Region (dpa/lk) – Kochen zu Hause, Essen zum Mitnehmen und viele Pakete – manche Folgen der Corona-Pandemie lassen sich am Müllaufkommen ablesen. Klar ist: Die Menge an Hausmüll in Baden-Württemberg ist gestiegen. Und selbst der Trend zum Online-Handel lässt sich aus der Abfallbilanz herauslesen.
Homeoffice, Kurzarbeit, Fernunterricht und verpacktes Essen aus dem Restaurant – im ersten Corona-Jahr 2020 haben Haushalte in Baden-Württemberg deutlich mehr Müll produziert als in den Jahren zuvor. Die heute vorgestellte Abfallbilanz schaut auf den Müll der privaten Haushalte, der Bauwirtschaft und die haushaltsähnlichen Abfälle der Industrie. Davon wurden im vergangenen Jahr rund 12,74 Millionen Tonnen von den Kommunen entsorgt. Das ist ein Plus von 500.000 Tonnen im Vergleich zum Jahr 2019. Hinzu kommen noch die wesentlich größeren Müllmassen aus Industrie und Gewerbe, die direkt an private Entsorger abgegeben werden.
Nach Angaben des Grünen Umweltstaatssekretärs Andre Baumann ist das durchschnittliche Aufkommen an Haus- und Sperrmüll im Vergleich zum Vorjahr um 13,5 Kilogramm pro Person auf rund 368 Kilo gestiegen. Grund war auch die Corona-Pandemie, denn durch Homeoffice, Kurzarbeit und Fernunterricht seien die Menschen im ersten Corona-Jahr 2020 deutlich mehr zuhause gewesen. Anteilig nahm der Biomüll stärker zu als der Hausmüll. Laut Bilanz hat sich das Pro-Kopf-Aufkommen an Kartoffelschalen oder verwelkten Schnittblumen um 4 auf 55 Kilo erhöht. Das Ziel des Abfallwirtschaftsplans von 60 Kilogramm habe man aber damit leider noch nicht erfüllen können, bedauerte Baumann. Ein Problem: Es landet immer noch zu viel Plastik in der einen und Bio in der anderen falschen Tonne.
Wegen der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie haben viele Menschen auch die Zeit zu Hause genutzt, um sich zum Beispiel von Dingen zu trennen. Landesweit wurde häufiger vom Keller bis zum Dachboden ausgemistet, es wurde repariert oder gewerkelt – und das spiegelt sich ebenfalls in der Statistik wieder. Der Sperrmüll nahm leicht um 2 Kilo pro Person zu, auch der Berg weggeworfener Elektrogeräte und die Menge der alten Kleingeräte wuchsen.
Immer mehr Menschen informieren sich online – und bestellen ihre Sachen auch genau dort. Das Pro-Kopf-Aufkommen bei Papier, Pappe und Kartonage sank zwar um mehr als zwei Kilo pro Kopf, weil weniger Papier wie zum Beispiel Zeitungen genutzt wird. Verpackungen aus dem Versandhandel und Außer-Haus-Verkauf legten dagegen zu. Das schlage sich aber beim Gewicht weniger nieder, weil ein großer Teil der Verpackung eben auch Luft sei, wie Baumann sagt.
Mehr Müll, mehr Gehalt, mehr Gebühren. Nach dem Anstieg der Abfallgebühren in den vergangenen Jahren haben zahlreiche Kommunen erneut aufgeschlagen. Die Gebühren, die ein Vier-Personen-Haushalt aktuell für die Abfallentsorgung zahlen muss, liegen im Landesdurschnitt bei 171,64 Euro. Das sind fast sechs Euro mehr als im vergangenen Jahr. „Im Vergleich zur allgemeinen Preisentwicklung liegen die Abfallgebühren im Land unter dem Niveau der Inflation“, verteidigte Baumann die Preisspirale. Wären die Preise entsprechend der Teuerungsrate seit 2002 gestiegen, müssten im Schnitt fast 231 Euro für die Abfallentsorgung gezahlt werden.
Verblüffend groß ist die Spanne zwischen den Kommunen mit dem meisten Müll und mit dem wenigsten: Unter den Großstädten produziert Freiburg 113 Kilogramm Haus- und Sperrmüll je Einwohner, Mannheim trägt hier mit weitem Abstand die rote Laterne (244 Kilogramm). In der Kategorie „städtische Kreise“ reicht die Spanne von 69 Kilogramm im Kreis Calw bis 218 Kilogramm im Ortenaukreis. Und auf dem Land führte der Landkreis Freudenstadt mit 81 Kilogramm, im Kreis Biberach waren es 158 Kilogramm.