Karlsruhe (pm/cmk) Das Coronavirus ist nun auch in allen deutschen Bundesländern angekommen, die Ausbreitung ist währenddessen kaum zu stoppen. Durch verschiedene Verordnungen mussten inzwischen viele Geschäfte schließen. Die Arbeitnehmer bleiben meist verwirrt zurück – viele wissen nicht, wie es weitergeht. Doch was müssen Beschäftigte nun genau wissen? Wir haben mit Andreas Henke von der Gewerkschaft Verdi gesprochen.
„Wir haben auf verdi.de inzwischen FAQ Listen erstellt. Dort probieren wir, alle Fragen zu beantworten. Die werden nicht täglich, sondern stündlich aktualisiert, weil da natürlich viele Fragen dazukommen. Dort kann sich jeder schlau machen. Für unsere Mitglieder gilt natürlich wir sind weiterhin für sie da, wir werden allerdings auch ab heute in den Geschäftsstellen den persönlichen Kontakt aussetzen müssen. Wir bleiben aber telefonisch erreichbar, von 8 bis 18 Uhr und im Internet natürlich rund um die Uhr“, verspricht Andreas Henke von Verdi.
„Grundsätzlich is es nach wie vor s, dass die Leute arbeiten müssen – wenn der Betrieb nicht geschlossen ist oder sie selbst unter Quarantäne sind“, so Andreas Henke. Eine Angst sich anzustecken reiche also nicht aus, um zu Hause zu bleiben. „Die reine Befürchtung gibt einem nicht das Recht, nicht zur Arbeit zu kommen. Das ist ein Grundproblem und insofern sind da jetzt die Arbeitgeber gefordert. Denn sie sind zuständig für den Arbeitsschutz. Sie sind verpflichtet dafür zu sorgen, dass einem bei der Arbeit nichts passiert“, führt Henke aus. Wie Verdi auf der eigenen Homepage ergänzt, dürfe ein Unternehmen den oder die Beschäftigte bei Verweigerung der Arbeit (obwohl kein Verdacht auf eine Infektion besteht) sogar abmahnen und im Wiederholungsfall verhaltensbedingt kündigen.
Laut Verdi liegt die Entscheidung, wie es mit dem Betrieb weitergeht, in den Händen der zuständigen Aufsichtsbehörden. In diesem Fall sind das die Gesundheitsämter der Länder, die über notwendige Schritte entscheiden. „Jeder Corona-Fall wird den Behörden gemeldet und sie leiten die weiteren Untersuchungen und Maßnahmen – auch in den Betrieben der Infizierten – ein. Zunächst sollte mit bestehenden Interessenvertretungen (etwa Betriebsrat oder Personalrat) oder dem Arbeitgeber gesprochen werden. Natürlich kann auch der Arbeitgeber im rechtlich zulässigen Rahmen selbst Maßnahmen ergreifen“, so die Gewerkschaft im Wortlaut.
Der Arbeitgeber hat das Weisungsrecht. Daher darf er seine Arbeitnehmer zum Beispiel dazu verpflichten, einen Mundschutz zu tragen und sich regelmäßig die Hände zu waschen, um eine Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Solche Anweisungen sind in der derzeitigen Ausnahmesituation durch das Direktionsrecht gedeckt.
Der Arbeitgeber muss seine Beschäftigten grundsätzlich beschäftigen.“Solange er*sie arbeitsfähig ist, muss und darf er*sie im Betrieb tätig sein. Der Arbeitgeber darf seine Beschäftigten erst nach Hause schicken, wenn er der Meinung ist, dass sie nicht arbeitsfähig sind“, so Verdi. Auch eine Zwangsbeurlaubung unter Fortzahlung der Vergütung komme grundsätzlich erst einmal nicht in Frage. Urlaub und Überstundenabbau sei nur dann möglich, wenn der Beschäftigte dies beantragt, also nicht gegen dessen Willen. Sofern im Betrieb eine Regelung zum Home-Office besteht, kann der Arbeitgeber im Rahmen der bestehenden Regelungen seine Beschäftigten auch von Zuhause aus arbeiten lassen. Hier seien allerdings die Regelungen des Einzelfalles zu beachten, so heißt es weiter. „Entschließt sich der Arbeitgeber aus freien Stücken, den Betrieb vorübergehend zu schließen, kann er dies natürlich tun. Er muss dann aber das Entgelt weiterzahlen und darf auch nicht auf die Überstundenkonten zurückgreifen“, klärt Verdi auf.
Dazu sagt Verdi: „Wenn die Behörden Kindertagesstätten aufgrund der Virusgefahr schließen, ist dies für arbeitende Eltern natürlich ein Problem, weil ihre Kinder dann unter Umständen unbeaufsichtigt sind. Dies führt jedoch nicht dazu, dass sie ihrerseits der Arbeit fernbleiben können. Grundsätzlich sind Beschäftigte verpflichtet, Anstrengungen zu unternehmen, um das Kind anderweitig betreuen zu lassen. Gerade bei kleinen Kindern ist das aber bekanntlich kein Selbstläufer.“ Es sollte schnellstmöglich ein Gespräch mit dem Arbeitgeber gesucht werden, um gemeinsam eine Lösung wie zum Beispiel Home Office zu finden.
Auch in Deutschland werden ab heute einige Betriebe schließen müssen. Wie ein Sprecher des Bundesarbeitsinisteriums auf Anfrage des Redaktionsnetzwerk Deutschland bestätigte, handelt es sich bei solch einem Fall um ein Betriebsrisiko. Beschäftigte würden auch in diesem Fall ihren Entgeltanspruch behalten, auch wenn sie eben nicht arbeiten dürfen.
Verdi beantwortet: „Nach dem Infektionsschutzgesetz kann die zuständige Behörde ein Beschäftigungsverbot erlassen, wenn bei einem Beschäftigten der Verdacht besteht, dass er eine ansteckende Krankheit hat oder er einen Krankheitserreger in sich trägt. Dieses Beschäftigungsverbot führt dazu, dass Beschäftigte nicht mehr arbeiten dürfen und damit auch ihren Lohnanspruch verlieren. Im Gegenzug sieht das Infektionsschutzgesetz aber eine Entschädigung vor. Diese besteht in Höhe des Verdienstausfalls für die Dauer von sechs Wochen, anschließend in Höhe des Krankengeldes.“
Selbstständige haben ebenfalls ein Recht auf Entschädigungszahlung. Sie beträgt in diesem Fall ann ein Zwölftel des Arbeitseinkommens des letzten Jahres vor der Quarantäne. „Selbständige, die einen Betrieb oder eine Praxis haben, erhalten zudem von der zuständigen Behörde Ausgleich in angemessenem Umfang für die in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben“, so Verdi.