Aus für Weihnachtsmärkte, Diskotheken und Fußballstadien

30. November 2021 , 18:18 Uhr

Stuttgart (dpa/lk) – Es soll ein stiller Advent werden im Südwesten. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann schiebt öffentlichen Menschenansammlungen einen Riegel vor. Viel ist noch offen. Aber klar ist bereits: Glühweintrinker, Nachtschwärmer und Fußballfans haben das Nachsehen. Außerdem planen Bund und Länder härtere Maßnahmen, wie zusätzliche Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte, die Ausweitung der 2G-Regel auf den Einzelhandel und Einschränkungen bei Großveranstaltungen sowie eine allgemeine Impfpflicht.

Stille Adventszeit im Südwesten

Weihnachtsmärkte, Clubpartys und Stadionbesuche werden in der Adventszeit aller Voraussicht nach nicht möglich sein. Angesichts der immer dramatischeren Corona-Lage kündigte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag ein landesweites Verbot großer öffentlicher Veranstaltungen an. Man werde „ziemlich sicher“ regeln, dass Fußballspiele und Sportgroßveranstaltungen nur noch ohne Publikum stattfinden können, sagte der Grünen-Politiker in Stuttgart. Freizeitbetriebe wie Clubs und Diskotheken werde man schließen. Auch Weihnachtsmärkte – die, die noch geöffnet haben – sollen verboten werden.

Weihnachtsmärkte und Clubs geschlossen

Die Abgabe von Alkohol im öffentlichen Raum und dessen Konsum sollen zudem untersagt werden, sofern sich die Lage auf den Intensivstationen nicht bessert, sagte Kretschmann. Über die Beschränkung von Kulturveranstaltungen müsse man noch beraten. Die neue Corona-Verordnung solle am Samstag in Kraft treten. Die Lage sei dramatisch, begründete der Regierungschef die geplanten Schritte. Kontakte müssten nun radikal reduziert werden, um die Corona-Welle vor Weihnachten abzuflachen. Trotz der bereits sehr weitreichenden Maßnahmen in Baden-Württemberg müsse man noch einen Schritt weitergehen. Die neue Corona-Variante Omikron bereite Sorgen, das Wachstum der Infektionszahlen sei weiter exponentiell.

Gegenwind aus der Opposition

Die FDP im Landtag hat kein Verständnis für das Verbot von Weihnachtsmärkten. „Ich wüsste nicht, was gegen eine Veranstaltung „2G plus“ unter freiem Himmel spricht“, sagte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke mit Blick auf die derzeitige Regel, wonach die Besucher der Weihnachtsmärkte geimpft oder genesen sein und zudem einen negativen Test vorweisen müssen. Rülke kritisierte auch, dass Grün-Schwarz bereits erneut neue Regeln beschließen wolle. Es ließen sich mehr Leute impfen als „Lucha und Kretschmann impfen könnten“, zudem flache sich der Anstieg der Inzidenzen seit mehreren Tagen ab. AfD-Fraktionschef Bernd Gögel sprach sogar von der Vorstufe zur Unfreiheit: „Statt Adventsstimmung stimmt uns der Ministerpräsident auf ein Freiluftgefängnis ein.“

Dramatische Situation bei den Schaustellern

Die baden-württembergischen Schausteller fordern finanzielle Hilfen, um durch den Winter zu kommen. „Die Vorlaufkosten müssen wir wieder reinholen, außerdem geht es um entgangene Erträge“, sagte der Chef des Schaustellerverbands im Südwesten, Mark Roschmann. „Zum Teil waren die Fritteusen schon gefüllt und der Glühwein stand bereit. Da sind tonnenweise Lebensmittel und Material im Müll gelandet.“ Roschmann forderte „entweder einen 100-prozentigen Ausgleich in Höhe des Umsatzes aus der Vergleichszeit 2019 oder finanzielle Hilfen analog zu den November- und Dezember-Hilfen des vergangenen Jahres“.

Clubs wollen nicht als Pandemie-Treiber gelten

Die baden-württembergische Clubszene fürchtet angesichts der angekündigten erneuten Zwangspause als Treiber der Pandemie gebrandmarkt zu werden. „Wir sind bereit, die gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Aber wir wollen das nicht alleine tragen“, sagte der Sprecher der Interessengemeinschaft Clubkultur Baden-Württemberg, Simon Waldenspuhl. Es gebe keine wissenschaftliche Grundlage, die belege, „dass es bei uns riskanter ist als in Stadien oder Theatern“, sagte Waldenspuhl der dpa. Für die Clubs sei die erneute Schließung ein „Desaster“. Auch er forderte Hilfsprogramme.

Allgemeine Impfpflicht soll kommen

Bund und Länder planen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie nach Informationen der dpa härtere Maßnahmen wie zusätzliche Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte. Details sollen bis Donnerstag ausgearbeitet werden, um dann zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen, wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte. Unter anderem wollen Bund und Länder auch über eine Ausweitung der 2G-Regel auf den Einzelhandel und Einschränkungen bei Großveranstaltungen entscheiden. Zusätzlich zu einer Impfpflicht für bestimmte Einrichtungen rückt auch eine allgemeine Impfpflicht näher. Es solle „eine zeitnahe Entscheidung“ darüber vorbereitet werden, hieß es nach einer Bund-Länder-Schaltkonferenz. Die Impfpflicht könnte ab Anfang Februar greifen, wie aus von der SPD-Seite vorgelegten Vorschlägen hervorgeht, die der dpa vorliegen.

Impfangebote sollen ausgeweitet werden

In der Videokonferenz berieten die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit Scholz und der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel über die aktuelle Corona-Lage. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht zentrale Entscheidungen zu Lockdown-Maßnahmen vom Frühjahr bekannt gegeben. Demnach sind die Maßnahmen der sogenannten Corona-Notbremse des Bundes aus der dritten Pandemie-Welle verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bund und Länder nehmen sich nun zudem vor, bis Weihnachten bis zu 30 Millionen Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen möglich zu machen. Dafür soll der Kreis derjenigen deutlich ausgeweitet werden, die impfen dürfen, etwa auf Apotheker.

https://www.die-neue-welle.de/corona/kretschmann-kuendigt-schliessung-von-weihnachtsmaerkten-und-clubs-an

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