Stuttgart (dpa/lk/bo) – Es wirkt wie eine Notbremse und es soll auch eine sein: Bund und Länder haben sich auf schärfere Corona-Regeln geeinigt, Baden-Württemberg sind die Einschränkungen aber nicht streng genug. Seit dem Wochenende gilt in Baden-Württemberg eine verschärfte Corona-Verordnung. In vielen Bereichen des öffentlichen Lebens brauchen auch Geimpfte und Genesene einen negativen Corona-Test (sogenannte 2G-Plus-Regel). Doch einige Ausnahmen gibt es.
Vor allem in den Intensivstationen sind die Zustände kaum noch tragbar. Die Zahl der Patienten steigt, die der freien Betten nimmt ab. Täglich sterben dutzende Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus, Tausende weitere stecken sich neu an. Mit den Maßnahmen will die Landesregierung das Gesundheitssystem entlasten. „Die erste Grundregel lautet für die nächsten Wochen: Kontakte sollen wieder radikal reduziert werden, um die Welle vor Weihnachten abzuflachen“, fordert Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Die Politik dürfte auch darauf hoffen, dass ungeimpfte Menschen durch den zusätzlichen Druck zur Impfung motiviert werden. Denn nur etwa zwei von drei Baden-Württembergern sind vollständig geimpft – die niedrigste Quote in den westdeutschen Bundesländern.
Unter anderem wurden Weihnachtsmärkte geschlossen. Außerdem müssen Sport-, Kultur- und Freizeitveranstaltungen in der derzeit geltenden sogenannten Alarmstufe II deutlich stärker eingeschränkt werden. In der Gastronomie, beim Skisport und auch in Fitnessclubs gibt es eine Testpflicht selbst für Geimpfte und Genesene, das gilt auch für die Besuche in Zoos und Thermen. Die schon gültigen Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte – ein Haushalt plus eine weitere Person – bleiben bestehen. Verschärfungen, die von Bund und Ländern jüngst vereinbart wurden, werden zudem in Baden-Württemberg umgesetzt. Dazu gehören unter anderem eine Ausweitung von 2G – geimpft und genesen – im Einzelhandel auf das ganze Land und die Schließung von Clubs und Diskotheken. Apotheken und Pflegefachkräfte sollen gegen Corona impfen können und der Verkauf von Böllern und Feuerwerk zu Silvester wird verboten.
Nur mit viel Glück. Nach den neuen Planungen der Landesregierung wird für sämtliche Veranstaltungen wie Fußballspiele oder Kultur- und Freizeitveranstaltungen künftig eine „harte Obergrenze“ von 750 Personen gelten. Außerdem sollen Veranstaltungen jeglicher Art künftig nur noch maximal 50 Prozent der möglichen Besucher zulassen dürfen. „Damit finden im Fußball faktisch Geisterspiele statt“, betont das Staatsministerium. Fußballvereine mit großen Stadien wie der SC Freiburg, die TSG 1899 Hoffenheim, der VfB Stuttgart und der Karlsruher SC müssen nun bei Heimspielen ohne Unterstützung ihrer Fans auskommen.
Ja, der Lebensmittelhandel zählt zur sogenannten Grundversorgung. Und die ist von den neuen Einschränkungen ausgenommen. Ebenso möglich ist der ungehinderte Einkauf zum Beispiel in Apotheken, Bäckereien und Baumärkten, Gartenmärkten, Poststellen und Reformhäuser, Reinigungen, Tankstellen und auf den Wochenmärkten.
An den Stationen für die Schnelltests waren die Schlangen bereits lang, bevor die Verschärfungen bekannt wurden. Nun dürften Anbieter regelrecht überrannt werden. „Wir hatten mächtig zu tun. Jetzt wird es noch mehr, weil die Leute einen Tests fürs Restaurant brauchen“, sagte die Mitarbeiterin einer Teststation in Karlsruhe am Freitag. Für das Wochenende seien bereits alle Termine vergeben. Andererseits ist auch wahrscheinlich, dass wieder neue Teststationen öffnen. Genaue Angaben zur landesweiten Zahl der Schnelltest-Stationen gibt es nicht.
Auch die Labore funken SOS: „Die Labore sind von ihrer SARS-CoV-2-PCR-Auslastung her in manchen Regionen schlichtweg an den Grenzen des Leistbaren“, heißt es beim Verband Akkreditierter Labore in der Medizin. „In Ländern wie Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg oder Thüringen steht die Ampel nun schon seit längerer Zeit wieder auf Rot.“
Nein, mit der neuen Corona-Verordnung, die am Samstag (4. Dezember) in Kraft getreten ist, entfällt in Baden-Württemberg bei der 2G-plus-Regelung die Testpflicht für Geboosterte – also für alle Menschen, die bereits eine Auffrischungsimpfung gegen Corona erhalten haben.
Ja, Geimpfte mit abgeschlossener Grundimmunisierung sind von der Testpflicht ausgenommen, wenn seit der letzten erforderlichen Einzelimpfung nicht mehr als 6 Monate vergangen sind. Ihr Immunzustand wird dann, laut Sozialministerium, mit einer Boosterimpfung gleichgestellt.
Von der Testpflicht ausgenommen sind Genesene, deren Infektion nachweislich maximal 6 Monate zurückliegt. Der Nachweis der Infektion muss dabei durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis / PCR-Test erfolgen.
Noch bis zum 31. Januar 2022 haben alle noch nicht vollständig immunisierten Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren die Möglichkeit, über tagesaktuelle Antigen-Schnelltests Zutritt zu allen 2G-Einrichtungen zu erhalten. Die Landesregierung geht davon aus, dass auch alle Jugendlichen ab 12 Jahren bis zum Ablauf dieser nun nochmals verlängerten Frist die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen.
Nach der Corona-Verordnung gilt ein vierstufiges Warnsystem, mit der sogenannten Alarmstufe II als höchstem Level. Sie gilt, wenn auf den Intensivstationen an zwei Tagen hintereinander mehr als 450 Covid-19-Patienten liegen. Derzeit sind es 636 Menschen. Wird die Alarmstufe I erreicht, treten Erleichterungen nicht nur für Volks- und Stadtfeste und für öffentliche Veranstaltungen in Kraft. Die Tests in der Gastronomie und in den Fitnessclubs, Zoos und an den Skiliften entfallen zum Beispiel. Ungeimpfte können dann wieder im Einzelhandel einkaufen, sofern sie getestet sind.