Knapp 27.000 Einfamilienhäuser soll es allein in der Baden-Württembergischen Hauptstadt geben, und nicht wenige davon mit Garten. Doch statt Sohn und Tochter zum Rasenmähen und Gießen zu mahnen, packen Eltern inzwischen freiwillig selbst mit an: Gartenarbeit ist für viele keine Arbeit, sondern Vergnügen. Und mit der Anpflanzung der eigenen Obst- und Gemüsesorten kommt auch noch frische Kost auf den Tisch.
Der Trend zum Eigenheim steigt, die Baubranche boomt, Gärtnern ist das neue Hobby der Deutschen und soll sogar das Grillen an Popularität eingeholt haben. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Lassen die einen beim Jäten ihre Gedanken schweifen, beruhigt andere der angenehme Duft von Melisse oder Passionsblume. Wer den Hexenschuss vermeidet, den hält das Schneiden und Wässern von Hecken und Sträuchern körperlich fit – vor allem aber spielen Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung tragende Rollen bei dem, was im Garten angepflanzt wird. Wann aber ist die beste Zeit zur Saat, soll am Ende alles gedeihen und auf dem Teller landen?
Es ist wie bei Modeherstellern oder Opernintendanten: Nur mit dem Blick in die Zukunft, der durchdachten Planung stehen Trend und Aufführung der kommenden Saison. Wer sein eigenes Obst und Gemüse auch irgendwann ernten und genießen möchte, sollte den jeweils passenden Zeitpunkt zum Säen einhalten. Verstehen sollten sich die Beet-Nachbarn bestenfalls auch: Während Kartoffeln Zwiebeln neben sich lieben, entziehen sie Tomaten ihr Wasser. Diese wiederum vertragen sich hervorragend mit Gurke und Paprika …
Mit dem 1. März beginnt der meteorologische Frühling. Während sich die forschesten Blumen-Sprösslinge zaghaft durch den auftauenden Boden schieben, lassen sich gleichzeitig die ersten Samen streuen. Als widerstandsfähig genug für die noch niedrigen Temperaturen erweisen sich unter anderem Radieschen, Blumenkohl und Kohlrabi, Kopf- und Feldsalat, Erbsen, Spinat, Mangold und Rettich. Als Obst lassen sich bereits Brombeersträucher einpflanzen.
Und zwar nicht, indem die Schokohasen eingeschmolzen werden, sondern, weil der April der perfekte Monat zum Anpflanzen von Rotkohl ist – und dieser wiederum optimal zu Braten und Knödel passt. Was sonst noch im April gesetzt werden kann? Brokkoli, Kartoffeln, Knoblauch, Knollensellerie, Rote Bete und überraschenderweise bereits Mai-Rüben.
Was einmal als Aprilwetter galt, hat sich inzwischen auf den Mai verschoben: Alles ist möglich im Wonnemonat. Doch davon unabhängig geht es für Gartenfreunde nun an die Aussaat von Auberginen, Gurken, Kürbis, Melone und Feuerbohnen, als Früchte werden jetzt Himbeeren gezogen.
… fällt ebenso in den Juni wie der kalendarische Sommeranfang. Zeit für Kürbis, Rosenkohl, Grünkohl, Lauch, Radicchio und das trendige Pak Choi Gemüse, auch bekannt als Chinesischer Senfkohl.
Je mehr Sonne, desto reifer die Früchte: Wer in Schonach seinen Garten pflegt, dessen Beete können sich über einen Jahresdurchschnitt von rund 1730 Sonnenstunden freuen. Doch auch sonst kann sich im Schwarzwald niemand über mangelnde Wärme im Juli beklagen. Jetzt gilt es, neue Erdbeeren zu setzen, Paprika und Blattsalate, aber auch schon Herbstrettich und Winterheckenzwiebeln.
Eigentlich ist der August ja als Erntemonat bekannt. Das heißt jedoch nicht, dass dem Boden ausschließlich etwas genommen werden muss: nach der Ernte ist vor der Ernte. Chinakohl, Mangold und Pastinaken, aber auch Kräuter wie Kerbel oder Dill sind an der Reihe.
Bei den Römern war der September noch der siebte Monat, doch inzwischen wurde die Jahresberechnung angepasst. Nur noch der Name „Sieben“ ist geblieben, übersetzt man das Lateinische „septem“ ins Deutsche. In jedem Fall empfiehlt sich im neunten Monat die Aussaat von Blumen- und Weißkohl, Wirsing und Senfpflanzen.
Es wird dunkler, und mit dem Wechsel zur kalten Jahreszeit werden erstmals wieder unsichere Wetterlagen erwartet. Die auch als “Herbstwitterungsumschlag” bekannte Phase eignet sich ideal zum Anpflanzen von Asia-Salaten, Gartenkresse und Zuckererbsen. Wer auch außerhalb Brandenburgs in Stuttgart oder Freiburg einen Birnbaum in seinem Garten besäße, sollte ihn jetzt setzen.
Kerbelrüben, Karotten und Wurzelpetersilie lassen sich trotz erster möglicher Schneeregen und nasskalten Tagen sogar noch im November pflanzen. Im 18. Jahrhundert nahten mit dem Winter auch hungrige Wölfe, inzwischen verlegen Wildtiere ihre Besuche bereits auf Zeiten der ersten Tomatenernten.
