Stuttgart (dpa/lk) – Baden-Württemberg will die Corona-Notbremse des Bundes komplett in Landesrecht umsetzen und auch die Ausgangsbeschränkungen erst um 22.00 Uhr beginnen lassen. Bei der Ausgangssperre ist Winfried Kretschmann zwar ein Hardliner. Der grüne Regierungschef hält sie für sehr effektiv und hätte sie gern schon ab 21.00 Uhr gehabt. Doch die Gerichte haben die strengen Ausgangsbeschränkungen schon einmal kassiert.
„Das Gesetz wird eins zu eins umgesetzt“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Koalitionsverhandlungen mit der CDU in Stuttgart. „Jetzt da immer rumzumachen, das hat keinen Sinn.“ Zunächst hatte das Land erwogen, die Ausgangsbeschränkungen in Kreisen mit einer 7-Tage-Inzidenz von über 100 weiter von 21.00 Uhr abends bis 5.00 Uhr morgens gelten zu lassen. Kretschmann appellierte an die Menschen sich an die Regeln zu halten, um die dritte Corona-Welle abflachen zu können. „Der Bundesgesetzgeber hat das jetzt so entschieden. Die deutsche Bevölkerung sehnt sich immer nach Einheitlichkeit, die hat sie jetzt“, sagte der Grünen-Politiker. „Was immer man von dem Gesetz halten mag, man muss ihm gehorchen. Das ist in der Demokratie wichtig, das man den Gesetzen folgt.“
Die Notbremse soll bundesweit verbindliche Regeln für schärfere Corona-Gegenmaßnahmen festlegen. Bei hohen Infektionszahlen sollen weitgehende Ausgangsbeschränkungen von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr greifen. Erlaubt bleibt das Joggen und Spazieren bis Mitternacht, sofern man alleine ist. Allerdings ist in der Sperrzeit der Besuch von Ehegatten, Lebenspartnern sowie Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in deren Wohnung oder sonstigen Unterkunft nicht mehr möglich. Auch ein Stopp von Präsenzunterricht ab einer Inzidenz von 165 und strengere Bestimmungen für Geschäfte sollen dem Eindämmen der Neuinfektionen dienen.
Kretschmann hält die Ausgangsbeschränkungen eigentlich für zu lasch und hätte sie gern verschärft. Doch die Überprüfung habe ergeben, dass die Gefahr hoch sei, dass eine eigene Landesregelung von Gerichten kassiert würde, hieß es Regierungskreisen. Der Verwaltungsgerichtshof hatte die landesweite Ausgangssperre schon im Februar gekippt.
Der Regierungschef kündigte zudem an, in der Landesverordnung bei den Hochschulen nachsteuern zu wollen. Die Regelung in der Notbremse des Bundes sei so unklar, das müsse man im Land präzisieren. Der Bund wolle die Hochschulen mit den Schulen gleichsetzen. „Das ist einfach nicht umsetzbar.“ Überschreitet die Sieben-Tage-Inzidenz in den Kreisen an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 165, ist laut Notbremse Präsenzunterricht auch in Hochschulen verboten. Zuvor hatten die Universitäten vor schweren Konsequenzen dieser Regelung für die Studierenden im Land gewarnt. „Das Notbremsengesetz bedeutet ein „Nichtsemester“ für viele Studierende in den naturwissenschaftlichen und technischen Studiengängen sowie der Medizin, und wird zu verzögerten Studienabschlüssen führen“, hatte Stephan Dabbert, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz der Südwest-Unis, erklärt.