zu Deutschland, seinen Glücksspielmarkt weiterhin ab. Einziger Inhaber von staatlichen Lizenzen sind die Casinos Austria. Dies gilt für stationäre Casinos ebenso wie für Online-Glücksspiele. Alle anderen Anbieter sind aus der Sicht Österreichs illegal im Land. Damit widersprechen die Behörden der europäischen Dienstleistungsrichtlinie, die Unternehmen freien Wettbewerb in allen Mitgliedsländern ermöglicht.
Eine ähnliche Situation herrscht auch viele Jahre lang in Deutschland vor. Jahrelang tobte zwischen der Bundesrepublik, Anbietern aus dem Ausland und der EU-Kommission ein Streit darüber, ob Online-Casinos ohne deutsche Lizenz im Land legal wären oder nicht. Die Regierung der Europäischen Union greift schließlich immer dann ein, wenn sie ihre rechtlichen Grundlagen in Gefahr sieht. Der jahrelange Streit mündet sogar in einem Sonderweg, den Deutschlands nördlichstes Bundesland einschlug. Ein Regierungswechsel in Schleswig-Holstein führte dazu, dass die Landesregierung eine Liberalisierung beschloss und damit begann, Lizenzen für ausländische Anbieter zu vergeben. Als es kurze Zeit später zu einem erneuten Regierungswechsel kam, waren diese Lizenzen bereits rechtlich bindend vergeben, daher konnten die Betreiber ihre Leistungen in Schleswig-Holstein weiterhin anbieten.
Erst vor einigen Jahren entschlossen sich die deutschen Bundesländer, als Verantwortliche für den Bereich Glücksspiel, den bestehenden Deutschen Glücksspielstaatsvertrag neu aufzusetzen. Dieser trat nach der Einigung mit 1. Juli 2021 offiziell in Kraft und führte zu einer Marktöffnung. Erstmals können deutsche Spieler seither auch auf ausländischen Plattformen im Netz legal spielen.
Die Betreiber können um eine deutsche Lizenz ansuchen und erhalten diese, wenn sie sich den Regeln des Deutschen Glücksspielstaatvertrages unterwerfen. Dieser sieht strenge Bestimmunen zum Spielerschutz und deutliche Einschränkungen hinsichtlich der Höhe der Einzahlungen und der angebotenen Spiele vor. Doch wer gedacht hatte, dass damit alle Probleme der Vergangenheit beendet sind, sieht sich enttäuscht. Denn die Gerichtsentscheide zugunsten der Spieler nehmen auch in Deutschland immer mehr an Fahrt auf.
In der Zwischenzeit wurden von deutschen Landgerichten und Oberlandesgerichten einigen Klagen stattgegeben. Diese schlossen sich jener Rechtsansicht an, die in Österreich vom Höchstgericht formuliert wurde. Ausländische Anbieter waren bis zum Sommer 2021 nicht im Besitz einer deutschen Lizenz und gelten daher auch rückwirkend als illegal, zumindest bis zum Inkrafttreten des neuen Deutschen Glücksspielstaatsvertrages. Die Geschäftsbeziehung ist daher als nichtig zu betrachten; Verluste müssen rückerstattet werden. Dies gilt allerdings nur mit Ausnahme jener Lizenzen, die einst für Schleswig-Holstein vergeben wurden. Die Verluste berechnen sich allerdings aus der Summe der Einzahlungen abzüglich der Auszahlungen, damit werden mögliche Gewinne mit berücksichtigt. Die Rückforderungen verjähren allerdings nach zehn Jahren. Mittlerweile liegen zahlreiche Urteile deutscher Gerichte vor, die zugunsten der Verbraucher entschieden haben.
Doch ob es dabei bleibt, ist weiterhin fraglich. Schließlich hat sich in den österreichischen Fällen gezeigt, dass die Rückzahlungen nicht erfolgen, weil die Betreiber kaum nennenswertes Vermögen im Land haben. In jenen Ländern, in denen sie offiziell lizenziert sind, schützt die jeweilige Regierung ihre Industrie, wenn nötig auch per Gesetz, wie das Beispiel Malta gezeigt hat. Jetzt versucht man in Österreich den Europäischen Gerichtshof dazu zu bringen, dass die Geschäftsführer der betroffenen Online Casinos persönlich haftbar gemacht werden können.
Daneben dreht sich derzeit alles um die Frage, ob die sogenannten Lootboxen in Videospielen ebenfalls als Glücksspiel anzusehen sind und die Spieler ihre Zahlungen zurückfordern können. Nach einer letzten gerichtlichen Entscheidung in zweiter Instanz sehen viele Anbieter bereits das Ende der Lootboxen in Österreich. Länder wie Deutschland und die Niederlande versuchen hier ebenfalls eine Klärung herbeizuführen. Doch dabei gibt es Gerichtsurteile, die sich zumindest teilweise widersprechen. Auch in diesem Schwerpunkt wird es wohl auf eine Entscheidung auf europäischer Ebene hinauslaufen.