Zahlreiche Gemüsesorten haben zwischen Dezember und Februar Saison, angepflanzt wird im Freien in dieser Zeit allerdings nichts. Um seinen Rosen- und Grünkohl muss sich allerdings kein Gärtner sorgen, diese Gemüsesorten trotzen selbst Minustemperaturen. In einem Frühbeet oder auf dem Fensterbrett in der Küche gedeihen zudem Chili, Kohlrabi, Sprossen oder Auberginen, im Gewächshaus Endiviensalat, Saatzwiebeln und Spinat. Denn auch hier blüht nicht das gesamte Jahr hindurch alles.
Nicht wenige passionierte Gärtner fragen sich, ob sich der allgemeingültige Saisonkalender zur Anzucht gewünschter Obst- und Gemüsesorten zeitlich an den individuellen Bedarf anpassen lässt. Doch auch in einer künstlich erwärmten und beleuchteten Atmosphäre lassen sich für ein erfolgreiches Wachstum Jahreszeiten nicht umgehen. Dennoch bietet ein Gewächshaus wärmeliebenden Gemüsesorten oftmals bessere Wachstumsbedingungen, ein Quartier zum Überwintern und hält es dazu von einem möglichen Schädlingsbefall frei.
Wer alles richtig gemacht hat, mag nach der Ernte seiner Obst- und Gemüsesorten über deren Menge überrascht sein. Doch selbst die frischesten Nahrungsmittel müssen nicht sofort verzehrt werden. Wintergemüse hält sich in der Regel wochenlang in Kühlschrank oder dunklem Keller, und für Kirschen, Quitten, Feigen und Co. bieten sich vielfältige Optionen zur Konservierung an.
Eingekocht wird zumeist Obst – und so zu beliebten Brotaufstrichen verarbeitet. Dabei muss es nicht immer die herkömmliche Aprikosenmarmelade sein, es lassen sich auch ungewöhnliche Kreationen mit Zucker auf dem Herd zu einer süßen Masse rühren und in verschließbare Gläser füllen. Wie wäre es mit Chili-Kirschkonfitüre, Erdbeergelee mit Kokos-Curry und Ingwer-Zitronengras oder Stachelbeermaarmelade mit Meerrettich? Apropos Oma: Was heute Tupperware ist, waren früher Weckgläser. In diese wurden damals die fertig gekochten Lebensmittel abgefüllt, weshalb als Synonym für das Einkochen häufig auch der Begriff des „Einweckens“ verwendet wird.
Auch ganz ohne Kochen lässt sich die Haltbarkeit von Gemüse verlängern. Durch das Einlegen in einen Sud aus Essig, Öl oder Alkohol, Salz oder Zucker wird das Wachstum schädlicher Mikroorganismen auf lange Zeit verhindert, allerdings auch der Geschmack von Paprikaschote, Zwiebel und Co. beeinträchtigt.
Dieser Umstand lässt sich jedoch auch für besonders exotische Rezepte nutzen. Gurken-Pickles mit Thymian und Whiskey, Zucchini mit Kurkuma oder ein Ananas-Mango-Rumtopf mit Sternanis sind nur einige Ideen für ungewöhnliche Ergänzungen zum Hauptgericht oder Dessert.
Beim Fermentieren werden Gemüsesorten mit natürlichen Mikroorganismen wie Hefebakterien oder Schimmelpilzen gemischt und für mindestens fünf Tage luftdicht gelagert. Der Genuss von Sauerkraut oder Kimchi stärkt nicht nur die körpereigenen Abwehrkräfte, sondern fördert auch eine gesunde Verdauung. Und auch bei dieser sogenannten milchsauren Vergärung fehlt es nicht an Rezeptvorschlägen für alle, die offen für Neues sind: Von fermentierten Mohrrüben mit orientalischer Ingwernote über südamerikanischen Chili-Weißkohl bis hin zu Kürbis-Tomaten-Currys ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Es müssen nicht immer Salzstangen und Erdnüsse zum Fernsehabend sein. Feigenchips lassen sich ohne großen Aufwand in nur einigen Stunden selbst herstellen, schmecken mindestens ebenso gut und sind auch noch gesund. Obst zu trocknen ist eine weitere Möglichkeit für eine längere Haltbarkeit. Wer es sich einfach machen möchte, dörrt Mango- und Apfelscheiben einfach für vier Stunden im Ofen – bei Bananen allerdings sollte auf die klassische Variante der Lufttrocknung ohne jedes technische Hilfsmittel zurückgegriffen werden: Sie werden unter elektrischer Hitze erst nach gut zwei Tagen kross. Getrocknet werden die Lebensmittel zunächst ohne weitere Gewürze. Doch am Ende können auch hier kulinarische Köstlichkeiten wie selbst gemachte Fruchtriegel oder Low-Carb-Zucchini-Snacks auf dem Speiseplan stehen.
Nicht jedes Hobby schlägt gleich so viele Fliegen mit einer Klappe. Steht bei vielen anderen Freizeitbeschäftigungen in erster Linie der Spaß im Vordergrund, lassen sich mit einem eigenen Saisongarten darüber hinaus nicht nur Geldbeutel und Umwelt schonen. Das vitaminreiche Obst und Gemüse ist auch besonders gesund und führt nicht wenige sogleich zu einem weiteren Hobby: dem Kochen.