Karlsruhe (dpa/pm/svs) – Der Krankenstand hat im Südwesten nach Daten der Krankenkassen ein Rekordniveau erreicht. Noch nie, in den letzten zwanzig Jahren, hatten so viele Menschen einen Krankenschein, wie im Jahr 2022. Eine der Ursachen für die Rekordzahl an Krankschreibungen sind die stark ausgeprägten Erkältungs- und Grippewellen im vergangenen Jahr: Aufgrund von Atemwegserkrankungen haben sich die bundesweiten Fehlzeiten 2022 im Vergleich zu 2021 nahezu verdreifacht. Auch Corona spielt hierbei eine Rolle: Die größtenteils aufgehobene Maskenpflicht, wieder mehr Begegnungen auf engerem Raum bei der Arbeit und bei Veranstaltungen haben das Infektionsgeschehen forciert.
In Baden-Württemberg waren nach Daten der Techniker Krankenkasse im Jahr 2022 so viele Menschen krank wie noch nie seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2000. Der Krankenstand unter den rund 600 000 erwerbstätigen TK-Versicherten im Südwesten liege inzwischen bei 4,37 Prozent. Das entspricht einer Steigerung um 36 Prozent im Vergleich zum Jahr davor und liege auch weit über dem bisherigen Rekord aus dem Jahr 2015, berichtete die Krankenkasse am Dienstag.
Deutschlandweit betrachtet stehe Baden-Württemberg aber immer noch gut da: Im Südwesten fehlten Erwerbstätige an knapp 16 Tagen im Jahr. Bundesweit – in Deutschland sind rund 5,5 Millionen Erwerbstätige bei der TK versichert – fehlten sie an fast 19 Tagen. Das entspricht einem noch nie erreichten Krankenstand von 5,2 Prozent.
Für den massiven Anstieg im Land seien fast ausschließlich Krankschreibungen mit der Diagnose Atemwegserkrankung verantwortlich, erläuterte die Leiterin der TK-Landesvertretung, Nadia Mussa. Wegen dieser Diagnosen hätten sich die Menschen vor allem im März, Juli und Oktober krankgemeldet. Auch die Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankungen stiegen den Angaben zufolge leicht an.
Die Krankschreibungen im Südwesten haben im vergangenen Jahr auch nach einer Auswertung der DAK-Gesundheit einen Rekordwert erreicht. Wie die Krankenkasse berichtet, waren an jedem Tag des Jahres 47 von 1000 Beschäftigten krankgeschrieben. Das habe die Auswertung der Daten von rund 275 000 erwerbstätigen DAK-Mitgliedern in Baden-Württemberg ergeben. Der Krankenstand von 4,7 Prozent war demnach der höchste, den die Krankenkasse seit Beginn der Analysen im Jahr 1997 gemessen hat. 2021 hatte er bei 3,3 Prozent gelegen.
«Dieser Allzeit-Rekord bei den Fehlzeiten der Beschäftigten ist alarmierend und sollte ein Weckruf für die Wirtschaft im Südwesten sein», sagte Siegfried Euerle, Landeschef der DAK-Gesundheit in Baden-Württemberg laut Pressemitteilung. Der hohe Krankenstand zeige die massiven Auswirkungen auf die Arbeitswelt und verschärfe den zunehmenden Personal- und Fachkräftemangel weiter. Es sei wichtig, dass sich die Mitarbeitenden schützen und am Arbeitsplatz geschützt werden.
Trotz des Allzeit-Rekords beim Krankenstand fallen die Baden-Württemberger laut der Auswertung deutschlandweit am seltensten krankheitsbedingt bei der Arbeit aus. Der Krankenstand der erwerbstätigen DAK-Mitglieder liegt demnach mit 4,7 Prozent um 0,8 Prozentpunkte unter dem Bundesniveau von 5,5 Prozent.