Karlsruhe/Stuttgart/Heilbronn (dpa/lk) – Angesichts der weiter steigenden Infektionszahlen wächst in Baden-Württemberg der Druck auf die Politik, strenger gegen Reiserückkehrer vorzugehen und Lockerungen zurückzunehmen. Gemeinsam mit den Ressortkollegen von Bund und Ländern berät Gesundheitsminister Manne Lucha an diesem Montag in einer Telefonkonferenz über mögliche Reaktionen auf die Zunahme registrierter Corona-Fälle.
Mit Entscheidungen wird zwar nicht gerechnet. Es gilt aber als möglich, dass die Gesundheitsminister Empfehlungen aussprechen für eine Runde der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an diesem Donnerstag. Eine mögliche Neujustierung der Infektionsschutzregeln soll erst in diesem Kreis vorgenommen werden. Die Stadt Rosenheim in Bayern hatte bereits am Wochenende den 7-Tage-Grenzwert bei den Corona-Infektionen überschritten und mit Beschränkungen des öffentlichen Lebens reagiert. Der Wert habe am Wochenende bei 53,7 Neuinfektionen binnen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner gelegen, teilte die Stadt am Montag mit. Damit ist nicht nur der Frühwarnwert für Bayern von 35 Neuinfektionen überschritten, sondern auch die von Bund und Ländern vereinbarte Schwelle für verschärfte Beschränkungen des öffentlichen Lebens.
In Heilbronn werden nach dem Erreichen einer kritischen Marke bei den Corona-Neuinfektionen erste Konsequenzen beraten. Unter anderem sollen Reiserückkehrer als Risikogruppe stärker in den Blick genommen werden. Die Stadt hatte als erste baden-württembergische Kommune seit Monaten die Vorwarnstufe erreicht. Die sogenannte 7-Tage-Inzidenz lag zuletzt laut Landesgesundheitsministerium bei knapp 39 Fällen auf 100.000 Einwohner. Drastischere Schritte, die bis hin zur weiten Einschränkung des öffentlichen Lebens reichen können, werden aber erst ab einer 7-Tage-Inzidenz von 50 ergriffen. „Diese Entwicklung ist kein Grund zur Panik, aber zur Sorge und erfordert von uns allen besondere Vorsicht“, sagte Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel.
Rund 80 Prozent der Infizierten seien Reiserückkehrer. „Wir werden uns deshalb auch ganz besonders auf diese Gruppe konzentrieren“, sagte Mergel weiter. Nach Angaben der Stadt leben in Heilbronn sehr viele Menschen mit Wurzeln im Kosovo und auch in Kroatien. „Dort ist die Zahl der Corona-Fälle überdurchschnittlich hoch“, sagte eine Sprecherin. Um die Infektionsketten besser nachvollziehen zu können, helfe das Land dem Gesundheitsamt mit zusätzlichem Personal aus.
Neben Heilbronn nähern sich auch andere Städte und Landkreise im Südwesten der kritischen Marke von 35 Infektionen auf 100.000 Einwohner, ab der eine Vorwarnstufe gilt. In Ulm liegt die 7-Tage-Inzidenz laut Landesgesundheitsamt bei knapp 29, im Kreis Biberach bei gut 20 Infektionen auf 100.000 Einwohner und in Stuttgart bei 20. Die Inzidenz zeigt die Zahl der Neuinfektionen innerhalb der vergangenen sieben Tage an und wurde von Bund und Ländern mit Blick auf Kreise und kreisfreie Städte als maßgeblich für neue Einschränkungen in der Corona-Pandemie festgelegt. Bei 50 Fällen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner sollen sofort wieder Beschränkungskonzepte umgesetzt werden.