Region (lea) – Die Tage grau und kalt, von Sonne ist oft keine Spur mehr zu sehen. Bei vielen hat der Winterblues schon jetzt zugeschlagen. Die Folge: Antriebslosigkeit, Melancholie und fehlende Energie. Oft fällt es schwer, sich aus solchen Motivationslöchern wieder heraus zu kämpfen und produktiv zu bleiben. Dieses Gefühl macht selbst vor Motivationstrainern keinen Halt, sagt Norman Bücher aus Waldbronn. Der Ultramarathonläufer und Autor hat uns im Interview einige seiner Geheimtipps verraten, mit denen man – bei Bedarf – selbst einen Tausendkilometerlauf meistert.
Anfang zwanzig begann er mit dem Laufsport, heute kann er von Läufen im Himalaya und in der Atacama-Wüste berichten: Norman Bücher lebt für den Marathon. Je extremer, desto besser. In seinen teilweise mehrere hundert Kilometer langen Abenteuern fehlt aber auch ihm manchmal der Antrieb. Von Motivationstiefs kann er ausgiebig berichten.
Und genau das macht er auch – unter anderem in seinen Büchern und bei Vorträgen. „Als Extremsportler hat man auch mal mentale Tiefs, in denen du dich nach sechs- oder siebenhundert Kilometern fragst ‚Wie ziehe ich mich jetzt aus diesem Loch raus?‘“, erklärt Bücher.
Motivation beginnt am Morgen. „Die erste Stunde ist ganz entscheidend, wie der Tag wird“, betont der Experte. Jeder benötige ein oder zwei Dinge, auf die er sich am Morgen freuen könne. Die ersten Gedanken und Handlungen setzen die Basis für einen gelungenen, zufriedenen Tag. „Für den einen ist es der Kaffee am Morgen, für die andere ein Tee oder Radiohören. Vor allem jetzt, wenn es so lange dunkel ist, ist das sehr hilfreich.“
„Jeder hat Ziele im Leben, einen Beruf oder andere Bereiche, die einen antreiben“, erklärt der Marathonläufer. Die große Kunst – der Schlüssel der Motivation – bestehe darin, sich die die inneren Motive erst einmal bewusst zu machen. „Es geht um die Frage: Warum starte ich in den Tag?“, sagt Bücher. Für manche sei es Anerkennung, für andere Familie, das Eigenheim oder Freiheit.
„Mittlerweile gibt es dafür sogar wissenschaftlich fundierte Verfahren, mit denen man herausfinden kann, was die eigenen ‚Motivationsknöpfe‘ sind“, führt er weiter aus. Diese Tests empfehle er vor allem jungen Menschen und Entscheidungsträgern in Firmen. „Man muss sich das vorstellen wie einen Eisberg: Was ist unter der Wasseroberfläche? Genau das, den Antrieb, bringen diese Tests dann zum Vorschein.“ Einziger Nachteil: Zuverlässige und aussagekräftige Tests finde man nicht im Internet. „Dafür muss man schon wirklich zu einem Experten direkt gehen.“
„Manche Motivationsredner suggerieren gerade zu dieses ‚Du musst groß denken‘“, kritisiert Bücher. Davon hält er nichts. „Viel wichtiger ist es, sich realistische Ziele zu setzen. Ziele, die zu einem als Persönlichkeit auch passen.“ Oft sei man erschlagen von einer großen Vision. Dadurch sei man gelähmt, man könne nicht ins Handeln kommen. Der Marathonläufer rät: „Man braucht kleine, abgeleitete Schritte. Wichtig ist die Frage nach meinem nächsten Schritt, nach der nächsten konkreten Handlung.“ Und sei es auch nur das Abschicken einer Mail.
„Als Sportler hatte ich das auch schon. Ein Ziel wie ein hundert Kilometer Lauf kann einen manchmal echt umhauen. Aber wenn ich mir sage, ich denke jetzt gar nicht an die ganze Strecke, sondern nur an den nächsten Schritt und dann an den nächsten Kilometer, dann kann ich wieder handeln und habe wieder Energie, die nächste Aufgabe zu meistern.“
„Das mit dem Ziele Setzen, das ist relativ leicht“, lacht Bücher. Viel schwerer sei es, die im Kopf konstruierten Pläne auch in die Tat umzusetzen. „Am einfachsten geht es, wenn man sich fragt, wie man sich fühlen möchte. Erst mal auf dieses Gefühl in der Bauchgegend zu hören und dem dann auch zu folgen“, rät er. Das helfe bei der Realisierung.
„Die Momente kommen ganz oft“, sagt der Extremsportler. „Bei mir gerade bei langen Läufen, aber ich habe ein Hilfsmittel. In meinem Laufrucksack ist ein Bild von meiner Tochter. Wenn ich Schmerzen oder ein mentales Loch habe während einem Lauf, dann bleibe ich stehen, nehme das Bild von meiner Tochter in die Hand und merke auf einmal, warum ich das mache.“ Die Visualisierung helfe ihm, wieder in einen „ganz anderen energetischen Zustand“ zu gelangen.
„Viele denken immer, Extremsportler sind nur am Laufen“, schmunzelt Bücher. Vor allem im Winter gibt ihm aber etwas ganz anderes Antrieb: „Ich freue mich aufs Auf-der-Couch-Liegen, mit einem schönen Tee und ein paar Plätzchen.“ Denn, betont er, „einfach mal nichts tun, Pause machen und entspannen“ wirkt auch motivierend.
In Deutschland geben rund 59 Prozent der Befragten an, dass sie zumindest manchmal den sogenannten Winterblues haben. Laut einer Statistik von 2020 drückt sich dieser dabei vor allem in Antriebs- und Energielosigkeit aus. Aber auch ein erhöhtes Schlafbedürfnis und mangelnde Motivation, etwas zu unternehmen, werden genannt. Die beliebtesten Lösungen unter den Befragten: „Ich mache es mir zu Hause gemütlich“ und „Serien/Filme schauen“.