Karlsruhe (pm/lk) – Der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) verzichtet Ende des Jahres auf eine Tariferhöhung im ÖPNV. Zum ersten Mal seit 1995 werden Bus- und Bahntickets zum Fahrplanwechsel im Dezember nicht teurer. Damit gebe man die vom Bund beschlossene Mehrwertsteuersenkung an die Kunden weiter, so die Begründung. Eine kurzfristige Absenkung der Ticketpreise zum 1. Juli sei wegen genehmigungsrechtlicher Fristen und wegen des hohen Aufwands nicht möglich gewesen.
Um Konsum und Wirtschaft in der Corona-Krise wieder anzukurbeln, haben Bundestag und Bundesrat am vergangenen Montag ein milliardenschweres Konjunkturpaket geschnürt, das auch eine Senkung der Mehrwertsteuer bis Jahresende beinhaltet. Der KVV wird diese befristete Steuerersparnis eins zu eins an seine Kunden weitergeben, indem er die Tarifanpassung im Dezember aussetzt. Dies hat der KVV-Aufsichtsrat bei seiner jüngsten Sitzung am Mittwoch beschlossen. Die Mehrwertsteuer wird bundesweit vom 1. Juli bis 31. Dezember abgesenkt. Der reguläre Steuersatz sinkt dabei von 19 Prozent auf 16 Prozent, der ermäßigte Steuersatz – dieser gilt für Fahrkarten im ÖPNV – von 7 Prozent auf 5 Prozent. Unternehmen, Dienstleistern und Einzelhändlern steht es frei, die wegfallende Mehrwertsteuer an ihre Kunden weiterzugeben. Eine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt es nicht.
„Es freut mich, dass wir zusammen eine schnelle, elegante und kundenfreundliche Lösung gefunden haben, die keinen erhöhten und kostenintensiven Verwaltungsaufwand erfordert“, erklärte Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup. „Damit senden wir ein starkes Signal für die Nutzung des klimafreundlichen ÖPNV, der auch während der Corona-Pandemie für die Menschen in der Region ein leistungsstarkes Nahverkehrsangebot aufrechterhalten hat. Gleichzeitig ist es auch ein Dankeschön an die Kunden, die uns während der Corona-Pandemie die Treue gehalten haben“, sagt Mentrup.
Eine kurzfristige Absenkung der Ticketpreise ab dem 1. Juli war für den KVV aufgrund der genehmigungsrechtlichen Vorlauffristen für einen neuen Verbundtarif und des hohen Aufwands nicht möglich gewesen, wie KVV-Geschäftsführer Alexander Pischon an zwei Beispielen deutlich macht: „Die Fahrkartenautomaten an Haltestellen lassen sich nicht so einfach umrüsten. Das würde mehrere Wochen dauern und es würden auch ganz krumme Beträge herauskommen, wenn wir zwei Prozent abziehen. Zudem müsste die zuständige Genehmigungsbehörde den neuen Tarif zuerst zulassen. Auch dieser komplexe Prozess hätte längere Zeit in Anspruch genommen. Der neue Tarif hätte für die befristete Mehrwertsteuersenkung bis Jahresende dann kaum noch eine Relevanz gehabt“, so Pischon.
Nun profitieren alle Fahrgäste ab dem großen Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2020 von den unveränderten Ticketpreisen – und das in einer Zeit, in der die Verkehrsunternehmen im KVV dramatische Mindereinnahmen im Zuge der Corona-Krise zu bilanzieren haben. Es ist die erste „Nullrunde“ im KVV seit dem Jahr 1995. Im vergangenen Jahr wurden die Preise mit durchschnittlich 1,8 Prozent nur sehr moderat und weit unter dem Bundesdurchschnitt angepasst.
Die Tarifanpassungen waren notwendig, um den durch Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst gestiegenen Personalkosten oder Investitionen in eine leistungsstarke Bahn-Infrastruktur, etwa dem barrierefreien Ausbau von Haltestellen oder der Modernisierung der Fahrzeugflotte, Rechnung zu tragen.